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Roter Hibiskus: Roman (German Edition)

Roter Hibiskus: Roman (German Edition)

Titel: Roter Hibiskus: Roman (German Edition)
Autoren: Katherine Scholes
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Augenbrauen hoch. »Was hast du ihm denn gesagt?«
    Lucie zuckte mit den Schultern. »Ich habe gesagt, du hättest lange Haare mit ein bisschen Grau darin. Dunkle Augen. Groß. Es ist schon okay. Mehr habe ich ihm nicht erzählt, weil ich mich gefragt habe, wer das wohl ist. Aber er machte einen netten Eindruck.«
    Mara schüttelte den Kopf. Wer mochte das wohl sein? Vermutlich jemand aus Hobart. Oder vielleicht ein alter Schulfreund, aus dem Norden. Tasmanien war klein …
    Aber Lucie hatte gesagt, er wäre Amerikaner gewesen. Ihr zog sich der Magen zusammen. Sie stellte das Brotkörbchen, das sie in der Hand hielt, auf einem Tisch ab.
    »Wie hat er denn ausgesehen?«, fragte sie Lucie. Ihre Stimme klang dünn und gepresst.
    Lucie blickte sie stirnrunzelnd an. »Wie du – nicht alt, nicht jung. Ich habe nicht wirklich hingeguckt, weil ich die ganze Zeit die Frau angeschaut habe, die bei ihm war. Sie war so schön. Sie hatte lange, lockige rote Haare und tolle blaue Augen.«
    »Ja, nun.« Mara zuckte mit den Schultern und versuchte, einen entspannten Eindruck zu machen. »Es ist auch nicht wichtig.«
    Erleichtert drehte Lucie sich um und betrachtete prüfend ihr Make-up in dem kleinen Spiegel, der über der Kasse an der Wand hing.
    Mara blickte auf ihre Hände, die sie so fest zusammengepresst hatte, dass die Knöchel weiß hervortraten. Ihre Gedanken überschlugen sich. Ein Amerikaner. In ihrem Alter. Der nach ihr gefragt hatte. Und eine schöne Frau mit roten Haaren und blauen Augen. Es schien unmöglich zu sein – aber wer sollte es anders sein?
    Peter.
    Er stand ihr vor Augen. Sie sah ihn in seinem alten blauen Hemd, das Gesicht von einer Seite beleuchtet, ein Lächeln auf den Lippen. Fünfundzwanzig Jahre waren vergangen, und doch sah sie das Bild so deutlich, dass es gestern hätte sein können.
    Sie holte tief Luft.
    Peter.
    Und Paula.
    Wieso waren sie hier?
    Es war keine Überraschung, sagte sich Mara. Peter war schließlich Australier. Wahrscheinlich machte er mit seiner Frau hier Ferien. Sie stellte sich vor, wie er mit ihr nach Sydney gefahren war und ihr das Haus am Bondi Beach gezeigt hatte, wo er aufgewachsen war. Es war durchaus möglich, dass sie auch einen Abstecher nach Tasmanien gemacht hatten. Das taten viele Urlauber. Und Peter hatte ja gesagt, dass er noch nie hier gewesen war.
    Aber vielleicht arbeitete er ja auch hier und drehte einen Film. Sie hatte seine Karriere nicht verfolgt. In den Jahren in der Lodge nach Johns Tod hatten Gäste gelegentlich versucht, das Gespräch auf den Schauspieler zu bringen. Und manchmal hatte auch einer etwas über einen neuen Film erzählt, in dem er mitspielte. Aber Mara hatte immer so schnell wie möglich das Thema gewechselt. Und als sie wieder in Tasmanien war, hatte sie weder in Zeitschriften noch in Filmmagazinen nach seinem Namen gesucht. Während der ganzen Zeit, seit sie jetzt wieder hier lebte, hatte sie kaum einmal ein Foto von Peter gesehen, und in seine Filme war sie nie gegangen. Sie konnte es einfach nicht ertragen. Und außerdem fühlte es sich falsch an – als ob sie in irgendeiner Weise versuchte, von ihm Besitz zu ergreifen.
    Lucie drehte sich vom Spiegel wieder zu ihr um und warf ihr einen nervösen Blick zu. »Da ist noch was. Ich glaube, ich habe gesagt, dass du heute Abend hier bist. Ich hoffe, das ist okay?«
    Mara rang sich ein Lächeln ab, um ihren Schock zu verbergen. »Ja, natürlich«, sagte sie. »Ich habe schließlich keine Feinde.«
    Lucie warf einen schuldbewussten Blick in Richtung Küche. »Sag es aber nicht Maman, bitte. Sie erwartet von mir, dass ich mich professioneller benehme.«
    »Mach dir keine Sorgen«, erwiderte Mara. Sie ergriff erneut das Brotkörbchen und beugte sich darüber, damit Lucie ihr ihren inneren Aufruhr nicht ansah.
    »Bis später.« Lucie winkte ihrer Mutter zu und ging.
    Als die Tür zufiel, lief Mara schnurstracks zu dem kleinen Servicetisch, der in der Ecke stand. Neben zusätzlichen Wasserkaraffen und Gläsern befanden sich dort die Kasse, die Bestellbücher und das altmodische Gerät für die Kreditkarten. Auf einem Metalldorn wurden die Rechnungen aufgespießt, wenn der Gast bezahlt hatte. Sie suchte sich die Rechnung heraus, auf der Crêpe Poulet du Mara und eine Flasche tasmanischer Rotwein standen. Sie riss sie vom Dorn und überflog die Liste der Gerichte, die die beiden gegessen hatten. Anschließend öffnete sie die Kasse und verglich die Endsumme, die darunter stand, mit den
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