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Rolf Torring 128 - Old Mutton

Rolf Torring 128 - Old Mutton

Titel: Rolf Torring 128 - Old Mutton
Autoren: Hans Warren
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konnten sie nicht mehr hinaus und mußten sich auf Gnade und Ungnade ergeben, wenn sie es nicht vorzogen, sich aus sicherer Deckung abknallen zu lassen — anders kann man das Gemetzel, das damals hier und auch anderswo stattgefunden hat, nicht nennen. Die Weißen kamen ganz ohne Verluste davon. Da der Talkessel dicht bewachsen ist, konnten sich die Indianer aber oft sehr lange in ihm halten.  
      Die Gefallenen wurden später von Stammesbrüdern in einer tiefen Höhle der Schlucht beigesetzt. Seitdem heißt die Schlucht das ,Indianergrab'. Weiter oben auf der Höhe steht jetzt ein Blockhaus, das sich ein Fallensteller erbaut hat. Wenn wir Glück haben, treffen wir ihn an."  
      „Die Schlucht wollen Sie jetzt, wenn ich Ihre Worte richtig deute, auch zur Überlistung Dolbers und seiner Leute benutzen?" fragte Rolf.  
      Old Mutton bejahte. Old Fool war mit den vier Indianern ein Stück voraus geritten. Während wir trabten und die Tiere nicht überanstrengten, erzählte ich Old Mutton eine Menge aus unserem Leben als Weltenbummler. Er bedauerte sehr, daß er es nicht ebenso gemacht hatte wie wir.  
      „Ich bin jetzt fast sechzig Jahre alt, meine Herren," sagte er. „Mit achtzehn Jahren lernte ich den Westen kennen und nahm noch an einer ganzen Reihe von Kämpfen zwischen Weißen und Indianern teil. Mir persönlich tut es leid, daß die Indianer jetzt im Aussterben sind. Die Weißen haben ihnen so ziemlich alles geraubt, was sie besaßen, Weidegründe und Büffelherden, Goldvorkommen und Bergschluchten, und betrachten sie teilweise heute noch als ,wilde' Menschen, nur weil sie sich nicht von ihrem Grund und Boden vertreiben lassen wollten. Es ist immer die alte Geschichte: der Stärkere darf sich alles erlauben."  
      Wir nickten. Nach einer Weile fragte Rolf: „Wann werden wir am ,Indianergrab' sein?"  
    „ Noch vor dem Abend?" fügte ich hinzu.
    „ Nein, erst zwei Stunden nach Sonnenuntergang. Das ist mir übrigens sehr angenehm, denn meiner Schätzung nach sind Dolber mit seinen Leuten und die Dakotas schon dort. Wenn sie schlau sind, betreten sie die Schlucht nicht oder stellen Wachen aus. Es kann aber sein, daß sie unsere Ankunft nicht oder nicht so bald vermuten und unvorsichtig sind."  
      „Hat der Fallensteller von weißen Gaunern und Rothäuten nichts zu befürchten, Old Mutton?"  
      Der alte Westmann lachte:  
      «Jim Parker fürchtet sich vor keinem Menschen. Mit den Indianern hat er sich übrigens immer gut gestanden."  
      „Könnten die Dakotas nicht gegen ihn aufgehetzt werden?"  
      „Nie und nimmer, meine Herren! Jim gilt bei den Rothäuten als ein weiser Mann, als ein Zauberer, wenn Sie so wollen. Oft lag vor seiner Blockhütte morgens ein frisch geschossener Rehbock, oft fand er Obst und Gemüse und andere Gaben, die die Indianer ihm brachten. Seitdem die Rothäute sesshaft geworden sind, treiben sie — wenn auch nur für den eigenen Bedarf — eifrig Obst- und Gemüsebau, so weit sich der Boden dafür eignet. Das ist eine Tatsache, die man in anderen Staaten der USA und sicher auch in Europa meist nicht weiß. Die Gaben brachten ihm die Indianer, weil sie Wert darauf legen, mit Jim" Parker in Frieden und Freundschaft zu leben."  
      „Umgibt diesen Jim ein besonderes Geheimnis, das ihm einen so großen Nimbus verleiht, Old Mutton?"  
      „Jim war früher Artist, Illusionist an großen Varietebühnen, bis es ihn eines Tages nach dem Westen zog. Er erschien vor etwa zwanzig Jahren direkt in einem Indianerlager. Die Rothäute wollten ihn festnehmen, da er ein Eindringling war. Jim Parker holte aus den Satteltaschen ein paar Requisiten und — zauberte den Indianern etwas vor. Das machte ihn bekannt und sogar berühmt. Er erreichte jedenfalls seinen Zweck: die Rothäute ließen ihn damals und lassen ihn heute noch in Ruhe. Daß sie wirklich an seine Zaubergabe glauben, will ich damit nicht sagen. Aber eine Atmosphäre umgibt Jim, die ihn unantastbar erscheinen läßt. Seit vielen Jahren haust er in seiner Blockhütte und hat nie einen Freund besessen. Kommt man zu ihm, freut er sich, geht man wieder, weint er einem keine Träne nach. Er ist ein Original. Wer weiß, was ihn aus der eigentlichen Bahn seines Lebens geworfen hat. Der Westen ist das riesige Sammelbecken für alle möglichen Existenzen. Von den kleinen Städten mit ihrem Klatsch- und Krämergeist unterscheidet er sich dadurch vorteilhaft, daß kein Mensch nach seiner Vergangenheit und nach seinen
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