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Roter Herbst - Kriminalroman

Roter Herbst - Kriminalroman

Titel: Roter Herbst - Kriminalroman
Autoren: Gmeiner-Verlag
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darauf senkte sich die Trage erneut. Ein zweiter regloser Körper wurde gebracht und verstaut. Mit Mühe gelang es Bichlmaier, sich aufzurichten. Er war sich nicht sicher, ob es Rune war, der da in Windeseile in den Helikopter hinaufgezogen wurde, aber in diesem Augenblick betete er, dass dem so war.
    Sekunden später hatte sich der Helikopter nach oben geschraubt und drehte ab. Eine Weile waren das Knattern der Rotoren und das Motorengeräusch zu vernehmen, dann trat wieder Stille ein.
    Die Männer, die eben noch in größter Hektik die beiden Verwundeten versorgt hatten, standen nun seltsam verloren herum. Wie Figuren auf einem riesigen Schachbrett. Keiner bewegte sich. Jeder Einzelne wartete, dass irgendjemand das Signal zum Aufbruch gab. Doch nichts passierte.
    Neben einem verkrüppelten Baum am Rande des Wäldchens nahm Bichlmaier in einiger Entfernung drei geduckte Gestalten, zwei Männer und eine Frau, wahr. Daneben einen Polizisten, der, als er hinüberstarrte, mit seltsamer Hast begann, sich seiner Schutzweste zu entledigen. Als er näher herantrat, blickte Bichlmaier auf zwei völlig verwahrloste Menschen mit verfilzten, vor Dreck starrenden Haaren und verschmierten Gesichtern, die hilflos aneinandergelehnt auf dem kalten Boden kauerten. Die Hände des Mannes waren gefesselt. Die Frau hatte einen Arm um ihn gelegt und streichelte immer wieder über seine Haare, dabei richtete sie ihre Blicke hinaus aufs Moor. Daneben stand Martin. Er war in die Knie gegangen und wippte leicht hin und her.
    »Swetlana?«, fragte Bichlmaier.
    Sie blickte durch ihn hindurch, schien ihn nicht wahrzunehmen. Der Mann neben ihr hob jedoch den Kopf und richtete seine Augen auf Bichlmaier.
    »Ich bin der Hüter«, murmelte er. »Ich …«
    Bichlmaier nickte. »Es ist vorbei. Jetzt ist es vorbei«, sagte er.

31
    Er wurde von einem Geräusch wach und schreckte hoch. Im Zimmer war Licht, und als er auf den Radiowecker neben seinem Bett sah, wurde ihm klar, dass er mehr als 14 Stunden geschlafen hatte.
    Es spielte keine Rolle. Es gab niemanden, der auf ihn wartete, der etwas von ihm wollte, nichts, was er erledigen musste. Er hatte Zeit. Jetzt galt es nur noch, Abschied zu nehmen. Abschied von Amanda und Rune, von Romy und vor allem der eigenen Vergangenheit.

    Im Krankenhaus wurde gerade das Abendessen verteilt, niemand hatte etwas dagegen, dass er außerhalb der offiziellen Besuchszeiten zu einer Krankenvisite kam. Offensichtlich hatte sich herumgesprochen, wer er war. Die Schwestern lächelten ihn freundlich und ein bisschen neugierig an und führten ihn zu Amandas Zimmer.
    Man hatte ihr am gestrigen Nachmittag die Kugel aus der Brust entfernt und wie es schien, befand sie sich, obwohl sie viel Blut verloren hatte, bereits auf dem Weg der Besserung. Trotzdem sah sie in ihrem weißen Nachthemd ganz klein und mitgenommen aus. Selbst von ihrer imposanten Oberweite war nur mehr wenig zu erkennen.
    »Ich bin froh, dass es dir gut geht«, sagte er. Er wusste, wie banal das klang, aber es war genau das, was er in dem Augenblick empfand.
    »Weißt du, dass Berger tot ist?«, fragte er dann.
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Johnson hat ihn erschossen.«
    »Einfach so?« Sie blickte ihn ungläubig an.
    »In Notwehr. Berger hatte eine Waffe …«
    »Und was denkst du darüber?«
    Bichlmaier zuckte mit den Schultern. »Vielleicht ist es besser so, wer weiß.«
    »Berger ist also tot … aber Hartmuts Mörder haben wir nicht gefasst, oder? Keine Gerechtigkeit für unsere Moorleiche und den Mann in München …«
    Bichlmaier war nicht verwundert, dass sie enttäuscht war, ihm erging es selbst nicht anders. »Es gibt keine Gerechtigkeit. Damit müssen wir zurechtkommen. Und du hast recht, auch die Sache in München wird wohl nie genau geklärt werden.«
    Sie blickte ihn zweifelnd an. »Denkst du, wir werden je herausfinden, wo sich Hartmut Urbach aufgehalten hat, bevor er getötet wurde?«
    »Auch das ist nicht sehr wahrscheinlich«, meinte Bichlmaier nachdenklich. »Im Grunde ist es ja auch nicht wichtig.«
    Sie nickte. »Hat Berger auf mich geschossen? War er das?«
    »Nein. Geschossen hat der Mann, der all die Jahre bei Swetlana gelebt hat, ihr Sohn, den sie im Moor zur Welt gebracht hat. Die Frucht ihrer Vergewaltiger. Er ist der Hüter, von dem Christa Berger gesprochen hat. Und wahrscheinlich ist er auch Bergers Sohn, aber das ist bislang nur eine Vermutung. Berger hat ihn auf jeden Fall zum Hüter ernannt, als er sich zu alt gefühlt hat,
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