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Rühr nicht an mein dunkles Herz (German Edition)

Rühr nicht an mein dunkles Herz (German Edition)

Titel: Rühr nicht an mein dunkles Herz (German Edition)
Autoren: Meredith Duran
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doch Sophie und Ana waren zierlicher und liebreizender, mit rosigen Lippen und schräg stehenden Augen, wie bei Katzen. Als junges Mädchen hatte Lydia sich oft genug im Spiegel betrachtet, um zu erkennen, dass es eben dieser Mund war, der die beiden hübscher machte, und diese Schrägstellung, die sie zu Schönheiten erhob. Da ihr selbst beides fehlte, hatte sie beschlossen, jeder Eitelkeit zu entsagen. »Wenn ich beliebt war, musst du dich bei dem Viscount bedanken. Seine Fisimatenten haben eine Menge Aufsehen erregt.«
    »Das stimmt allerdings. Ich frage mich, ob er morgen zum Dinner bei den Durhams kommt.«
    Achselzuckend griff sie erneut nach ihrem Tee. »Das bezweifele ich. Sie sind sich nicht grün.«
    »Wie traurig.«
    »Daran ist er selbst schuld. Verschwende dein Mitleid nicht an diesen Tunichtgut.« Da ihr Anas anhaltende Fixierung auf den Viscount nicht gefiel, wechselte sie jäh das Thema. »Hast du nett mit Mr Pagett geplaudert?«
    Ana errötete. »Er ist sehr liebenswürdig. Er hat gesagt, er stattet uns morgen einen Besuch ab.«
    »Schön.« Alles lief wie geplant. »Aber du musst Sophie mitnehmen. Wenn er im Zweisitzer vorfährt, bestehst du auf unseren Landauer.« Diesen Trick hatte er schon einmal angewandt, und Ana hatte sich nur allzu bereitwillig mit ihm verschworen. Sie begriff noch nicht, wie anfällig eine junge Dame für Fehltritte war (oder auch, wie leicht ein Gentleman aufgrund einer Fehleinschätzung, zu der er sie selbst ermutigt hatte, das Interesse verlieren konnte).
    »Das habe ich doch schon versprochen«, gab Ana gereizt zurück. »Sophie sagt, es ist ein Brief von Papa gekommen?«
    »Ja. Er bereitet eine Warenlieferung vor und wollte, dass ich seine Auftraggeber kontaktiere.«
    »Lässt er mir etwas ausrichten?«
    »Tut mir leid, Herzliebchen. Es ging nur ums Geschäft.«
    Ana rümpfte die Nase. »Bei ihm geht es immer nur ums Geschäft!«
    Wie es sich für einen der rar gesäten Wissenschaftler gehörte, der kein Vermögen geerbt hatte, um seine Interessen zu finanzieren. »Er ist sehr beschäftigt, Liebchen. Wenn er die Ausgrabung nicht vor Beginn der Regenzeit beendet, war die gesamte Saison für die Katz.«
    Ein leises Seufzen war Anas einzige Reaktion auf diese Logik. Früher hatte sie mehr Verständnis gezeigt, aber in letzter Zeit wurde sie mehr und mehr von Sophies Einstellung beeinflusst. »George hat gestern gesagt, es sei eine Schande, dass Papa uns nie besucht.«
    Gekränkt richtete sich Lydia kerzengerade auf. »Will er vielleicht für Papas Projekt aufkommen? Das würde ihm gewiss einen Besuch ermöglichen. Aber das Angebot hat George ihm nie gemacht.«
    »Vielleicht würde er das ja sogar.« Ana zuckte mit den Achseln und faltete die Hände im Schoß. »Er sagt, der Antiquitätenhandel sei für einen Gentleman sehr herabwürdigend. Natürlich stimmt es nicht, aber er meint, es gäbe Leute, die behaupteten, Papa suche bei seinen Ausgrabungen nur nach verkäuflichen Gegenständen.«
    Lydia schnappte nach Luft. Wie konnte George es wagen, solchen Gerüchten Ausdruck zu verleihen! »Ana, ich kann nicht glauben, dass du dem nicht widersprochen hast!« Oh, sie würde nicht ruhen, bis sie genügend Geld beschafft hatte, damit Papa diesen Handel aufgeben konnte! Die ägyptische Regierung unterzog jedes einzelne Stück, das Papa exportierte, einer gründlichen Prüfung, und trotzdem setzte seine Arbeit ihn den unverschämtesten Unterstellungen aus. »Also wirklich, zeig ein bisschen Loyalität! Du lebst zwar unter Georges Dach, aber er ist nicht dein Vater!«
    »Natürlich nicht.« Ana zögerte. »Lyd, warum könnt George und du euch nicht leiden?«
    War es so offensichtlich? »Sei nicht albern. Ich habe nur etwas gegen seine Kritik an Papa.« Als Anas Stirnrunzeln ausgeprägter wurde, fügte sie schärfer hinzu: »Er hat kein Recht, so etwas zu sagen.«
    »Ich weiß.« Ana griff beschwichtigend nach ihrer Hand. »Ist schon gut. Wenn ich verheiratet bin, kannst du mit zu mir kommen. Ich verspreche es. Ich heirate nur jemanden, der einwilligt, dass du bei uns wohnst!«
    Das Angebot hätte sie besänftigen können, wenn sie nicht erst letzte Woche gehört hätte, wie Ana eine ähnliche Erklärung über ihren jungen Hund abgegeben hatte. Trotz aller Bemühungen ihrerseits pinkelte dieser leider weiterhin auf den Teppich und zerkaute Pantoffeln. »Wie liebenswürdig«, sagte sie daher trocken. »Aber wenn du diesen Musterknaben findest, pass lieber auf.« Sie griff nach unten
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