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Rühr nicht an mein dunkles Herz (German Edition)

Rühr nicht an mein dunkles Herz (German Edition)

Titel: Rühr nicht an mein dunkles Herz (German Edition)
Autoren: Meredith Duran
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zu. Die Narbe, die eine seiner Augenbrauen spaltete, war hochrot geworden, so verärgert war er. »Das ist nicht Nofretete, und sie schmiegt sich nicht an. Sie kniet, was völlig verkehrt ist. Man kniet nur vor einer Gottheit. Wenn man die Meißelspuren auf der Rückseite untersucht, wird man vermutlich auch feststellen, dass dieses Stück nicht mit einem Querbeil gefertigt wurde. Es sieht in jeder Hinsicht einfach nicht … richtig aus.«
    Lord Sanburne schnaubte verächtlich. »Dann sollte es sich vielleicht mal jemand ansehen, der bessere Augen hat.«
    Sie klammerte sich fester an Ana. »Ich sehe hervorragend. Das ist schließlich der Zweck einer Brille.«
    »Teufel noch eins«, rief jemand hinter ihr. »Sie hat recht.«
    Der Earl lächelte zufrieden. »Meine Liebe! So ein scharfes Auge. Wir können von Glück sagen, dass Sie sich entschlossen haben, in die Fußstapfen Ihres Vaters zu treten.«
    Das war zwar nicht ihre Absicht, doch dies schien nicht der richtige Zeitpunkt zu sein, das kundzutun. »Danke, Sir.« Sie riss sich zusammen und sah den Sohn des Earls noch einmal an. Diesmal ließ sie sich von seinem stechenden Blick nicht einschüchtern. »Ich glaube, die Forschung verlangt nach neuen Perspektiven. Ich stelle so oft fest, dass die Ägyptologie vielen nur als Vorwand dient, der es Männern mit einer gewissen Veranlagung erlaubt, im Namen der Wissenschaft hübsche Kinkerlitzchen zu sammeln.« Sie warf einen demonstrativen Blick auf die Ringe an den Fingern des Mannes.
    Mit welcher Reaktion sie auch immer gerechnet hatte – ein zorniges Erröten, Protest, vielleicht sogar ein tätlicher Angriff, sie traute ihm alles zu – , dass er sie anlächeln würde, darauf war sie nicht gefasst. Und was für ein Lächeln! Zögernd zuerst, als erwöge er, ob er es breiter werden lassen sollte; und dann, ganz plötzlich, verwandelte es sich in ein Lachen. Es veränderte sein Gesicht von Grund auf. Auf einen Schlag war er atemberaubend.
    Doch dann ging etwas schief. Anfangs lachte er noch leise, doch dann schien er nicht mehr damit aufhören zu können. Während seine Heiterkeit an Lautstärke gewann, nahm sein Tonfall etwas Irres an. Lydia registrierte nur vage, wie die Leute wieder ihre Plätze einnahmen, da sie den Blick nicht vom Gesicht des jungen Lords wenden konnte. Es war mehr als nur morbide Neugier, was sie an ihm fesselte. Sie hatte noch nie gesehen, wie jemand völlig den Verstand verlor, doch Sanburne bewerkstelligte das. Der Anblick schnürte ihr die Kehle zu, und nur das hielt sie davon ab, zu …
    Was zu tun? Großer Gott, was hätte sie einem solchen Geschöpf schon sagen können? Seine Schönheit war bedeutungslos, so willkürlich und unverdient wie die Muster auf Schmetterlingsflügeln. Sie sollte es besser wissen, als sich von ihr beeinflussen zu lassen.
    Was den Earl betraf, schien er eher verärgert als besorgt zu sein. »Reiß dich zusammen, Junge! Bei Gott, was hast du geraucht?«
    Der Sohn des Earls verstummte plötzlich. »Ertappt«, sagte er zu Lydia. Dann, mit einem weiteren erstickten Lachen, schnippte er mit den Fingern, worauf ihm der Diener unverzüglich seinen Mantel reichte. Als Sanburne ihn sich überwarf, wandte er sich an den Earl. »Vielleicht solltest du sie engagieren, um deine Sammlung gründlich überprüfen zu lassen. Immerhin scheint ihr in gewisser Weise zu, äh, harmonieren .«
    Lydia erstarrte. Aus seinem Mund klang das irgendwie anrüchig.
    »Meine Sammlung? Ich bin nicht so ein Narr wie du, mein Geld in ungeprüfte Fälschungen zu investieren!«
    »Vielleicht sollten Sie sie engagieren«, sagte Ana zu Sanburne. »Offenbar benötigen Sie ein besseres Urteilsvermögen als das, was Ihnen selbst zur Verfügung steht.«
    »In der Tat«, sagte Sanburne und betrachtete sie eingehend.
    Sein prüfender Blick beunruhigte Lydia. »Ich bin mir sicher, dass die Schuld woanders liegt. Mit wem auch immer Sie beim Erwerb dieser Antiquitäten geschäftlich verkehren … «
    »Ja, ja«, unterbrach er sie ungeduldig. »So weit dazu. Vater, auf ein Wort.«
    Schon ging er los, und als der Earl ihm nicht sofort folgte, hielt er inne und drehte sich noch einmal um.
    »Willst du deinen Stein nicht mitnehmen?«, fragte Lord Moreland zuckersüß.
    »Und ob«, sagte Sanburne. »Ich werde ihn aufheben und als deinen Grabstein verwenden. Wäre das nicht passend?«
    Diese unheimliche Bemerkung machte Lydia ganz benommen. »Komm, wir suchen Sophie«, raunte sie Ana zu. »Hier gibt es nichts mehr zu
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