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Rosen für Apoll

Rosen für Apoll

Titel: Rosen für Apoll
Autoren: Joachim Fernau
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»dunklen Schiffe« gelegen, auf denen sich Apoll niederließ, um die Pest unter die Griechen zu schießen.
    1876 fuhr Schliemann, getreu den Weisungen Homers, auf der Route Agamemnons zur Argolis auf das griechische Festland zurück, »heim«, wie es der König getan haben sollte. In der Argolis standen mancherlei Burgruinen, leer, kahl, längst durchforscht, Sand, Geröll, zyklopische Mauerreste, die nichts mehr verrieten: keinen Namen, kein Leben, keine Zeit.
    Schliemann setzte in Mykene den Spaten an — und grub die alten Könige aus. Da lagen sie, mit goldenen Masken auf den Gesichtern, und einer von ihnen war vielleicht Agamemnon.
    Auf Mykene folgte Tiryns, auf Tiryns Orchomenos, dann Ithaka, Amyklai und schließlich Kreta. Die Steine brachen ihr Schweigen, die Erde verriet endlich ihr Geheimnis. Das war der Triumph des Glaubens an Homer. Es ging so weit, daß man in der sogenannten 4. mykenischen Schachtgrube das genaue Gegenstück zu dem in der Ilias beschriebenen »Becher des Nestor« fand. Die Menschen, von denen Homer sang, waren also die Söhne und Enkel der Kreta-Zerstörer. Nun kannten wir sie, die Herren von Mykene, Ithaka und Amyklai: heroisch, wild, ohne Mitleid, maßlos, ruhm-manisch, gierig nach allem Glitzernden, hochfahrend, vor Wut weinend, in einem zornigen Bittverhältnis zu den Göttern, Arbeit verachtend, Krieger durch und durch, verfressen, aber hart, mit unendlichem Vergnügen am Schimpfen und Lachen, Höhnen und Witzeln. Menschen des Augenblicks, ohne Sinn für die Vergangenheit, ohne Ahnung von einer geschichtlichen Zukunft. Die Untertanen, das Volk, weit verstreut, lebte wahrscheinlich ziemlich sorglos und ohne Bedrückung in einfachen Hütten; die Fürsten in befestigten Höfen, vor denen noch die Misthaufen der Stallungen lagen; die »Könige« in Burgen. Mykene hatte jedoch keine Ähnlichkeit mit einer romantischen Ritterburg, Mykene und ebenso Tiryns waren Kasematten.
    Und sie schmausten im schattigen Megaron, sagt Homer und denkt dabei an seine eigene, fortgeschrittene Zeit um 900. In Mykene war der schattige »Megaron« (der Rittersaal) ein bombensicherer, düsterer Bunker, in dessen Mitte ein Feuer brannte, an dem die immerwährenden Fressalien gebraten wurden, das Fleisch von Rindern, Schweinen, Schafen, Hasen, Wildenten, Gänsen und Bären (Fische waren ein Arme-Leute-Essen).
    Die ständigen Kumpane dieser Gelage waren die Hunde. Sie sind für immer die Lieblinge und Freunde der Griechen geblieben, Jagdgenossen, Begleiter in den Kampf, Spielgefährten der Kinder. In Mykene hielt man nicht den Spitz, wie in Troja und Kreta, sondern den »Molosser«, eine riesige Dogge.
    So saßen die Helden mit ihren Vierbeinern zusammen, hatten die goldenen Schüsseln vor sich, die sie in Kreta und Troja gestohlen hatten, klönten und ließen sich von fahrenden Sängern die eigenen Taten und die neuesten Nachrichten der anderen zur Kithara oder Harfe Vorsingen. Dann wurde ein bißchen der Streitwagen angeschirrt (Kreta kannte ihn nicht, er erscheint auf einem Grabrelief in Mykene zum erstenmal!) oder ein kleines Faustkämpfchen veranstaltet oder ein Bogenschießen oder ein Wettlauf, und wenn es ein festlicher Anlaß war, machte das ganze Getümmel des Volkes mit (vielleicht hundert Männer, Jünglinge und Hunde). Es wurde getanzt und Ball gespielt,

    und sie nahmen sogleich den schönen Ball in die Hände,
    welchen Polybos kunstvoll aus purpurner Wolle gewirket.
    Einer schleuderte diesen empor zu den schattigen Wolken,
    rückwärts wie eine Sehne gespannt. Der andere sprang hoch von der Erde,
    sprang und fing ihn behende, eh’ sein Fuß den Boden berührte.
    Andere klappten dazu im Kreise, es stieg ein lautes Getös auf.

    Homer beschreibt es wie eine Vogelwiese, und es ist wahrscheinlich, daß auf dies und nichts anderes der Ursprung der Olympischen Spiele zurückgeht.
    Jedoch warne ich Sie, diese Menschen zu primitiv zu sehen; sie hatten die Neugierde und die Aufnahmefähigkeit junger Völker! Und sie waren gerissen. Die Mykener bereits sind es gewesen, die die Eroberung der kleinasiatischen Küste, an der ja auch Troja lag, versuchten und, als das zunächst nicht gelang, überall Faktoreien anlegten und mit den Hethitern herumschacherten. An diese Seefahrten und Kämpfe, das ist klar, erinnert sich auch Homers Ilias.
    »Nicht die Spur!« höre ich hier die Gräzisten aufschreien. Ach, meine Freunde, lassen Sie sich sagen, es soll schon wieder alles nicht wahr sein! Die Argumente der Herren
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