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Rückgrad

Rückgrad

Titel: Rückgrad
Autoren: Philippe Djian
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so hörte ich sie doch, und sie zerstörten das einzige, was ich in diesem Leben aufgebaut hatte, ich hörte, wie sie sich köstlich damit amüsierten, das Zimmer auf den Kopf zu stellen, ich hörte sie lachen und schamlos schreien, wenn sie irgendein altes Zeug entdeckten, das vor ihren Augen keine Gnade mehr fand, mir jedoch bestimmt das Herz in tausend Stücke zerrissen hätte. Ich legte mich ins Gras. Zwei Tage dauerte die Sache nun schon, aber ich hatte den Eindruck, sie hatte vor einer Ewigkeit begonnen.
    Am Nachmittag kam ein Typ vorbei, um den Koffer abzuholen. Die von Gladys und Richard standen bereits in seinem Lieferwagen. Sicher, das Ganze war meine eigene Schuld. Der Himmel hatte mich erhört.
    Sie hatten noch jede Menge Leute zu küssen, wenn ich recht verstanden hatte, dazu ein paar Einkäufe auf den letzten Drücker, nun ja, jedenfalls zogen sie los, Gladys brauchte Elsie, sie zogen los, und ich blieb ganz allein zurück. Ich sah nach, was mein Aston Martin machte, aber das war noch ein wenig neu mit uns beiden.
    Ich setzte mich trotzdem hinein, denn ich wußte nicht, was ich tun sollte. Das Telefon klingelte, aber ich ging nicht mehr ans Telefon. Seitdem ich das Drehbuch von Außer Alaska unterzeichnet hatte, erinnerten sie sich alle, daß ich noch existierte, oder aber man wollte Hermann sprechen. Nach einer Weile hob ich doch ab, ich hörte ihr zu, und ich redete ihr freundlich zu, ich sagte ihr, wir können nichts dafür, Sarah, das ist nun mal so, das mußte früher oder später so kommen, mach dir keine Sorgen um sie.
    Ich blickte mich um und ging wieder hinaus. Draußen war es derart schön, daß alles unwirklich erschien, es war etwas in der Milde der Luft, das einen zu schützen schien. Ich setzte mich wieder hin, ins Gras, mitten in den Garten, und Bernie ließ sich mit zwei völlig beschlagenen und mit Fingerabdrücken übersäten Coronas neben mir nieder.
    - Komm, nächstes Jahr um diese Zeit sind sie wieder zurück …
    - Ja-
    - Hollywood … Das ist eine Chance, da kann man nicht nein sagen …
    - Wenn er ausziehen würde, um sich auf der anderen Straßenseite einzunisten, wäre das auch nicht anders. Wir werden nicht mehr zusammenleben, er und ich … Das ist nicht weiter kompliziert. Das sieht nach nichts aus, weißt du, aber das war alles, was ich hatte.
    Ich hob meine Flasche, um auf sein Wohl zu trinken. Er schüttelte lächelnd den Kopf.
    - Ich weiß, was du sagen willst, fügte ich hinzu. Aber das Leben könnte noch hundertmal gnädiger zu mir sein, ich würde mich auch nicht besser fühlen. Bernie, ich glaube, das ist der natürlichste Schmerz der Welt, aber er nimmt mich ganz schön mit, hab ich den Eindruck.
    Elsie wußte, was mich bedrückte. Als sie eintraf, saß ich in meinem Sessel und betrachtete meine Blauen Chirurgenfische – einer von ihnen war schließlich doch gelb geworden, aber vielleicht war ich das auch, er erschien mir im übrigen weniger lebhaft als die anderen, und seine neue Farbe machte ihn melancholisch. Sie schaute mich an, dann streckte sie die Waffen und lächelte mich an. Ich streckte die Hand nach ihr aus. (Falle zu Füßen dieses Geschlechts, dem du deine Mutter verdankst. Philip Roth.) Sie setzte sich auf meinen Schoß, ohne ein Wort zu sagen. Ich hielt sie eine ganze Weile in meinen Armen, die Nase in ihrer Brust vergraben, als versenkte ich mich in das Herz der Welt, den Geist aufgewühlt und das Herz in Aufruhr ob dieser schlichten Selbstverständlichkeit: alles kam von dort, und alles kehrte dorthin zurück.
    Später habe ich Hermann erklärt, was sie hatte, ich sagte ihm, sie wolle ein Kind. Wir waren in den Garten gegangen, nur wir beide, während die anderen schliefen, und ich hatte mir eine letzte Zigarre angemacht und mich unter meine Rosen gesetzt – acht Jahre zuvor, als wir die Nachricht von Francks Tod erhielten, war er schließlich zwischen meinen Beinen eingeschlafen, und wir hatten die Nacht unter freiem Himmel verbracht, genau an dieser Stelle, und ich hatte allein vor mich hin geredet.
    - Ich glaube, die Musik interessiert sie nicht mehr besonders, fügte ich hinzu. Ich glaube, sie will ein anderes Leben …
    - Schön, und wo ist das Problem …?
    Das Lachen drängte sich aus der Tiefe meines Bauches. Ich hatte immer noch Tränen in den Augen, als ich mich wieder beruhigte. Es war niemand zu sehen, die Nacht war pechschwarz, ich drückte ihn in meine Arme.
    - Paß auf dich auf …. murmelte ich.
    Ich küßte ihn auch, wo ich einmal
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