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Rolf Torring 084 - Der Geisterzug

Rolf Torring 084 - Der Geisterzug

Titel: Rolf Torring 084 - Der Geisterzug
Autoren: Hans Warren
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ihren Schlupfwinkel gut gesichert hatten? Oder ob sie darauf vertrauten, daß sich niemand in das Tal verlaufen würde?  
      Die Insekten vollführten das übliche Nachtkonzert, das dem Urwald etwas Unheimliches gibt, an das sich Europäer erst langsam gewöhnen müssen, das aber immer wieder, wenn man es nur ein paar Tage nicht gehört hat, eine Unruhe bewirkt, die sich mit Worten nur schwer beschreiben läßt. Der Urwald wird für die weißen Menschen immer geheimnisvoll bleiben.  
      Wir waren eine ziemlich große Strecke gegangen, als matter Lichtschimmer vor uns aufleuchtete. Der Urwald war zu Ende. Jetzt mußten wir mit plötzlich auf uns zukommenden Gefahren rechnen.  
      Noch fünf Minuten gingen wir den Pfad entlang. Immer heller wurde es vor uns. Dann blieben wir erstaunt stehen. Wir waren an der südlichen Wand des ehemaligen Kraters angelangt.  
      Das Bild, das wir erblickten, war einmalig schön. In den steilen Felsen uns gegenüber war ein ganzer Palast gehauen. Große Figuren schmückten die Fensteröffnungen. Das mächtige Tor, das etwa sechs Meter über dem Grund des Kraters lag, wurde von zwei hohen, steinernen Elefanten flankiert.  
      Wie eine Rampe führte vom Pfad aus eine geneigte Felsenplatte zum Eingangstor. Neben dem Ausgang waren mächtige Tore in die Felswand eingelassen.  
      Zwei Tore standen offen. Als wir näher kamen, wehte uns der unverkennbare Geruch von Pferdeställen entgegen. Hier war also die Unterkunft der herrlichen Tiere, auf denen die Spukreiter zur Todesschlucht ritten.  
      Das Eingangstor war aus Bronze getrieben. Viele Figuren schmückten es. Eine grünliche Patina hatte sich stellenweise über das Metall gezogen.  
      Kurze Zeit betrachtete Rolf den merkwürdigen Palast, der in den Felsen hineingearbeitet war. Langsam schritt er dann zum Tor empor.  
      Ich folgte mit gemischten Gefühlen. Ich hatte nicht erwartet, ein solches Bauwerk hier zu finden. Hier mußten bestimmt mehr Menschen leben als die vierzehn Reiter, die den Geisterzug bildeten.  
      War es nicht zu verwegen, in den Palast einzudringen? War es nicht richtiger, hier die Rückkehr der Spukreiter abzuwarten, um mit ihnen über die Freilassung der Gefangenen zu verhandeln?  
      Da stand Rolf schon vor den ehernen Torflügeln und legte die Hand auf das Metall. Ich glaubte nicht, daß es ihm möglich sein würde, das Tor zu öffnen. Zu meinem Erstaunen wichen die Türflügel, wie von unsichtbarer Hand bedient, leicht zurück.  
      Das war ein Beweis, daß Menschen im Palast waren, die uns längst gesehen hatten und beobachteten. Sicher liefen wir in eine Falle, wenn wir das rätselhafte Gebäude betraten.  
      Am liebsten wäre ich stehengeblieben, um Rolf von außen helfen zu können, wenn ihm im Innern des Palastes etwas zustoßen sollte. Er schien meine Gedanken wieder einmal erraten zu haben. Als er eine kurze Zeit in den Palast hineingeblickt hatte, wandte er sich um und winkte mir. Sein Gesicht war sehr ernst.  
      Ich wollte ihn zurückrufen. Da verschwand er schon. Jetzt mußte ich ihm folgen. Auch Pongo betrat schon den Palast.  
      Als ich dicht vor dem Tor stand, blickte Ich in eine aus dem Felsen herausgehauene Halle riesigen Ausmaßes. Durch große Fensteröffnungen strömte genügend Licht, um auch bei Mondschein die Gegenstände unterscheiden zu können.  
      Der Boden der Halle war mit kostbaren Teppichen bedeckt. Über die halbhohen Sitzgelegenheiten waren farbenprächtige Gewebe gebreitet.  
      Im Hintergrunde der Halle, dem Tor gegenüber, stand auf einem Podium ein kleiner Marmorsessel. Auf ihm thronte ein alter Inder mit langem, schneeweißem Bart.  
      Die Augen des Greises waren auf mich gerichtet. Ich konnte sie auf die noch ziemlich weite Entfernung nicht erkennen. Aber sie hatten einen eigenartigen Schimmer, einen weißlichen Glanz.  
      Rolf und Pongo waren auf den alten Mann zugeschritten und in einem Abstand von etwa zwei Metern stehengeblieben. Ich überwand die innere Stimme, die mich warnte, näherzutreten, und eilte zu meinen Gefährten.  
      Der Greis war erblindet, wie ich jetzt gewahr wurde. Er hielt die toten Augen auf mich gerichtet. Bei dem fahlen Licht des Mondes wirkten die Augen unheimlich. Ich hatte die Empfindung, als müßte er uns sehen.  
      Da erst bemerkte ich zwei riesige Tiger, die unbeweglich neben dem Alten lagen. Ein heftiger Schreck durchfuhr mich. Die Tiere hatten ihre unheimlich grün funkelnden Augen auf uns
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