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Rosen für Apoll

Rosen für Apoll

Titel: Rosen für Apoll
Autoren: Joachim Fernau
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langes Für und Wider; Apoll, dem seinerzeit das Paris-Urteil viel Spaß gemacht hat, ist sowieso auf seiten Trojas; Athene, die ernste, die jungfräuliche, erinnert sich, wie sie damals mit Hera einem Schulmädchen gleich vor Paris stehen und erleben mußte, daß er Aphrodite den Apfel reichte. Sie hält zu den Griechen. Wie sie da alle im Olymp herumstehen und auf das Erscheinen von Zeus harren, sind Kräfte versammelt, die die Welt aus den Angeln heben könnten. Dennoch treten sie geduldig von einem Bein aufs andere und warten. Endlich tritt der »Herrscher im Donnergewölk«, der »Wolkenversammler«, der »Ordner der Welt«, der Kronos-Sohn Zeus ein. Er geht — denn jetzt soll gespeist werden — zu seinem erhöhten Sitz, und sofort redet ihn seine Frau Hera an, genau in der Art, in der Frauen zu sprechen pflegen, die einflußreich und mächtig, aber der Gunst des Ehemannes nicht mehr ganz sicher sind: vorsichtig-forsch.

    Wer hat, Schlauer, mit dir schon wieder heimlich einmal geratschlagt?
    Merkwürdig, wie es dich freut, von mir hinweg dich entfernend,
    heimlich ersonnenen Plan zu genehmigen! Hast du doch niemals
    mir willfährigen Geistes ein Wort gesagt, was du denkest!

    Würdest du mich freundlicherweise in Ruhe lassen, brummt Zeus, worauf Hera hoheitsvoll blickt und genau wie ein Menschenkind tiefbeleidigt den Vorwurf zurückweist:
    Welch ein Wort, Kronion, Schrecklicher, hast du geredet!
    Nie doch hab ich zuvor gefragt oder mich je erkundigt! Gänzlich in Ruhe doch kannst du beschließen, was stets dir genehm ist.
    Doch ich sorge mich eben und...

    Vertraute Worte aus einer Zeit vor 3 000 Jahren. Die Antwort von Zeus würde heute jeder Psychologe genauso formulieren:

    Immer hast du deine Vermutungen, immer belauerst du mich!
    Doch nicht dient es dir im geringsten, sondern entfernter wirst du im Herzen mir stets, was du noch einmal bereun wirst.

    Hera erschrickt und schweigt. Die Stimmung ist gedrückt. Alle stochern lustlos in den Speisen herum. Da steht Hephästos auf, der hinkende Gott des Feuers, der »kunstfertige«, der Schmied göttlicher Waffen, der häßliche, ewig verlachte Sohn der Hera, oft betrogener Gatte der Liebesgöttin Aphrodite. Er reicht seiner Mutter einen großen Becher Nektar und tröstet sie. Dann rennt er mit der vollen Kanne hinkend, schwatzend, lachend, scherzend zu Zeus, zu Apoll, zu Athene, zu Ares (dem Kriegsgott), zu allen, immer wieder einschenkend (»rechts herum« betont Homer!) und Späße machend, und bald sind die Himmlischen wieder so sorglos fröhlich, daß

    unermeßliches Lachen erscholl aus dem Munde der Götter,
    wenn sie bloß sahn, wie Hephästos in emsigem Hinken umherging.

    Das ist das berühmte »Homerische Gelächter«!
    Ich ahne, daß Sie enttäuscht sind. Aber mehr steckt nicht dahinter. Das Homerische Gelächter erschallt noch ein paarmal, niemals ist der Anlaß erhabener. Es tut mir leid, Ihnen nicht mehr bieten zu können. Daß es so berühmt wurde, daran sind die Stuchenräte schuld und die Maler des vorigen Jahrhunderts, die das Thema oft gemalt haben.
    In Wahrheit ist diese Szene jedoch ungeheuerlich! Homer ist der Mann, der zum erstenmal in der Welt seinen Gott schallend lachen läßt! Damit schuf er den Griechen ein für allemal ihren fröhlichen Himmel.

    Von nun an, meine verehrten Leser, muß ich Sie Ihrem Schicksal überlassen; ich kann Homer nicht weiter kommentieren, weil, wie ich sehe, sonst eine neue 27 000zeilige Ilias und Odyssee entstünde. Ich zähle Ihnen nun die Ereignisse in wenigen Sätzen auf:
    Die Ilias berichtet von nur 49 Tagen aus dem zehnten, dem letzten Jahr der Belagerung Trojas. Zeus hat beschlossen, Agamemnon einen Denkzettel zu erteilen. Die Trojaner greifen an und stürmen bis zu den Schiffen der Griechen vor. In der höchsten Not erlaubt Achill seinem Freund Patroklos, mit seiner Myrmidonen-Schar einzugreifen. Die Trojaner werden zurückgeschlagen, aber Patroklos fällt von der Hand Hektors, des trojanischen Königssohnes und Heerführers (Bruder des Paris). Im Schmerz um den geliebten toten Freund gibt Achill jetzt seinen Schwur auf und greift zu den Waffen. Er sucht Hektor, entdeckt ihn im Kampfgetümmel, jagt ihn dreimal um die Mauern Trojas, stellt ihn endlich und ersticht ihn im Zweikampf. Den Leichnam schleift er mit dem Streitwagen vor den entsetzten Augen des alten Trojakönigs Priamos um die Stadt. Er will ihn den Hunden und Geiern hinwerfen, läßt sich aber durch Priamos, der den schweren Bittgang zu
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