Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rolf Torring 098 - Indische Märchen

Rolf Torring 098 - Indische Märchen

Titel: Rolf Torring 098 - Indische Märchen
Autoren: Hans Warren
Vom Netzwerk:
nicht belauscht werden zu können. Die Geheimtür war von unserem Zimmer aus nicht zu sehen, geschweige denn zu öffnen. Wir hatten sofort, nachdem wir den Raum betreten hatten, den Versuch gemacht.  
      „Mahlzeit, die Herren!" sagte plötzlich eine Stimme hinter uns. Als wir uns umblickten, sahen wir in Ballings verlegen lächelndes Gesicht.  
      „Na, wie gefällt Ihnen unsere Exkursion?" fragte Rolf, nachdem wir unseren Reisebegleiter lachend begrüßt hatten.  
      „Ausgezeichnet! Nur auf Sie, Herr Warren, habe ich heute noch eine gelinde Wut, daß Sie uns gestern im Keller das herrliche Essen durch Ihre Unkereien verdorben haben. Ich habe selten so gut gelebt wie seit gestern."  
      „Das zu hören, freut uns," meinte Rolf. „Wo ist denn Pongo? Und warum hat man Sie zu uns geschickt?"  
      „Pongo befindet sich in einem Extra-Gastraum. Man scheint hier große Angst vor seinen Körperkräften zu haben. Wie ich hörte, beabsichtigt der Fürst, Ihnen Pongo abzukaufen. Er möchte ihn gern für sich behalten."  
      Ich mußte laut auflachen. Pongo würde sich nie verkaufen lassen!  
      „Wissen Sie, meine Herren, was der Fürst, der mich in meinem Zimmer besuchte, von mir will? Ich soll ihm ein echtes indisches Märchen, also kein erdachtes, erzählen, das er noch nicht kennt."  
      „Wir sogar drei, Herr Balling. Wir brauchen also vier herrliche indische Märchen."  
      „Es wird uns schon gelingen!" lachte Balling zuversichtlich.  
      „Ist Ihnen etwas im Hause aufgefallen?" fragte Rolf  
      „Etwas aufgefallen?" wiederholte Balling die Frage. „Nicht daß ich wüßte! Der Fürst spricht ein sehr gutes Englisch. Mit ein bißchen Akzent allerdings. Aber man weiß nicht recht, ob der Akzent nicht gemacht ist! Und er hat verrückte Ideen, das ist klar!"  
      „Haben Sie die junge Inderin gesehen, Herr Balling?"  
      „Nein, aber ich hoffe, sie noch beobachten zu können, wenn sie den Badeplatz aufsucht. Der Fürst erschien allerdings gerade zu der Zeit, wo sie baden geht, bei mir."  
      „Vielleicht absichtlich, Herr Balling. Ihr Zimmer wird nach der anderen Seite des Gartens hegen. Da hätten Sie den Badeplatz übersehen können."  
      „Wenn das Mädchen dorthin wollte, wo wir sie beobachteten, hätte sie an meinem Fenster vorübergehen müssen, meine Herren."  
      „Schade, daß der Fürst Pongo nicht zu uns gelassen hat, ich möchte ihn darum bitten," meinte Rolf.  
      Wir verabredeten mit Balling, den der Fürst wieder zurück in sein Zimmer führen wollte, daß wir uns am nächsten Tage im Garten treffen wollten.  
      Als Balling abgeholt war, setzten wir uns wieder ans Fenster, wo wir den Nachmittag rauchend verbrachten. Die Inderin war nicht wieder im Garten erschienen. Rolf hoffte, daß sich vielleicht durch sie das Rätsel lösen lassen würde.  
      Am späten Nachmittag ging sie wieder im Garten spazieren, diesmal nur von zwei Dienerinnen begleitet. Die Leoparden spielten wieder um sie herum. Mehrmals war sie an unserem Fenster vorbeigegangen, ohne den Blick zu heben. Als sie wieder in die Nähe des Fensters kam, sah sie empor, hob flüchtig die Hand, zeigte uns etwas Weißes und ging ruhig weiter, als ob nichts geschehen wäre. Ihre Dienerinnen hatten den Vorfall nicht bemerkt.  
      „Was wollte die Inderin von uns?" fragte ich Rolf.  
      „Das wirst du gleich sehen, Hans. Wir müssen beobachten, wo sie den Zettel versteckt."  
      Wir beobachteten jede Bewegung des jungen Mädchens. Sie blieb vor einem dichten Gebüsch stehen, das hoch aufragte, bog einen Blütenzweig zu sich herab, um den Duft einzuatmen. Dabei wanderten ihre Augen zu uns empor; Rolf machte eine Handbewegung, die sie verstehen mußte. Gleich darauf ging sie weiter.  
      Als die Inderin den Garten verlassen hatte, sagte Rolf laut zu mir:  
      „Ich hätte große Lust, ein Stück im Garten spazieren zu gehen. Dabei würden mir die Einzelheiten des indischen Märchens sicher leichter einfallen als hier am Fenster."  
      „Ja, Rolf, wir hätten Hoheit Bescheid sagen sollen. Auch ich wäre jetzt gern ein Stück an die Luft gegangen. Es ist nicht mehr so heiß draußen."  
      Kaum hatte ich den Satz ausgesprochen, als hinter mir eine Stimme erklang:  
      „Wenn die Sahibs in den Garten wollen, soll ich sie begleiten. Hoheit sieht davon ab, die Sahibs zu fesseln, wenn die Sahibs das Versprechen geben, nicht zu entfliehen. Ich habe außerdem zwei Leoparden bei mir."
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher