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Roter Hibiskus: Roman (German Edition)

Roter Hibiskus: Roman (German Edition)

Titel: Roter Hibiskus: Roman (German Edition)
Autoren: Katherine Scholes
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mir wirklich leid. Wann ist es passiert?«
    Mara schüttelte den Kopf. Hier war weder der richtige Ort noch die Zeit, um ihm alles zu erzählen.
    Peter drängte sie nicht zu einer Antwort, er blickte sie nur an, und in seinen Augen spiegelte sich ihr Schmerz, als ob er genau verstünde, was sie fühlte. Dann legte er ihr seine Hand auf die Schulter, schwer und warm.
    In diesem Moment öffnete sich quietschend die Tür. Peters Hand sank nach unten, und Mara drehte sich um. Der grauhaarige Mann stand im Eingang. Er hielt eine Weinflasche in der Hand. »Können Sie uns die aufmachen?« Neugierig blickte er das Paar an. Als sein Blick auf Peter fiel, trat ein verwirrter Ausdruck in sein Gesicht, als ob er ihn kennen würde, aber nicht wüsste, woher.
    »Entschuldigung, ich komme sofort«, antwortete Mara. Sie spähte ins Restaurant und sah, dass Chantal Teller mit Essen auf die Theke stellte. Hilflos deutete sie auf die Tische. »Ich muss gehen«, sagte sie zu Peter.
    In diesem Moment tauchte eine weitere Gruppe von Gästen auf dem Weg vor dem Restaurant auf.
    »Kann ich dich morgen sehen?«, fragte Peter.
    Mara zwang sich zu einem Lächeln. »Komm morgen früh zum Tee. Und bring Melanie mit, ich würde sie schrecklich gerne kennenlernen. Dann könnt ihr mir alles von eurem Leben – und eurer Familie erzählen.« Ihre Worte klangen falsch und aufgesetzt fröhlich. Sie hob grüßend die Hand und wandte sich zur Tür.
    »Mara …«
    Mara blieb stehen und blickte über die Schulter zu Peter zurück. Aber die neuen Gäste waren bereits auf der Terrasse angelangt und versperrten die Sicht auf ihn. Als sie hineingegangen waren, war er weg, und sie sah nur noch den dunklen Umriss des Lillipilli-Baumes.

    Chantal lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück, ein Glas Cognac in der Hand. Sie trug noch ihre Schürze, auf die Sauce in allen möglichen Farbschattierungen gespritzt war. Sogar in der entspannten Haltung sah man ihr die Energie an, die sie in den letzten Stunden an den Tag gelegt hatte.
    Mara hob ihr Glas an die Lippen. Ihre Hand zitterte leicht, stellte sie fest. Sie packte den Stiel fester. Sie würde Peters Besuch Chantal gegenüber nicht erwähnen – sie sehnte sich zwar danach, mit ihrer Freundin darüber zu sprechen, aber sie war noch viel zu durcheinander, um ihre Gefühle in Worte fassen zu können. Müßig ließ sie den Blick über die leeren Tische im Lokal gleiten und ließ sich nichts anmerken.
    Morgen würde Peter sie besuchen – Peter mit seiner erwachsenen Tochter Melanie. Es machte Sinn, dass die beiden gemeinsam reisten; Paula verließ nicht gerne ihr Zuhause, hatte Peter ihr in Afrika erzählt. Langsam nippte Mara an ihrem Cognac. Er brannte auf ihren Lippen. Die Empfindung lenkte sie kurz ab, aber bald schon kehrten ihre Gedanken wieder zu Peters Besuch zurück. Sie wollte ihn so vieles fragen. Ob er noch Holzmöbel machte. Ob er Paula jemals überredet hatte, mit ihm in den Busch zu fahren.
    Ob er in all diesen Jahren glücklich gewesen war.
    Chantal erhob sich. »Ich hole uns einen Kaffee.«
    Als sie in Richtung Küche verschwand, blickte Mara in die goldene Flüssigkeit in ihrem Glas. Die Vergangenheit überwältigte sie.
    Eine Erinnerung stieg in ihr auf, lebhaft und stark.

    Sie saß in einem dunklen Kino, in einem friedlichen, intimen Raum mitten im Chaos von Daressalam. Der Saal war halb leer. Die einzigen anderen Zuschauer bei der Vormittagsvorstellung war eine Gruppe von Indern. Der Geruch nach gebratenen samosas und Zigaretten erfüllte die Luft.
    Mara umklammerte mit beiden Händen die Armlehnen, als der Titel über die Leinwand flimmerte. Der Film begann in den engen Gassen von Sansibar. Lillian und Peter erschienen, in schicker Kleidung, die Mara nie gesehen hatte. Sie wirkten fern und irreal, so fremd wie andere Hollywoodstars. Die erste Hälfte des Films verging in einem Nebel von Bewegung und Farbe.
    Und dann schließlich waren sie da – Maggie und Luke –, in der vertrauten Landschaft von Raynor Lodge. Sie gingen Seite an Seite über den sonnenverbrannten Hügel, warfen Steine in den Flamingo-See. Und schließlich kamen sie in der Grashütte zusammen. Sie standen dicht beieinander, und das Mondlicht schimmerte auf ihrer Haut. Sie umschlangen sich, und ihre Lippen berührten sich – zärtlich zuerst und dann immer leidenschaftlicher.
    Maras Augen füllten sich mit Tränen, und das Bild verschwamm. Im Dämmerlicht des Kinos weinte sie ungehemmt, und die Tränen liefen ihr über die
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