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Rotes Meer

Rotes Meer

Titel: Rotes Meer
Autoren: Åke Edwardson
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haben.«
    »Warum sollten wir Mädchen herumkutschieren?«
    »Erzählen Sie es mir.«
    »Ich weiß nicht, wovon Sie reden.«
    »Am Ende werden Sie es mir erzählen«, sagte Ringmar. »Das machen schließlich alle.«
    Reinholz schwieg, er hatte nichts zu erzählen, weder jetzt noch sonst wann.
    »Was ich nicht verstehe, ist, dass Mozaffar Kerim euch am Leben ließ«, sagte Ringmar. »Dass er Sie nicht umgebracht hat.«
    »Fragen Sie ihn.«
    Ringmar nickte.
    »Stattdessen hat er irgendwie mit euch zusammengearbeitet. Hinterher. Das ist es, was ich nicht verstehe.« Ringmar nahm einen Schluck Wasser. Es war schon wieder warm geworden, nicht nur lau, sondern warm. Im Zimmer war es sehr heiß und feucht. Reinholz’ Stirn war schweißbedeckt, wie von einem Film aus Wasser, das an einem Felsen herunterfloss.
    »Erzählen Sie, warum Sie immer noch am Leben sind, Reinholz.«

    Er massierte seine Stirn mit den Fingerspitzen. Coltrane blies »Psalm«, und zwar nicht zum ersten Mal in diesem Raum. In seiner Suite A Love Supreme sah Coltrane sein Geschenk an Gott. Winter dachte an Gottesgaben. Er dachte an Feuer. Das Feuer war nicht Gott. Gott war einer und mehrere. Ihn gab es überall und nirgends. Sagte man das nicht von ihm? Von ihr. Sie war überall. Diese höllischen Kopfschmerzen. Ich muss ernsthaft krank sein. Ich will nicht wissen, was es ist. Im Augenblick will ich andere Sachen wissen. Das hilft mir. Das lindert. Wo hab ich die Tablettenschachtel hingelegt? Jetzt klingelt das Telefon.
    Bevor er den Hörer abhob, wusste er, dass er Brors brüllende Stimme hören würde. Es war dem Telefon anzusehen. Es zitterte schon jetzt.
    »Ja?«
    »Winter? Hör mal zu. Diese Jugendlichen oben auf dem Berg waren Kumpel von Alan.«
    »Ja. Ich bewundere ihren Mut.«
    »Äh … was? Ja, sie sind dageblieben. Aber … tja, die haben wohl auch nichts riskiert.«
    »Sie haben uns abgelenkt, damit er türmen konnte.«
    »Sie haben das Auto gefahren«, sagte Bror. »Hinterher sollten sie die Räder nehmen.«
    »Aber du hast die Bank ausgesucht, auf der wir saßen.«
    »Hör mal, darum ruf ich nicht an, sondern weil die vielleicht wissen, was mit den Mädchen passiert ist. Dieser kleine Prostitutionsring.«
    »Vielleicht wissen?«
    »Das Mädchen, Ronak, hat gewisse Andeutungen gemacht über die Frau, die in Rannebergen ermordet wurde.«
    »Was für Andeutungen?«
    »Noch wage ich nichts Genaueres zu sagen. Sie schützt sich selber, oder eine andere Person. Wohl eher jemand anderen. Sie ist ja nicht feige. Sie hat Angst. Sie weiß etwas, will es nur jetzt nicht sagen. Aber sie möchte es loswerden.«
    »Die Frau, die ermordet wurde? Sie hieß Shahnaz Rezai.«
    »Ja.«
    »Was ist mit ihr?«
    »Ronak will nicht mehr sagen.«
    »Aha.«
    »Ich hab den Eindruck, sie will von uns erfahren, was wir wissen, ehe sie mit etwas herausrückt. Was passiert. Was passiert ist.«
    »Wie zum Beispiel, dass Mozaffar Kerim tot ist.«
    »Wie das zum Beispiel, ja.«
    »Sag es ihr.«

    Ahmed saß ganz still auf dem Sofa. Inzwischen war es sehr spät, eigentlich viel zu spät. Aber der Junge war eine Nachteule. Winter hatte ihm einen Fußball mitgebracht. Er war mit dem Gedanken nach Hjällbo gefahren, dass es das letzte Mal war. Dann ist es vorbei. Der Juni ist bald vorbei, und dies hier ist bald vorbei. Rein technisch ist es schon vorbei.
    »Vielleicht möchtest du lieber einen Tennisball?«, sagte er zu dem Jungen, der den Ball neben dem Sofa hatte liegen lassen.
    Ahmed schüttelte den Kopf.
    »Als ich zehn war, hab ich viel Fußball gespielt«, sagte Winter.
    »Ich werde bald elf«, sagte Ahmed.
    Seine Mutter schaute ihn an. In ihrem Gesicht zeichnete sich etwas wie Erleichterung ab. Sie erkannte ihren Sohn wieder, seine Stimme. Ihretwegen durfte es so spät sein, wie es wollte.
    »Ja … gut, klar, elf.«
    Der Junge hob den Ball auf, wog ihn in den Händen. Er war weiß und grau. Winter war ins Stadion gegangen, um einen Fußball mit schwarzweißen Flicken zu kaufen, hatte aber keinen gefunden. Im Fernsehen sah er gern Fußball, aber ihm war noch nicht aufgefallen, dass die Bälle jetzt anders aussahen. Sie waren leichter, das hatte er gemerkt, als er diesen Ball in die Hand genommen hatte, aber das musste folglich auch bedeuten, dass sie windempfindlicher waren.
    »Wollen wir uns jetzt mal ein bisschen über den Morgen unterhalten?«, fragte Winter.

    Ich wusste nicht, dass er draußen war, hatte Ahmeds Mutter gesagt. Ich wusste nichts. Wir … er muss
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