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Rolf Torring 098 - Indische Märchen

Rolf Torring 098 - Indische Märchen

Titel: Rolf Torring 098 - Indische Märchen
Autoren: Hans Warren
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einer dem andern auf die Schultern steigen können, aber der Polsterboden unter uns war so weich und so gut gefedert, daß der Untermann keinen sicheren Stand gehabt hätte.  
      So schaltete ich schließlich meine Lampe wieder aus. Stumm saßen wir im Dunkeln und warteten der Dinge, die da kommen sollten.  
      Nach meiner Berechnung mußte wieder über eine Stunde vergangen sein, als wir über uns einen leichten Schritt hörten.  
      „Das ist Pongo!" flüsterte ich leise. „Wir müssen ihn war ..." Weiter kam ich nicht.  
      Die Fallklappe hatte sich wieder geöffnet. Neben uns fiel ein Körper auf die Polster.  
      Ich schaltete sofort die Lampe wieder ein. Im Lichtkegel lag Pongos verdutztes Gesicht.  
      „Massers, Pongo warten, dann über Mauer steigen und Massers suchen."  
      „Und finden!" lachte Rolf.  
      „Vielleicht findet Pongo einen sicheren Halt, daß wir auf seine Schultern steigen und an die Klappe herankommen können," meinte Balling.  
      Pongo saß noch ganz bestürzt da, erhob sich aber auf Ballings Rede hin und schaukelte auf dem weichen Untergrund bis zur Wand, gegen die er sich stemmte. Ich stieg auf Pongos Schultern, an uns beiden kletterte Rolf hinauf. So konnte er die Fallklappe erreichen, die aber — verschlossen war.  
      Vergeblich bemühte sich mein Freund, sie zu öffnen. Ärgerlich stieg er wieder herab. Nochmals suchten wir den Raum nach einer verborgenen Tür ab.  
      Alles Suchen war vergebens.  
      So saßen wir stundenlang auf den Polstern und warteten. Warteten auf den, der die Falle angelegt hatte, um ungebetene Eindringlinge im Keller einzusperren. Niemand ließ sich blicken. Draußen mußte schon heller Tag sein.  
      Das Leben im Palast mußte längst begonnen haben. Um uns kümmerte sich niemand. Wir hätten rufen können. Aber das wollten wir nicht. Es wäre auch fraglich gewesen, ob man uns gehört hätte.  
      Unheimlich still lag das Haus. Wir kamen auf den Gedanken, daß der Palast leer stehen könnte. Kein Geräusch war zu hören. Nicht ein einziges Mal vernahmen wir Schritte, und doch mußte ein Mensch in dem Hause wohnen, der die Fallklappe geschlossen hatte, sofern sie nicht — eine automatische Schließvorrichtung besaß.  
      Es wurde Mittag. Mein Magen begann zu knurren. Sollten wir hier verhungern?  
      Plötzlich kam von oben ein Lichtstrahl durch eine Öffnung und erhellte unser Gefängnis ein wenig. Wir sahen einen Korb an einem Strick zu uns herabschweben. Er landete auf den Polstern.  
      Rolf band die Leine los, die sofort nach oben schnellte. Die Klappe wurde wieder geschlossen, ohne daß wir einen Menschen gesehen hätten.  
      „Ein nobler Gefängnisdirektor!" lobte Balling, der den Inhalt des Korbes sofort untersucht hatte. „Zwei Flaschen Wein sind dabei. Und lauter Delikatessen!"  
      „Auch Zigaretten!" sagte Rolf und zog eine Schachtel an der einen Seitenwand des Korbes hervor.  
      „Das sieht nicht nach einer schweren Strafe aus," meinte ich, nachdem ich nachgesehen hatte, was der Korb enthielt.  
      „Gesegnete Mahlzeit!" rief Balling lachend und griff nach einer Fasanenkeule. „Der Spender soll leben!"  
      Nach dem Essen zu urteilen, hatte man nicht vor, uns etwas Schlimmes anzutun. So verlief die Mahlzeit in angeregt fröhlicher Stimmung.  
      Plötzlich kam mir ein Gedanke, bei dem mir fast ein Stück Fleisch im Halse stecken geblieben wäre.  
      „Rolf," rief ich, „soll das unsere Henkersmahlzeit sein?"  
      Rolf und Balling hörten fast gleichzeitig zu essen auf und blickten mich starr an. Wir hatten während der Mahlzeit meine Lampe eingeschaltet, in deren Strahl die Gesichter wachsbleich erschienen.  
      Endlich faßte sich Balling und sagte: „Wie können Sie uns mit einem solchen Einwurf das ganze Essen verleiden! Ich lasse mir den Appetit nicht verderben, auch wenn es die Henkersmahlzeit sein sollte. Guten Appetit weiterhin!"  
      Aber er schien doch nicht so recht mehr zum Genuß zu kommen, denn er legte das Fleischstück, das er gerade zum Munde führen wollte, beiseite und schüttelte den Kopf.  
      Auch Rolf war ernst geworden. Meine Annahme konnte stimmen. Wenn der Mann, der uns gefangen hielt, nichts Schlimmes gegen uns plante, hätte er sich sicher schon gemeldet.  
      Nachdem wir uns Zigaretten angesteckt hatten, knipste ich die Lampe aus. Wir rauchten schweigend im Dunkeln. Obwohl wir jeder mehrere Zigaretten rauchten und der Raum zwar hoch, aber
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