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Rolf Torring 084 - Der Geisterzug

Rolf Torring 084 - Der Geisterzug

Titel: Rolf Torring 084 - Der Geisterzug
Autoren: Hans Warren
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gefüllt haben. Das beweisen die glattgeschliffenen Wände. Später muß das Wasser wieder verschwunden sein. Beweisen können wir das natürlich nicht. Hier wäre für Geologen ein interessantes Arbeitsfeld."  
      „Vielleicht waren unter den Toten, die man in der Schlucht gefunden hat, auch ein paar Männer der Bande," sagte ich. „Wahrscheinlich haben sie daraufhin ihre Beobachtungen angestellt."  
      „Das ist anzunehmen, Hans, denn wer setzt sonst seinen Fuß in diese Schlucht. Vergnügungsreisende bestimmt nicht. Komm weiter! Wir müssen unbedingt noch den Weg finden, auf dem die Geisterreiter in die Schlucht gelangen."  
      „Ohne zwingenden Grund werden die Reiter die Aufmerksamkeit von ganz Indore sicher nicht erregen. Es muß schon ein gewichtiger Grund gewesen sein, daß sie fluchtartig die Schlucht verlassen. Ich verstehe nur nicht, weshalb sie nicht so rechtzeitig fortreiten, daß sie den Weg, auf dem sie die Schlucht betreten, auch für die Rückkehr verwenden können."  
      „Der Anmarschweg ist vielleicht nur kurze Zeit passierbar," meinte Rolf. „Sie müssen aber die Zeit bis zur letzten Minute ausnutzen, die die Grotte frei von Kohlensäure ist. Vorwärts!"  
      Wir setzten die Masken wieder auf und schritten im Mondschein die Schlucht weiter nach Süden hinab. Wieder begann der rissige Boden. Wieder mußte Kohlensäure auf der Erde lagern.  
      Rolf zog sein Feuerzeug aus der Tasche, entzündete es und hielt es mit hochgestrecktem Arm über seinen Kopf. Die Flamme blitzte auf, erlosch aber gleich wieder, als würde sie ausgepustet. Hier war die Kohlensäure also bis weit über unsere Köpfe gestiegen. Es schien die stärkste Ausbruchsstelle in der Schlucht zu sein. Sie stand so hoch, daß auch Pferde gefährdet waren.  
      An wenigen Stellen der Schlucht also konnten sich Pferde ungefährdet aufhalten. Dann aber war der Rückweg durch eine zu hohe Kohlensäurewand versperrt.  
      Zu bestimmten Stunden konnten die Ausbrüche auch so stark sein, daß das Gebiet, aus dem selbst keine Kohlensäure aufstieg, überflutet wurde. Kohlensäuregas schleicht am Boden hin, weil es schwerer ist als die atmosphärische Luft, die jedes Lebewesen so dringend braucht. Wir denken meist gar nicht darüber nach, wie kompliziert ein Wesen wie der Mensch gebaut ist. Unaufhörlich muß das Herz arbeiten, die beste Maschine der Erde, die riesige Pump- und Druckleistungen vollbringt, ob wir munter sind und unsere Arbeit tun, ob wir uns durch wohlverdienten Schlaf neue Kraft holen. Setzt der Herzschlag, wie wir den Arbeitsvorgang nennen, nur für kurze Zeit aus, ist die „Maschine", ist der Mensch „kaputt", unrettbar verloren oder höchstens durch die große Kunst der Ärzte noch zu erhalten.  
      Auch unsere Lunge ist ein so empfindliches Instrument. Sie kann den Sauerstoff der Luft nicht entbehren. Sie muß arbeiten von der ersten Minute unseres Lebens bis zu seiner letzten Sekunde. Keine Minute darf die Lunge in ihrer Tätigkeit eine Pause eintreten lassen. „Schlechte" Luft oder gar vergiftete kann langsam oder schnell zum Tode führen. Nicht umsonst ist vor Jahrzehnten der Ruf „Licht und Luft in die Arbeitsräume" zur Parole erhoben worden.  
      Rolf nickte mir zu. Meine Gedanken kehrten in die Wirklichkeit des Erdenlebens zurück.  
      Wir hielten uns jetzt beinahe zwei Stunden in der Todesschlucht auf und mußten uns beeilen, wenn wir noch in der Nacht mit Aussicht auf Erfolg versuchen wollten, den Schlupfwinkel der Geisterreiter zu entdecken.  
     
     
     
     
      4. Kapitel Im Vindhya-Gebirge  
     
      Nur das letzte Viertel der Schlucht blieb uns noch zu durchforschen. Vergeblich hatten wir nach einem Weg Ausschau gehalten, auf dem die Reiter ungesehen in das Tal des Todes gelangen konnten.  
      Eine immer stärker werdende Unruhe befiel mich. Ein solcher Weg mußte unbedingt existieren, sonst waren alle unsere Annahmen hinfällig. Die Luft schien hier am stärksten mit Kohlensäure durchsetzt zu sein, denn der Boden wies zahlreiche Risse und Sprünge auf.  
      Ich hatte nur auf den Boden geachtet, als Rolf mich anstieß und auf einen schmalen Einschnitt in der westlichen Wand deutete. Wenn man nicht scharf hinsah, konnte man annehmen, nur eine Vertiefung vor sich zu haben. Als wir nahe herangingen, erkannten wir, daß sich — nach Süden zu — ein großes Loch in der Felswand befand.  
      Wie ein Tor sah die Öffnung aus. Hier konnten die Reiter bequem durchkommen.
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