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Rotes Gold: Ein kulinarischer Krimi. Xavier Kieffers zweiter Fall

Rotes Gold: Ein kulinarischer Krimi. Xavier Kieffers zweiter Fall

Titel: Rotes Gold: Ein kulinarischer Krimi. Xavier Kieffers zweiter Fall
Autoren: Tom Hillenbrand
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Nur ein paar Traditionalisten aus der Spitzengastronomie, die halten sich noch an die überlieferten Regeln. Die servieren nie Tentakelspitzen, sie fassen die nicht einmal ohne Handschuhe an. Mifune war einer von ihnen.«
    »Vielleicht hat er einfach einen Fehler gemacht«, wandte Kieffer ein.
    Hashimoto schüttelte energisch den Kopf. »Mifune ist eine Legende, Mann. Mit 13 Jahren hat er in Shibuya seine Lehre begonnen, er hat über 40 Jahre Erfahrung. Und Tako war eine seiner Spezialitäten. Kraken sind das Schwierigste. Ein kleiner Fehler bei der Zubereitung und der schmeckt wie Autoreifen. Ein großer Fehler und du hast einen Gast, der nach Luft schnappt und ins Krankenhaus muss.«
    Der Japaner gab Kieffer das Menukärtchen zurück und schaute ihm in die Augen. »Ich sage dir: Wenn es in dieser Stadt, ach, auf diesem Kontinent einen Typen gab, der sich bestimmt nicht selber mit Tako vergiftet hätte, dann war es Ryuunosuke Mifune.«

[Menü]
4
    Hashimoto nahm Kieffer in seinem alten Mazda Cosmo mit zurück in die Stadt und setzte ihn vor der Gare de l’Est ab. »Willst du nicht doch noch mit in mein Restaurant kommen?«, fragte der Japaner. »Die Jungs würden sich freuen, dich kennenzulernen.«
    »Danke, Toro. Vielleicht ein andermal. Ich sollte jetzt wirklich zurück nach Luxemburg, heute Abend muss ich wieder in meiner Küche stehen und ich habe die ganze Nacht nicht geschlafen.«
    Hashimoto nickte verständnisvoll. »Wir werden alt. Früher hätten wir einfach was eingeworfen und wären dann den ganzen Abend wie aufgezogen durch die Küche geflitzt.«
    »Früher hatten wir kein eigenes Restaurant und mussten uns nur um uns selbst kümmern.«
    »Stimmt wohl. War aber auch ganz geil.«
    Sie gaben einander die Hand und Kieffer sah zu, wie Hashimoto in seinem roten Oldtimer davonfuhr. Er wusste nicht recht, was er als Nächstes tun sollte. Sein Zeitplan war völlig durcheinander. Er war völlig durcheinander. Valérie wollte er nicht anrufen, sie hatte ihmziemlich deutlich gemacht, dass sie ihn an diesem Wochenende nicht mehr sehen wollte. Andererseits würde Toros Einschätzung, Mifune könne sich kaum selbst vergiftet haben, die Gabin-Chefin brennend interessieren.
    Kieffer kaufte sich in einem amerikanischen Coffeeshop einen Espresso, den ihm der Barista zu seinem großen Missfallen in einem fingerhutgroßen Pappbecher überreichte. Dann tippte er eine SMS an Valérie. Seit er mit der Pariserin liiert war, hatte er einiges über moderne Kommunikationstechnologien gelernt. Zum Beispiel, dass man sich in den Tiefphasen einer Beziehung, wenn man weder miteinander schlafen noch sprechen wollte, immer noch Textnachrichten schicken konnte. Und dass diese nonverbale Verständigung mitunter die Chance erhöhte, auf Fragen überhaupt eine Antwort zu bekommen.
    Zwischen Schlucken lauwarmen Kaffees komponierte Kieffer seine Nachricht, schrieb sie mehrfach um, löschte dann alles wieder und begann von vorne. Zum Schluss stand im Display: »Fahre heim. Ruf mich an, wenn du magst. Habe neue Details zu RM .« Er schickte die SMS ab und begab sich zum Bahnsteig. Er hatte Glück, der nächste Schnellzug nach Luxemburg fuhr bereits wenige Minuten später.
    Im Zug machte er sich zunächst über mehrere französische Zeitungen her, die er am Bahnhofskiosk erstanden hatte. Keine einzige erwähnte den Tod des Sushimeisters. Vermutlich war das Ganze zu spät passiert, um noch in die Sonntagsausgaben zu gelangen. Doch am nächsten Tag, da war sich Kieffer sicher, würden die Blätter voll mit der Geschichte sein. Nach einer halben Stunde merkte er, wie seine Lider schwer wurden. Er war nunseit über 24 Stunden auf den Beinen, und kein Espresso der Welt würde ihn noch länger wach halten. Er kippte den Sitz zurück und schlief sofort ein.
    Als er wieder aufwachte, war der TGV schon in Luxemburg. Sie fuhren gerade in die Stadt ein. Es war ein herrlich sonniger Morgen. Schweres Gepäck hatte Kieffer keines, und so beschloss er, zu Fuß zu seiner Wohnung in der Luxemburger Unterstadt zu laufen.
    Er verließ den Bahnhof und spazierte die Avenue de la Gare hinauf. Dann querte er das Viadukt, das die unter ihm liegende Pétrusse-Schlucht überspannte. Im Tal konnte er Sonntagsspaziergänger beobachten, die durch die Auen flanierten. Hinter der Brücke bog er nach rechts ab, lief über das Plateau du St. Esprit und gelangte am Ende des Platzes an einen Aufzug, der in die Felswand eingepasst war. Zusammen mit einigen japanischen Touristen
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