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Roter Hibiskus: Roman (German Edition)

Roter Hibiskus: Roman (German Edition)

Titel: Roter Hibiskus: Roman (German Edition)
Autoren: Katherine Scholes
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Kreditkartenbelegen. Der Name des Karteninhabers stand immer in der linken oberen Ecke, und als sie den entsprechenden Beleg in der Hand hielt, starrte sie auf die Buchstaben. Peter M. Heath . Mara schluckte und studierte die Unterschrift. Sie war nur gekritzelt, kaum leserlich. Aber man erkannte das P am Anfang des Vornamens. Und das H des Nachnamens war sogar noch deutlicher.
    Als Mara den Beleg wieder in die Kasse zurücklegte, quietschte die Eingangstür. Einen Moment lang blieb sie wie erstarrt stehen, dann drehte sie sich langsam um.
    Ein junges japanisches Paar stand da und lächelte sie an. Mara nahm sich zusammen. Sie ergriff zwei Speisekarten und winkte die beiden zu einem Tisch. Sie sah ihnen an, dass sie kaum Englisch sprachen, und atmete erleichtert auf, als die Frau ein japanisch-englisches Wörterbuch aus der Tasche holte. Rasch erklärte sie ihnen in einer vereinfachten Version die Tagesgerichte und überließ sie dann dem Studium der Speisekarte. Dann kehrte sie an den kleinen Tisch zurück und schaute blicklos auf die polierte, leicht zerkratzte Oberfläche. Peter war hier gewesen. Erst gestern Abend hatte er genau hier gestanden. Und sie hatte nichts davon gewusst. Irgendwie kam es ihr falsch vor. Sie hätte doch spüren müssen, dass er wieder in ihre Welt getreten war …
    Fragen kreisten in ihrem Kopf. Würde er noch einmal ins Restaurant kommen? Oder war er schon weitergefahren? Sie hätte Lucie nach Details fragen sollen. Wie interessiert hatte er denn geklungen? Wie war sein Tonfall gewesen? Wie der Ausdruck in seinen Augen? Sie versuchte, sich einzureden, dass er nicht nur aus bloßer Neugier gefragt hatte. Die Möglichkeit, dass sie hier in Bicheno war, hatte ihn bestimmt nicht zu seiner Reise veranlasst.
    Fünfundzwanzig Jahre waren eine sehr lange Zeit.
    Die Vorspeisen für den ersten Tisch waren fertig. Mara nahm sie von der Theke und brachte sie zum Tisch. Sie bewegte sich rasch, damit die Gäste gar nicht erst auf die Idee kamen, ein Gespräch mit ihr anzufangen. Dann nahm sie die Bestellung des japanischen Paares auf. Obwohl sie mit den Gedanken ganz woanders war, beeindruckte es sie doch, wie gut die beiden die Speisekarte verstanden hatten; heute Abend bräuchte sie kein Huhn, keine Ente oder Kuh nachzuahmen.
    Sie brachte die Bestellungen zu Chantal und ging dann an das andere Ende des Lokals, an eine Tür, die zum Garten führte. Rasch lief sie über einen schmalen Pfad durch die kühle Luft zum Toilettenblock, der sich etwas entfernt vom Restaurant befand. Normalerweise genoss Mara den Weg vorbei am Lorbeerbaum und den Lavendelbüschen, aber heute hatte sie keinen Blick für die Umgebung. Auf der Damentoilette spritzte sie sich Wasser ins Gesicht, um ihre heißen Wangen zu kühlen. Sie hob den Kopf und betrachtete sich in dem kleinen Spiegel. Sogar im schwachen Licht der einzelnen Glühbirne an der Decke konnte sie die Spuren sehen, die das Alter hinterlassen hatte. Ihre Haut wirkte wettergegerbt. Sie hatte Fältchen in den Augenwinkeln und auch um den Mund. Aber ihre Wangen waren noch glatt und voll, und auch ihre Haare waren noch dunkel. Sie schloss die Augen, so dass das Bild verschwamm. So betrachtet sah sie aus wie damals. Jung, schön …
    Sie beugte sich erneut über das Becken, trank einen Schluck Wasser aus dem Hahn und wischte sich den Mund mit dem Handrücken ab. Dann fuhr sie glättend über die Haare und eilte wieder zurück zum Restaurant.
    Leise schlüpfte sie durch die Seitentür ins Lokal, trat an die Theke und stellte erleichtert fest, dass dort noch keine dampfenden Speisen standen. Als sie sah, dass die Japanerin mit dem westlichen Besteck kämpfte, lief sie rasch in die Küche, um ihr Stäbchen zu holen. Aber plötzlich blieb sie abrupt stehen. Drüben am Eingang stand eine Gestalt. Sie erstarrte. Das Herz schlug ihr bis zum Hals.
    Er war es. Sie wusste, dass er es war.
    Wie in Zeitlupe drehte sie sich zu ihm – die Minuten dehnten sich endlos. Dann blickte sie ihn an, während er einen Schritt in das hellere Licht machte.
    Wie vom Gesetz der Schwerkraft angezogen, ging sie auf ihn zu. Eine Armeslänge vor ihm blieb sie stehen und betrachtete forschend sein Gesicht. Wie sie war auch er älter geworden – seine Haare an den Schläfen waren grau, und er hatte Lachfältchen im Gesicht –, aber abgesehen von diesen oberflächlichen Veränderungen war er immer noch derselbe. Seine Kleidung war so lässig wie früher, und die Haare fielen ihm immer noch in die
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