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Roter Hibiskus: Roman (German Edition)

Roter Hibiskus: Roman (German Edition)

Titel: Roter Hibiskus: Roman (German Edition)
Autoren: Katherine Scholes
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sie.
    »Ein Sandwich«, antwortete Mara.
    »Das ist nicht genug.« Missbilligend schüttelte Chantal den Kopf, aber ihre Stimme klang sanft. Sie konnte sich gut in Maras Stimmungen einfühlen. Das lag wahrscheinlich daran, dass auch die Französin mit den Erinnerungen an ein anderes Land lebte. Chantal war vor fünfzehn Jahren aus Paris weggegangen, nach ihrer Scheidung. Sie vermisste ihre Heimat, aber sie wollte nicht dorthin zurückkehren – ebenso wenig wie Mara nach Tansania zurückkehren wollte. Sie hatten sich schon oft darüber unterhalten, dass dieses Kapitel in ihrem Leben abgeschlossen war. Aber sie kannten auch beide das Gefühl, dass das, was sie zurückgelassen hatten, manchmal stärker und klarer war als das Hier und Jetzt.
    Die ersten Gäste kamen, und Mara führte sie zu den Tischen, die dem Ofen am nächsten standen. Es waren drei Personen – zwei Frauen und ein Mann. Sie waren alle ein wenig übergewichtig und trugen bequeme, praktische Kleidung. Der Mann hatte graue Haare, und eine der Frauen hatte einen leichten Buckel; sie bewegte sich vorsichtig, als hätte sie ständig Angst zu stolpern. So wie sie sich an den Tisch setzten, ihre Handtaschen neben sich und die Brillenetuis vor sich, bewegten sie sich wie Menschen, die an der Grenze zum Alter stehen.
    Erst später, als Mara ihnen ins Gesicht blickte, während sie die Bestellung aufnahm, stellte sie fest, dass die drei höchstens Ende fünfzig waren. Noch nicht einmal zehn Jahre älter als sie. Kurz hielt sie inne, schockiert über den Gedanken. Sie kamen ihr so viel älter vor. Plötzlich wusste sie, woran das lag. Seit sie das Haus, in dem sie mit Jesse in Hobart gewohnt hatte, verkauft hatte, hatten die Leute ihr geraten, sich eine pflegeleichte Wohnung zuzulegen, auf einer Etage, gut zu erreichen. Bei dem Gedanken, was sie sich stattdessen ausgesucht hatte, musste sie unwillkürlich lächeln. Eine Holzhütte mit einer Terrasse, die absackte, Farbe, die abblätterte, und Regenrinnen, die so rostig waren, dass bei Wind Metallteilchen herumflogen. Es war ein Ort für jemanden, der in die Zukunft schaute. Mara fand den Gedanken ermutigend. Sie straffte die Schultern und hob den Kopf. Menelik fiel ihr ein, wie er neben ihr mit wehendem Gewand auf der Savanne gestanden hatte.
    Morgen ist ein neuer Tag.
    Mara trat an die Theke, um die Bestellung aufzugeben. Lucie, Chantals Tochter, war gerade aus dem privaten Bereich des Hauses aufgetaucht. Sie trug einen kurzen Rock, eine Strumpfhose und kniehohe Stiefel. Sie war stark, aber gekonnt geschminkt, und die Haare fielen ihr glatt auf die Schultern.
    »Du siehst phantastisch aus«, sagte Mara.
    »Danke.« Lucie grinste. »Ich gehe mit Andrew zum Counter Meal.«
    »Hoffentlich hast du keinen Hunger«, erwiderte Mara lächelnd.
    »Ich weiß, das Essen ist schrecklich. Aber ich muss das Beste aus meinem freien Abend machen.« Sie drehte den Kopf und ließ Mara einen Blick auf ihre Ohrringe werfen. »Sieht das gut aus?«
    »Ja. Sie sind perfekt«, erwiderte Mara. Einen Moment lang stieg Stolz in ihr auf, weil Lucie in Kleiderfragen ihren Rat einholte, obwohl sie sogar ein wenig älter war als die Mutter des Mädchens. Aber für Lucie war sie jemand mit einem glamourösen, exotischen Hintergrund – und das nur, weil sie Lucie eines Abends erzählt hatte, dass sie früher, als sie eine Touristen-Lodge in Tansania geleitet hatte, mit berühmten Leuten in Berührung gekommen war. Lucie hatte noch nie von Lillian Lane, Peter Heath oder den Miller-Brüdern gehört – zwar war ihr Film mit Preisen überhäuft worden, doch ihr Ruhm hatte nicht bis in die nächste Generation angedauert, aber sie war trotzdem sehr beeindruckt. Lucie hängte sich die Tasche über die Schulter und wandte sich zum Gehen. Sie drehte sich jedoch noch einmal zu Mara um. »Das wollte ich dir noch erzählen – gestern Abend war ein amerikanisches Paar hier. Der Mann hat das Crêpe Poulet du Mara bestellt. Er hat mich gefragt, wie das Gericht zu seinem Namen gekommen sei.«
    Mara nickte. Chantal hatte das Gericht zu Maras Geburtstag kreiert und dann auf die Speisekarte gesetzt. Die Gäste fragten häufig nach dem Ursprung des Namens.
    »Als ich ihm sagte, dass es nach unserer Kellnerin benannt ist, schien er wirklich … ich weiß nicht. Er kam mir sehr interessiert vor«, fuhr Lucie fort. »Er sagte, er kennt dich vielleicht, weil Mara ein ungewöhnlicher Name ist. Er hat mich gefragt, wie du aussiehst.«
    Mara zog überrascht die
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