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Room 27 - Zur falschen Zeit am falschen Ort

Room 27 - Zur falschen Zeit am falschen Ort

Titel: Room 27 - Zur falschen Zeit am falschen Ort
Autoren: Mirjam Mous
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klappe mein Handy auf.
    »Ho, halt!« Perez zieht mir das Telefon aus der Hand. »Erklärst du, dass dies dein Handy ist?«
    Ich nicke heftig. »Ganz bestimmt.«
    Warum wirft er Barbalala jetzt einen Blick zu, als hätte er gerade ein Tor geschossen?
    »Überprüfen Sie die Nachrichten ruhig«, sage ich. »Ich habe nichts verschickt.«
    Perez Daumen gleitet über ein paar Tasten. »Ach nein?« Er hält mir das Handy hin, damit ich das Display lesen kann.
    Die Buchstaben hüpfen vor meinen Augen. Ich lese die Nachricht und dann noch einmal und noch einmal, als würde sie sich verändern, oder noch besser: verschwinden, wenn ich sie nur oft genug läse. Aber der Text bleibt genauso schwarz und eindringlich vorhanden wie die Tinte an meinen Fingern.
    Da steht:
    SHIT, VAL. ICH GLAUBE, ICH HABE EINE FRAU UMGEBRACHT.

8
    Zeit: drei Wochen und einen Tag früher
Ort: der Bahnhof von Serona – Spanien
    Meine Fahrkarte ging bis Serona, einem mittelgroßen Bahnhof mit verschiedenen kleinen Geschäften wie einer Blumenhandlung, einem Schokoladengeschäft und einem Bäcker. Ich stieg aus und kaufte im Zeitungs- und Zeitschriftenkiosk einen Sprachführer. Ich nahm auch gleich eine Karte von Spanien mit. Meine Geografiekenntnisse reichten gerade mal bis Barcelona und Madrid und es schien mir sinnvoll, doch eine Art Strecke auszutüfteln. Am liebsten in Gesellschaft einer Cola und eines Brötchens.
    Als ich das Bahnhofsrestaurant betrat, musste ich an den Film James und der Riesenpfirsich denken. Nur, dass ich nicht in einem Riesenpfirsich landete, sondern in einer gigantischen Obsttorte. Die Wände waren zuckergussrosa, die Tische rot und die Stühle und Bänke sahneweiß. Ich gab meine Bestellung bei einem pickeligen Jungen auf und setzte mich an den letzten freien Tisch. Für Landkarten war der nicht berechnet. Ich musste sie viermal falten, bevor ich sie benutzen konnte, ohne mein Glas umzuwerfen oder der Frau am Nebentisch ein Auge auszustechen. Ich suchte Serona und dachte über die verschiedenen Möglichkeiten nach.
    Laut Martijn war das Landesinnere – nach den Pyrenäen – der spektakulärste Teil von Spanien, aber in den Sommermonaten auch brüllend heiß. Außerdem fragte ich mich, wie es um den öffentlichen Nahverkehr bestellt sein würde. Bescheiden, tippte ich. Dann wäre ich davon abhängig, wie oft ich als Anhalter mitgenommen werden würde.
    Nein, ich sollte mich lieber für eine Strecke an der Küste entlang entscheiden. In Badeorten war immer was los und die Chance, dass ich dann andere Backpacker treffen würde, schien mir größer. Auf der anderen Seite… ich hatte natürlich auch keine Lust, die ganze Zeit vielleicht nur zwischen meinen Landsleuten zu hocken. Dann hätte ich genauso gut nach Hause fliegen können.
    Ich steckte den letzten Bissen Brot in den Mund und wischte die Krümel von der Karte. Die Frau neben mir lächelte. Ich nutzte die Gelegenheit sofort. »Könnten Sie vielleicht kurz auf meine Tasche achten? Ich muss zur Toilette.«
    Sie verstand kein Englisch, aber als ich auf meinen Rucksack und das Schild SERVICIOS wies, verstand sie, was ich meinte, und nickte.
    Ich kam an der Bar vorbei, an der ein paar Männer ihren Kaffee im Stehen tranken. Ein hübsches Mädchen redete mit dem pickeligen Jungen. Sie trug Shorts und Cowboystiefel. Ich musterte so lange und unauffällig wie möglich ihre braunen Beine, bevor ich im Toilettenraum verschwand.
    Ich ging zum WC, wusch mir die Hände und wollte wieder zu meinem Tischchen. Plötzlich war sie da, wie ein Blitz aus heiterem Himmel: das Mädchen mit den Cowboystiefeln. Ich konnte ihr nicht mehr ausweichen und spürte etwas Warmes und Fettiges an meiner Schulter.
    »Disculpe!«, rief sie.
    »Macht nichts«, sagte ich auf Englisch. »Kann jedem passieren.«
    Sie sah mir ins Gesicht. Ihre Augen waren grün, was fantastisch zu ihren halblangen dunklen Haaren passte. Ich spürte etwas kribbeln rund um meinen Nabel.
    »Du bist völlig verschmiert mit Ketchup«, sagte sie, zu meiner Freude auch auf Englisch. »Entschuldige! Ich war auf der Suche nach einem freien Tisch und habe nicht auf den Weg geachtet.«
    Ich wusste nicht, woher ich den Mut nahm, aber plötzlich fasste ich sie am Ellenbogen. »Du kannst dich gern zu mir setzen.«
    »Warte. Erst schnell…« Sie fischte eine Serviette aus dem Halter auf der Bar und versuchte, den blutroten Fleck auf meinem T-Shirt abzutupfen.
    Nachdem sie eine Zeit auf mir herumgeklopft hatte, fühlte ich mich
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