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Ruf Der Tiefe

Ruf Der Tiefe

Titel: Ruf Der Tiefe
Autoren: Katja Brandis , Hans-Peter Ziemek
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können.«
    Angespannt starrte Leon nach draußen. »Hoffentlich verwickelt sie sich nicht selbst in diese Stahlseile!«
    »Kannst du ihr sagen, dass sie vorsichtig sein soll?«
    »Ja. Wenn sie gerade hinschaut.« Leon klopfte gegen die Scheibe, um Sholas Aufmerksamkeit zu erregen, und ließ seine Hände sprechen, während Tim die Taschenlampe auf sie gerichtet hielt; die Dolslan-Zeichen, die Billie benutzte, waren die gleichen, mit denen Leon und Lucy sich offiziell verständigten.
    Shola entfernte sich ein Stück, als habe die Botschaft sie verunsichert; dann wurde das Knacken lauter und folgte schneller aufeinander – sie kehrte zurück, um es noch einmal zu versuchen.
    Doch auch diesmal hatte Shola keinen Erfolg und schließlich verschwand das junge Pottwalweibchen, kehrte wohl zur Oberfläche zurück.
    »Vielleicht sollten wir …«, begann Leon – und verstummte. Er hatte etwas gespürt. Etwas, das so wunderbar vertraut war, dass seine Knie weich wurden. Eine Berührung in seinem Geist, sanft wie Fingerspitzen, die über seine Haut strichen.
    »Was ist?« Tim packte ihn am Arm. »Hast du etwas gehört?«
    »Lucy«, flüsterte Leon, und noch während er es sagte, strömten Worte in seinen Kopf. Mein Freund, wo bist du? Ich hab etwas gebracht, aber schwer ist es, dich zu finden! Scheußlich riechschmeckt das Wasser hier, großviel scheußlich!
    Jubel stieg in Leon auf. Er wusste zwar nicht, wie sie es angestellt hatte, aber sie war hier, seine Partnerin war hier! Wir sitzen in einem Gewirr von Stahlkabeln fest. Ich versuche, dir ein Signal zu geben!
    Er begann, wie wild gegen die Innenseite der Plexiglaskuppel zu klopfen. Vielleicht war Lucy noch zu weit weg, um die Vibrationen zu spüren, doch wenn sie sich näher herantastete, würde sie ihn und Tim so leichter finden.
    »Was sagt sie?«, drängte Tim nervös. »Ist sie mit jemandem zusammen – einem Rettungsteam?«
    Leon stellte eine lautlose Frage und sofort wehte eine Antwort zu ihm herüber. Allein bin ich . Helfen wollen alle, aber keiner kann. Mein Freund, Augen auf und Licht an!
    Leon schnappte sich die Taschenlampe und richtete sie auf die Plexiglaskuppel, sodass der Schein nach draußen fiel … auf Arme mit Saugnäpfen, die an der Scheibe klebten, auf unirdische Augen mit balkenförmigen Pupillen. Spontan legte Leon die Hände auf die Innenseite der Kuppel, ein Gruß durchs Glas hindurch, und ihm war nach Lachen und Weinen gleichzeitig zumute. Wieso hast du das getan? Weißt du nicht, dass das Wasser der Schwarzen Raucher giftig für dich ist? Du musst hier wieder weg, so schnell wie möglich!
    Ja ja. Aufs Boot lege ich deine Schwimmhaut! Dort, wo man reinkriechen kann, kündigte Lucy an, und nachdem Leon es Tim übersetzt hatte, kletterten sie sofort nach hinten zur Schleuse – eine schmale, von zwei Seiten verschließbare Röhre, die ins Tauchboot hineinführte. Diesmal war es Tim, der leuchtete, während Leon mit aller Kraft an dem Handrad drehte, das die obere Luke der Schleuse schloss und verriegelte. Normalerweise kostete das nur einen Knopfdruck. Sie konnten froh sein, dass es für den Notfall eine Möglichkeit gab, die Schleuse per Hand zu bedienen.
    Schließlich hielten sie in der Hand, was Lucy mitgebracht hatte: einen Kanister mit einer bläulichen Flüssigkeit – das Etikett war im Wasser abgegangen – und einen Seesack. Leons Puls raste, als er ihn öffnete und die OxySkin hervorzog, mit der er geflohen war. Per Hand repariert, aber wahrscheinlich funktionstüchtig.
    Leon stieß einen tiefen Seufzer aus und Tim legte ihm den Arm um die Schultern. »Was ist mit den Augenlinsen? Die sehen beschädigt aus. Funktioniert die Auftriebskontrolle noch?«
    Doch Leon brachte kein Wort heraus, er konnte Tim einfach nur ansehen. Die OxySkin bedeutete nur Rettung für ihn selbst – für seinen Adoptivvater änderte sich nichts. Der Gedanke schnitt durch Leon hindurch wie ein Messer.
    »Schnell, zieh das Ding an«, sagte Tim grob, zog den Werkzeuggürtel aus der Kunststofftasche und begann, ihn durchzuchecken. »Warum trödelst du noch herum? Es wird nicht leichter werden, wenn das Wasser steigt. Ich helfe dir, den Anzug mit dem Perfluorcarbon zu fluten, das muss diesmal ohne Pumpe gehen – wir leiten es über einen Schlauch ein, ich stemme den Kanister hoch.«
    In diesem Moment bemerkte Leon, dass sich noch etwas in dem Sack befand. Seine Hände griffen in hauchdünnen, weichen Kunststoff; verblüfft zog er einen zweiten Anzug hervor. Es war
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