Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ruf Der Tiefe

Ruf Der Tiefe

Titel: Ruf Der Tiefe
Autoren: Katja Brandis , Hans-Peter Ziemek
Vom Netzwerk:
lächelte. »Andersrum. Wir haben so wenige. Übrigens war Lucy auch ziemlich krank, so wie du; sie ist in giftigem Wasser geschwommen, um mir zu helfen. Zum Glück ist sie inzwischen wieder gesund.«
    Ihre Mutter brachte Limo und Kekse und strich sich ständig über ihre Haare, obwohl die gar nicht unordentlich waren, und dann fing sie auch noch an, eine ganze Menge Fotos von ihr und dem Jungen zu machen. Das störte ein bisschen, und Shelley war froh, als ihre Mutter endlich wieder ins Haus zurückging.
    Sie teilten die Kekse auf, damit jeder gleich viele bekam, dann sagte der Junge: »Ich bin hergekommen, weil ich dir erzählen wollte, was überhaupt passiert ist – warum diese Riesenfische aus der Tiefe hochgekommen sind. Es lag daran, dass jemand ihre Welt durcheinandergebracht hat. Die Leute, für die ich früher gearbeitet habe.« Er zögerte. »Die Fische wussten nicht mehr, wo sie hinsollten, sie sind nach oben gekommen. Und du hast dich vor ihnen erschreckt.«
    »Ach so«, sagte Shelley. »Ich habe mich schon gewundert. Zuerst dachte ich, es sind Haie. Oder Monster.«
    »Hergekommen bin ich auch, weil ich mich bei dir entschuldigen wollte. Dafür, dass das Meer dir so geschadet hat. Eigentlich ’ne komische Idee, oder? Aber ich wollte es gerne tun.«
    Shelley biss in ihren Keks und blinzelte in die Sonne. Grüne Augen hatte der Junge. Aber nicht grün wie Gras, sondern dunkler, eher wie ein Baumblatt im Sommer. »Ist es denn irgendwie dein Meer?«
    Jetzt lächelte er. »Das hat mich Lucy auch schon gefragt. Ja, irgendwie schon. Hast du Angst vor dem Wasser?«
    »Ein bisschen.«
    Er nickte ernsthaft. »Okay. Ein bisschen Angst ist gut, dann bleibst du vorsichtig.«
    »Und du?«
    »Nein. Gestern, nach der Trauerfeier für Tim – er war so etwas wie mein Vater – habe ich mit einer Frau geredet, einer Psychologin. Sie hat mir angeboten, in eine ganz normale Schule an Land zu gehen. Aber ich habe ihr gesagt, ich werde immer tauchen. Was auch passiert. Bald gehe ich mit Lucy zurück in die San Diego School of the Sea, um dort meinen Highschool-Abschluss zu machen.«
    Sein Vater war gestorben? Erschrocken blickte Shelley den Jungen an, doch der hatte gerade den Kopf abgewandt. Shelley wusste nicht genau, was sie sagen sollte, aber dann erinnerte sie sich an etwas, das ihre Mutter erwähnt hatte. »Warst du wirklich im Fernsehen?«
    Der Junge atmete einmal tief und wischte sich über die Augen. »Ja«, sagte er dann. »Zusammen mit ein paar Freunden von mir. Es hat nicht besonders viel Spaß gemacht, aber es hat was genutzt. Seither versuchen die Leute, für die ich gearbeitet habe, nicht mehr, meine Krake zurückzubekommen. Und sie haben mit ein paar blöden Experimenten aufgehört, weil sie merkten, sie kriegen jetzt richtig Ärger deswegen. Einer ihrer Leute ist sogar verhaftet worden, allerdings eher, weil er mich angegriffen hat.«
    »Ich wäre gerne mal im Fernsehen!« Shelley seufzte. »Und deine Freunde, hat es denen Spaß gemacht?«
    Sie lagen jetzt nebeneinander im Gras und blickten zum Himmel hoch. Ein Käfer kroch in Shelleys T-Shirt, und sie lag ganz still, damit er von selber den Weg zurück fand.
    »Teils, teils«, erzählte der Junge. »Eine Freundin von mir – Billie – hat gar nicht mitgemacht. Es geht ihr gerade ziemlich schlecht. Sie hat gemerkt, dass sie keine Flüssigkeit mehr atmen kann.«
    »Flüssigkeit atmen? Ist das so ähnlich wie Limo trinken?«, fragte Shelley, verschluckte sich an ihrer Cola und musste husten.
    »Nur, wenn man es falsch macht«, sagte der Junge und lächelte noch einmal, ganz kurz und irgendwie traurig. Dann stand er auf und sagte, er müsse jetzt leider gehen.
    Ein blondes Mädchen war gekommen und wartete am Gartentor auf ihn. Der Junge winkte zum Abschied, dann legten er und das Mädchen die Arme umeinander, bis nicht mal mehr ein Grashalm zwischen sie gepasst hätte. Neugierig schaute Shelley zu, wie der Junge das Mädchen küsste. Oder das Mädchen den Jungen.
    So genau konnte man das gerade gar nicht sagen.

Nachwort
Was ist Wirklichkeit, was ist Fiktion?
    Der Ruf der Tiefe spielt im Jahr 2018. Manches von dem, was in unserem Roman schon Realität ist, wird in Wirklichkeit sicher noch eine Weile auf sich warten lassen. Das Flüssigkeitstauchen beispielsweise steht derzeit noch ganz am Anfang.
    Schon 1961 ließ ein Forscher namens Johannes Kylstra Mäuse eine mit Sauerstoff angereicherte Salzlösung atmen, sie überlebten. Später stiegen die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher