Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rosskur: Ein Allgäu-Krimi

Rosskur: Ein Allgäu-Krimi

Titel: Rosskur: Ein Allgäu-Krimi
Autoren: Jürgen Seibold
Vom Netzwerk:
Ställen. Sie sah sich um, im Moment war niemand zu sehen. Dann ging alles ganz schnell. Der unbekannte Mann schoss auf einem braunen Pferd im gestreckten Galopp aus dem Stall, überquerte den Hof ein paar Meter von ihr entfernt und hielt auf den Waldrand zu.
    »Dawai, Jurij!«, rief er dabei und schlug dem Hengst mit der flachen Hand auf die Flanke, um es noch weiter anzutreiben.
    Kurz nach ihm kam auch Koller aus dem Stall geritten, aber er hatte wohl ein weniger schnelles Tier erwischt und fiel schnell zurück. Sabine Altmahr rannte den beiden hinterher, auch wenn es aussichtslos war: Zu Fuß würde sie den Mann niemals erreichen können.
    Da schnellte ein buschiger Zweig aus dem Waldrand und wischte den Unbekannten mit einem lauten Klatschen vom Pferd. Er rollte sich geschickt ab und zog schon im Aufstehen eine Waffe. Koller hatte den Mann nun fast erreicht, und auch Sabine Altmahr hatte sich ihm auf etwa fünfzig Meter genähert.
    Der Unbekannte zielte abwechselnd auf Koller und Altmahr, dann forderte er Koller auf, vom Pferd zu steigen. Wenig später standen sie mit erhobenen Armen da, und der Unbekannte hielt mit der linken Hand die Zügel von Kollers Pferd und zielte mit der rechten auf Kollers Kopf.
    »So, die Cherrschaften: Wie ihr seht, chat das nicht so ganz geklappt mit der Verfolgung. Macht keinen Blödsinn, verstanden? Und jetzt geht ihr beide ganz langsam …«
    Weiter kam er nicht.
    Der Faustschlag entwaffnete ihn, und der Tritt ließ ihn so schnell auf den Boden plumpsen, dass er nicht einmal eine überraschte Miene machen konnte, ehe er mit den Knien auf dem Gras aufschlug. Hinter ihm stand Hanna Fischer und sah mit zornfunkelnden Augen auf den Unbekannten, der mit dem Rücken zu ihr im Gras kniete und sich die Hand hielt.
    Koller war sofort herbeigesprungen und hatte die Waffe des Mannes aufgehoben, mit der er ihn nun bedrohte.
    »Aufstehen!«, kommandierte er.
    Der andere sah ihn verächtlich grinsend an, erhob sich aber, wenn auch sehr langsam. Breitbeinig stand er vor Koller und sah sich um, als suchte er einen Ausweg aus dieser Situation. Plötzlich fuhr er herum, wollte die hinter ihm stehende Hanna Fischer packen, doch die trat geistesgegenwärtig einen Schritt zurück. Der Griff des Unbekannten ging ins Leere, und mit einem linken Haken und einer rechten Geraden schickte Hanna Fischer den Mann endgültig zu Boden.
    »Sauber, Kollegin«, sagte Koller, »und das mit dem Ast waren Sie auch?«
    Sie nickte, und er drückte ihr zum Dank die Hand. Während er übers Handy einen Streifenwagen anforderte, der Lara Ruff und den unbekannten Mann zur Kripo nach Kempten bringen sollte, bekam Sabine Altmahr ihr Zittern allmählich wieder in den Griff.
    Lara Ruff saß wie versteinert auf der Rückbank des Streifenwagens und starrte ins Leere. Von hier aus konnte sie den fremden Mann nicht sehen, der inzwischen schwer benommen am Vorderrad eines der Zivilwagen lehnte. Ein uniformierter Beamter behielt Lara im Auge, die anderen standen im Halbkreis um den Unbekannten herum.
    »Jetzt verraten Sie Ihren Namen und warum Sie sofort abhauen wollten, als Sie uns gesehen haben!«
    Koller herrschte den Mann an, aber der sah nur aus trüben Augen zu ihm hoch, während er sich ab und zu Kinn und Wangenknochen rieb.
    »Vor allem wollen wir wissen, was Sie mit unserem Chef angestellt haben. Wo ist Herr Hansen?«
    Ein leichtes Grinsen schlich sich auf das ramponierte Gesicht des Unbekannten.
    »Soll ich ihn fragen?«, schlug Hanna Fischer vor und machte einen kleinen Schritt auf ihn zu. Sofort gingen beide Hände abwehrend nach oben, und das Grinsen verschwand.
    »Darf die das?«, fragte er schließlich.
    »Was meinen Sie?«, konterte Koller.
    »Darf die mich einfach schlagen?«
    »Ach, sie hat Sie geschlagen? Hab ich nicht mitbekommen, tut mir leid.«
    Der Mann sah wütend zwischen Fischer und Koller hin und her. »Ach, so ist das! Und ihr chaltet euch für besser als die russische Polizei?«
    Er spuckte den Beamten vor die Füße, aber schon diese kleine Anspannung der Lippen schien ihm Schmerzen zu bereiten.
    »Wir wissen nicht viel von der russischen Polizei, sicher weniger als Sie. Aber wenn Sie schon Erfahrungen mit unseren russischen Kollegen gesammelt haben und wenn Sie ein Pferd mit ›Dawai‹ antreiben – dann nehme ich an, Sie sind Russe?«
    Keine Antwort.
    »Gut«, fuhr Koller fort, »Sie sind also Russe, damit sind Sie Landsmann von Frau Ruff und …«
    »Ruff? Ich will diesen Scheißnamen nicht mehr
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher