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Rotkäppchen und der böse Wolf

Rotkäppchen und der böse Wolf

Titel: Rotkäppchen und der böse Wolf
Autoren: Agatha Christie
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wir kannten die Stärke des Feindes und seine mörderische Entschlossenheit. Unsere Soldaten haben überall ihre Pflicht getan, bei der Flotte, bei der R.A.F. und in den Schützengräben. Aber die Führung zu Beginn hat nichts getaugt, und gerüstet waren wir auch nicht. Das sind eben die Kehrseiten unserer Vorzüge: Wir wollen keinen Krieg, also haben wir ihn nie ernstlich in Betracht gezogen; wir haben uns nicht entsprechend vorbereitet. Die schlimmsten Missstände sind mittlerweile beseitigt. Wir haben unsere Fehler eingesehen, und nach und nach kommen die rechten Männer an ihren Platz. Allmählich führen wir Krieg, wie man ihn eben führen muss, und glauben Sie mir, Beresford, wir werden ihn auch gewinnen – vorausgesetzt, dass wir ihn nicht vorher verlieren. Und hier droht uns die Gefahr nicht etwa von außen, nein, sie kommt von innen. Was uns gefährdet, ist die List, mit der Troja besiegt wurde – das hölzerne Pferd innerhalb der Mauern. Sie können es auch Fünfte Kolonne nennen. Es ist hier, unter uns; Männer und Frauen, einige hochgestellt, andere unbekannt in der Menge verschwindend – aber alle glauben sie an die Ziele und Lehren der Nazis.«
    Grant lehnte sich vor und fuhr, immer mit der gleichen nüchtern-freundlichen Stimme, fort: »Und dabei wissen wir nicht, wo sie stecken…«
    Tommy sagte: »Aber sicherlich…«
    Ein wenig ungeduldig unterbrach Grant: »Ja, die kleinen Fische können wir leicht fangen. Das ist ein Kinderspiel. Aber die andern – wir wissen genau, dass es sie gibt. Mindestens zwei ganz oben in der Admiralität – einer muss zum Stab von General G. gehören; drei oder noch mehr sind bei der R.A.F.; und wenigstens zwei stecken im Geheimdienst und haben Kenntnis von den Geheimbeschlüssen der Regierung. Wir wissen, dass es so sein muss – nach dem, was geschehen ist, gibt es keine andere Erklärung. Nur durch ein Leck an höchster Stelle können gewisse Informationen bis zum Feind durchgesickert sein. Diese Leute, Männer in hohen Stellungen, kennen die meisten unserer Mitarbeiter. Man kann ihnen die Informationen nicht vorenthalten. Wir brauchen daher einen Unbekannten. Ich war am Ende meiner Weisheit und ging deshalb zu Easthampton. Er ist ja nicht mehr im Dienst – ein kranker Mann, aber ich kenne keinen klügeren Kopf. Er dachte also an Sie. Es ist mehr als zwanzig Jahre her, dass Sie für die Abteilung gearbeitet haben. Ihr Name ist völlig unbekannt, Ihr Gesicht ebenso. Also, wollen Sie die Sache übernehmen?«
    Tommy grinste so begeistert, dass seine Mundwinkel fast die Ohren erreichten.
    »Übernehmen? Ob ich sie übernehmen möchte? Das will ich meinen! Ich sehe allerdings noch nicht, was ich dabei tun kann. Ich bin doch nur ein elender Dilettant.«
    »Mein lieber Beresford, gerade einen Dilettanten brauchen wir. Profis wären in diesem Fall von vornherein gehandikapt. Wie die Dinge liegen, nehmen Sie den Platz unseres tüchtigsten Mannes ein.«
    Tommy blickte fragend auf. Grant nickte.
    »Ja. Er starb letzten Dienstag im St. Bridget’s Hospital. Wurde von einem Lastwagen überfahren – lebte nur noch ein paar Stunden. Ein Unfall… aber… es war kein Unfall.«
    Tommy sagte langsam: »Ach so.«
    Ruhig fuhr Grant fort: »Und deshalb nehmen wir an, dass Farquhar hinter einer Sache her war – wenigstens die ersten Fäden in der Hand hielt. Gerade weil er durch einen Unfall umkam, der kein Unfall war. Leider wissen wir fast nichts über das, was er herausgefunden hat. Farquhar hatte ganz planmäßig eine Spur nach der andern verfolgt. Die meisten führten ins Leere.«
    Grant schwieg. Nach einer Weile erklärte er: »Farquhar hatte das Bewusstsein verloren und kam erst wenige Minuten vor seinem Tod noch einmal zu sich. Da versuchte er etwas zu sagen. Es klang wie: N. oder M. Song Susie.«
    »Das«, meinte Tommy, »erscheint ja nicht sehr aufschlussreich.«
    Grant lächelte.
    »Und ist doch aufschlussreicher als Sie denken. N. oder M. ist eine uns bekannte Bezeichnung, die sich auf zwei der wichtigsten und am besten eingeweihten deutschen Agenten bezieht. Wir haben ihre Tätigkeit in anderen Ländern verfolgt und wissen einiges über sie. Ihre Aufgabe besteht darin, in verschiedenen Ländern eine Fünfte Kolonne aufzubauen und dann als Verbindungsagenten zwischen diesen Ländern und Deutschland zu wirken. N. ist ein Mann und M. eine Frau. Soviel steht fest. Sonst aber ist uns nur bekannt, dass sie zu Hitlers nächsten Vertrauten gehören; zu Beginn des Krieges
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