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Rolf Torring 098 - Indische Märchen

Rolf Torring 098 - Indische Märchen

Titel: Rolf Torring 098 - Indische Märchen
Autoren: Hans Warren
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erwiderte der Inder. „Ich hole die Sahibs in zwei Stunden ab."  
      Mit diesen Worten versank er vor uns, und ehe wir nur einen Schritt tun konnten, hatte sich der Boden über ihm schon wieder geschlossen.  
      „Was sagst du jetzt Hans? Im Märchenschloß des Fürsten Ralingo!" lächelte Rolf.  
      „Du hättest nach Balling und Pongo fragen sollen, Rolf. Ich werde die Befürchtung nicht los, daß ihnen etwas zugestoßen ist."  
      „Das glaube ich kaum, Hans. Wir werden beide beim Mittagessen wiedersehen, nehme ich an."  
      Wir waren wieder ans Fenster getreten. Die Inderin hatte inzwischen den Garten verlassen, nur die drei Leoparden tollten draußen noch umher. Ein wunderbarer Blütenduft drang zu uns empor, ich bedauerte, daß ich die Zeit bis zum Mittagessen nicht im Garten Spazierengehen konnte.  
      Wir rückten uns weiche Polstersitze ans Fenster und unterhielten uns leise. Die beiden Stunden gingen schnell vorbei. Plötzlich stand der junge Inder wieder im Zimmer und forderte uns höflich bittend auf, ihm zu folgen.  
      Er ging zur Wand, schob einen kostbaren Teppich zur Seite und klopfte dreimal in Abständen gegen die Holzvertäfelung. Darauf schob sich ein Teil der Wand zur Seite und gab eine Tür frei, durch die uns der junge Inder führte. Der Durchgang war so geschickt angebracht, daß wir ihn nie gefunden hätten.  
      Wir schritten durch mehrere Räume: überall die gleiche Pracht der Einrichtung. Ein europäisches Stück war nicht unter all den orientalischen und indischen Gegenständen.  
      Endlich kamen wir in einen großen Raum, der als Speisesaal zu dienen schien. In der Mitte stand eine reich gedeckte Tafel. Hinter uns schloß sich die Tür, durch die uns der Inder vor sich hatte eintreten lassen; wir waren allein im Raum.  
      An der Tür blieben wir stehen, um das Erscheinen des Fürsten zu erwarten. Inzwischen sahen wir uns den Raum näher an.  
      Ich wollte Rolf gerade auf eine indische Seltenheit aufmerksam machen, als plötzlich uns gegenüber ein schwerer Vorhang beiseite geschoben wurde und ein Inder in reicher Kleidung den saalartigen Raum betrat.  
      Wir verneigten uns schweigend vor ihm. Er ging uns mit elastischen Schritten entgegen und streckte uns beide Hände, deren Finger kostbare Ringe trugen, hin. Dabei sagte er:  
      »Ich begrüße Sie in meinem Palaste, meine Herren. Seien Sie mir herzlich willkommen. Ich weiß, daß Sie die Herren Torring und Warren sind, und freue mich, Sie meine Gäste nennen zu dürfen."  
      Der Inder sprach ein fließendes, fast akzentfreies Englisch, das er nur in England selbst erlernt haben konnte.  
      Rolf erwiderte höflich:  
      „Wir danken Ihnen für die freundliche Aufnahme, Hoheit. Wir hätten wohl eigentlich einen anderen Empfang verdient. Darf ich mir zuerst die Frage erlauben, wo sich unsere Gefährten, Herr Balling und unser schwarzer Freund Pongo befinden?"  
      „Nehmen Sie zunächst Platz, meine Herren. Wir werden uns beim Mittagessen über alles unterhalten. Ich habe das Essen so zubereiten lassen, daß wir auf Bedienung verzichten können. Langen Sie bitte zu"  
      Wir hatten Platz genommen. Der Fürst reichte uns die Schüsseln zu. Eine solche Aufmerksamkeit hätte ich bei einem Inder, in dessen Besitz wir wie Einbrecher eingedrungen waren, nicht erwartet. Ich konnte ihn jetzt, wo das Licht voll auf sein Gesicht fiel, genau betrachten: er hatte offene, sympathische Gesichtszüge, in denen ich kein Zeichen von Hinterlist zu entdecken vermochte. Sein Alter schätzte ich auf höchstens vierzig Jahre.  
      „Sie sorgen sich um Ihre Gefährten, meine Herren, und wollen gern wissen, wo sie geblieben sind. Sie speisen im Augenblick genau so gut wie Sie und haben keine Unannehmlichkeiten zu erwarten. Darüber, daß Sie in der Nacht heimlich in meinen Palast eingedrungen sind, will ich nicht weiter reden, wenn Sie ehrlich genug sind, mir den Grund für Ihr Vorgehen ohne Umschweife anzugeben."  
      „Uns hat eigentlich nur die Wißbegierde hergetrieben, Hoheit. Sie kennen uns und wissen, daß wir allem Abenteuerlichen nachgehen. Durch Zufall haben wir eine junge Inderin am Rande des Teiches gesehen und uns den Kopf zerbrochen, wie sie in die verlassene Gegend kommen könnte. Wir sind um den Teich herumgegangen und so auf Ihren Park gestoßen. Als wir einen Blick über die Mauer geworfen hatten, waren wir von der Pracht der tropischen Anlage so überwältigt, daß wir einfach nicht mehr
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