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Ronin. Das Buch der Vergeltung (German Edition)

Ronin. Das Buch der Vergeltung (German Edition)

Titel: Ronin. Das Buch der Vergeltung (German Edition)
Autoren: David Kirk
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Männer, die stattdessen hätten Speere tragen und in der Schlacht mitkämpfen können.
    Der Nakata-Clan war eingetroffen.
    Unter Munisais linker Schulter pochte ein dumpfer Schmerz, den er fast verdrängt hatte; der Anblick der Sänfte aber ließ ihn wieder auflodern. Er würde das bunte Ding aufsuchen müssen, würde sich dort vor Männern, die er hasste, verneigen und demütigen müssen, und dieser Gedanke erfüllte ihn mit Abscheu.
    Doch die Nakata waren nun einmal Verbündete seines Herrn, Fürst Shinmen, und daher musste er es erdulden. Das war seine Pflicht, das wusste er, und Pflicht bedeutete Ablenkung. Pflicht bedeutete, dass er die Wunden in seinem Fleisch und seinem Herzen vorübergehend vergessen konnte.
    Noch einmal schaute er sich um. Krieger, die es noch vermochten, verneigten sich vor ihm, als sein Blick sie streifte. Die Heiler mit ihren schwitzenden Kahlköpfen waren zu beschäftigt, um ihn zu beachten. Schweigend nahm er sich aus einer hölzernen Truhe einige Verbände und ein kleines Kuvert mit etwas, das nach Heilsalbe roch, und ließ die anderen dann bei der Pflege ihres makabren wie ruhmreichen Gartens allein.

    Auf dem Weg zur Sänfte ertappte sich Munisai dabei, dass er Dinge befahl, die keines Befehls bedurften, und Sachen beaufsichtigte, die bestens ohne seine Aufsicht ausgekommen wären. Er konnte es nicht ewig aufschieben. Dennoch blieb er, dort angelangt, noch eine Weile vor der Sänfte stehen. Die Nacht senkte sich bereits herab, und die burgunderrote Seide leuchtete von den dahinter brennenden Laternen. Ein tragbarer Palast, herbeigebracht, um über einen Ort zu herrschen, für dessen Eroberung andere Männer gekämpft und ihr Leben gelassen hatten. Munisai zwang sich, den finsteren Blick abzulegen, und schritt geduckt durch den Vorhang.
    Drinnen schlug ihm Weihrauchduft entgegen, der offenbar den Gestank des Schlachtfelds überdecken sollte. Munisai blieb im Halbdunkel des Eingangs stehen und blickte sich um.
    Alles dort bestand aus Seide oder lackiertem, mit Blattgold beschlagenem Holz. Solange sie getragen wurde, bot die Sänfte einem halben Dutzend Passagieren Platz, die bequem darin sitzen konnten. Nach der Ankunft hatte man die verborgenen Wände ausgeklappt und Vorhänge ausgerollt, und nun war der Raum so groß, dass Fürst Shinmen und die Nakata darin auf einem niedrigen Podium sitzen konnten, während Leibwächter und Höflinge beider Clans in mehreren Reihen rings um sie knieten. Im Hintergrund zupfte eine Frau auf einer Koto-Zither eine sanfte, aber muntere Weise.
    Fürst Shinmens Verletzung war auf eine Art behandelt worden, von der Munisai nicht wusste, wie er sie hätte schildern sollen, ohne schlecht von seinem Herrn zu sprechen. Der Bluterguss des Pfeiltreffers rechtfertigte nicht einmal eine Armschlinge, doch nun war der linke Arm sogar fest vor den komplett einbandagierten Oberkörper gebunden, und der Fürst gab sich den Anschein, als könne er nur mit Mühe das Sake-Schälchen zum Mund führen.
    Zwei der Nakata saßen bei ihm. Beide trugen prächtige burgunderrote Kimonos mit Silberstickereien. Shinmen am nächsten saß der alte Fürst Nakata, ein untersetzter Greis mit einem runden, wächsernen Gesicht und Augen, die ständig nach irgendetwas zu schielen schienen. Scherzhaft erzählte man sich, er behalte stets auch noch die letzte Münze im Raum im Blick, so sehr bange er um sein Geld.
    In dem anderen Mann erkannte Munisai Nakatas ältesten Sohn und Erben Hayato. Er war es, der den Weihrauch verbrannte: Träge steckte er ein Stäbchen nach dem anderen in eine mit Sand gefüllte Schale. Er ähnelte seinem Vater kaum, sondern war ein schlanker Mann mit langem Gesicht. Seine großen Augen blickten trüb, als hätte der Weihrauch ihn gänzlich in seiner Gewalt.
    Und wirklich schien Hayato außer dem Rauch nichts wahrzunehmen. Er hörte nicht zu, was sein Vater und Shinmen sprachen. Wie es die Etikette verlangte, hatten die beiden Fürsten ein unverfängliches Thema gewählt.
    «Man sagt, die Schlacht sei groß gewesen und der Feind habe sich wie eine Woge aus Dreck und Geschmeiß am Fels Eurer tapferen Männer gebrochen, Fürst Shinmen», sagte der alte Nakata und schielte dabei hin und her.
    «In der Tat, Hoheit. Man darf annehmen, dass dieser Tag noch ihre fernsten Nachfahren in Albträumen heimsuchen wird», erwiderte Shinmen.
    «Wohl wahr, wohl wahr. Wenn dabei selbst ein Fürst wie Ihr so schwer verwundet wurde. Wäre es unhöflich, sich nach dem Kampf zu
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