Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rotes Meer

Rotes Meer

Titel: Rotes Meer
Autoren: Åke Edwardson
Vom Netzwerk:
Reinholz vor. Er führte ein Gespräch mit Haftrichter Molina. Der Regen prasselte gegen das Fenster und peitschte den Abend heran.
    »Du kannst ihn sechs oder sechs plus sechs Stunden festhalten, aber für Untersuchungshaft reicht es nicht. Das krieg ich nicht durch.«
    »Ich weiß.«
    »Dieser Mann steht nicht unter Tatverdacht, noch nicht. Beziehungsweise keiner von denen. In der Praxis bist du also immer noch der Leiter der Ermittlung, Winter.«
    »Danke.«
    »Besorg einen Konfrontationsfilm für diesen Jungen. Aber das hast du wohl schon in die Wege geleitet.«
    »Zuerst möchte ich mit Reinholz sprechen.«
    »Klar.«
    »Und ich will mit dem Dolmetscher sprechen. Er hält sich verborgen.«
    »Hast du eine Fahndung ausgeschrieben?«
    »Nein, das mach ich, wenn es so weit ist.«
    »Warst du bei ihm zu Hause?«
    »Du meinst in seiner Wohnung? Nein. Er ist nicht da, er nimmt auch das Telefon nicht ab. Dann darf man die Wohnung doch nicht betreten.«
    »Das ist gut, Winter. Genauso würde ich auch handeln.«
    »Ich bin jetzt auf dem Weg dorthin«, sagte Winter. »Aneta und Fredrik kommen mit.«
    »Und der Taxifahrer?«
    »Den übernimmt Bertil.«
    »Seit wann ist der denn wieder Verhörleiter?«
    »Er ist der Beste, nach mir.«

    Winter konnte durch die Windschutzscheibe kaum etwas sehen. Die Scheibenwischer schafften die Wassermassen nicht.
    Als sie sich Gårdsten näherten, ließ der Regen etwas nach, und kurz bevor sie die Kanelgatan erreichten, meinte Winter Rauch zu erkennen, der wie eine weitere kleine schwarze Wolke am Himmel hing.
    »Da hinten brennt es«, sagte Aneta Djanali.
    Winter bog vom Gårdstensvägen ab. Jetzt sah er den Rauch und woher er kam.
    »Scheiße, das ist ja Kerims Haus!«
    Winter gab Gas, fuhr am Marktplatz vorbei und bremste vor dem Haus. Einige Menschen standen im Regen und starrten auf ein geöffnetes Fenster im ersten Stock, aus dem Rauch quoll. In wenigen Minuten würde es lichterloh brennen.
    Aneta Djanali, Halders und Winter sprangen aus dem Auto. Von der anderen Seite des Gårdstenstunnels hörten sie Sirenen. Angereds Feuerwache war nicht weit entfernt. Jemand hat sofort die Feuerwehr alarmiert, dachte Winter. Es hat gerade erst angefangen zu brennen. Wir sind rechtzeitig gekommen.
    Sie liefen die Treppen hinauf. Der Rauchgeruch war noch nicht stark.
    Halders trat die Tür ein.
    »Achtung!«, schrie er und warf sich zur Seite.
    Aber es folgte keine Explosion.
    Winter ging rasch in den Vorraum, die Pistole im Anschlag.
    Brennende Wohnungen mit der Pistole in der Hand zu betreten, war nicht dramatisch, sondern Routinesache.
    Halders und Aneta Djanali blieben draußen.
    In einem Zimmer am Ende des Flurs, im Wohnzimmer, entdeckte Winter einen Körper auf dem Fußboden. Das Fenster stand offen, jenes Fenster, aus dem der Rauch entwich. Man konnte immer noch atmen. Winter erkannte das Gesicht auf dem Fußboden, es war Alan Darwish. Der junge Mann sah aus, als schliefe er friedlich, ohne den Besuch, das Feuer oder irgendetwas anderes, was gerade geschah, zu bemerken.
    Das Sofa und ein Sessel brannten, und das Feuer fraß sich langsam an der Wand empor. Eine Tapetenbahn war gerissen und wirkte wie eine Wunde. Plötzlich schoss eine Flamme vor wie die Zunge eines Drachen und leckte nach einer Gardine. Jetzt kann man das Feuer auch von draußen sehen, dachte Winter, vorher ging das nicht.
    »Das Feuer ist eine Urkraft«, hörte er eine Stimme hinter sich. Es war Mozaffar Kerims Stimme, mild und schön und dennoch kräftig. Sie durchdrang ohne Weiteres das Knistern des Feuers.
    »Am Anfang gab es nur das Feuer. Es ist das einzige Reine, was auf dieser schmutzigen Welt existiert.«
    Winter drehte sich um.
    »Bleiben Sie ruhig, Kerim. Legen Sie das Gewehr ab.«
    »Es ist eine schreckliche Welt. Finden Sie nicht auch? Ich weiß, dass Sie meiner Meinung sind. Sie haben sie gesehen. Sie leben auf dieser Welt.«
    »Kerim, legen Sie das Gewehr ab.«
    »Schmutz. Scheiße. Das ist ein schwedisches Wort, das mir gefällt. Scheiße. Es gibt nur noch Scheiße. Es gibt nichts Schönes mehr. Was früher einmal schön war, ist auch schmutzig geworden. Sie haben es zu Schmutz gemacht.«
    »Wer hat es zu Schmutz gemacht?«
    »Wer wohl, was glauben Sie? Wer beim Teufel glauben Sie? Ich kann nicht so gut fluchen wie Sie, aber jetzt will ich fluchen. Wer beim Teufel glauben Sie?«
    »Sie haben die drei erschossen«, sagte Winter.
    Kerim antwortete nicht. Er zielte mit einer abgesägten Schrotflinte auf Winters
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher