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Rolf Torring 079 - Doktor Gallas Spinnen

Rolf Torring 079 - Doktor Gallas Spinnen

Titel: Rolf Torring 079 - Doktor Gallas Spinnen
Autoren: Hans Warren
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leisten.  
      Warum ließ er sich aber überhaupt davon abhalten, wenn er wirklich Mediziner war und in Kriminalfällen mit der Polizei zusammengearbeitet hatte? Wo nur Rolf blieb? Er hätte längst zurück sein müssen!  
      Ich wollte ihm den Weg gerade freigeben, um ihn an den alten Herrn heranzulassen, da betrat der Zugschaffner das Abteil, hinter ihm Rolf. Er kniff die Augen zusammen, als er die hohe Gestalt des Arztes erblickte.  
      „Gut, daß du kommst, Rolf," rief ich sofort. „Hier ist Doktor Haggin, der den alten Herrn gerade untersuchen wollte. Ich bestand darauf, daß bei der Untersuchung der Zugschaffner als Amtsperson anwesend sein müßte. Wie Doktor Haggin zart andeutete, sind wir sogar verdächtig, das Attentat ausgeführt zu haben."  
      „Das sind wir," sagte Rolf ernst. „Ich habe den Zugschaffner bereits gefragt. In dem Abteil hinter uns, von dem aus das Attentat verübt worden sein muß, ist niemand gesehen worden. Ungefähr drei Minuten vor dem Attentat ist der Zugschaffner hier vorbeigekommen. Er hat vom Gang aus gehört, daß der alte Herr uns Benares beschrieb. In das Abteil kann unbemerkt niemand gekommen sein, denn der Zugschaffner blieb mindestens fünf Minuten auf dem Gang stehen und blickte in der Richtung unserer Abteile. Er muß wenige Sekunden früher, als ich das Abteil zum ersten Mal verließ, weitergegangen sein."  
      Der Zugschaffner machte ein undurchdringliches Amtsgesicht. Doktor Haggin zog die schmalen Lippen auseinander, so daß seine langen gelben Zähne sichtbar wurden. Es war unklar, ob das ein Lächeln vorstellen sollte.  
      Er ging an mir vorbei, beugte sich über den reglosen alten Herrn und erklärte nach kurzer Untersuchung der Augen:  
      „Er lebt. Augenblicklich besteht keine Gefahr, daß sein Zustand sich verschlimmert. Ich fürchte aber, daß der Herr eine Nerven- oder Gehirnschädigung für dauernd zurückbehält. Ich vermute, daß wir es mit einem der gefürchteten indischen Gifte zu tun haben, die Gedächtnislähmungen zur Folge haben. ,Gift des Vergessens' werden sie poetisch genannt. Verschiedene Gegengifte sind bekannt. Ich selbst habe mich schon damit beschäftigt. Der bedeutenden Veränderung der Augen entsprechend habe ich jedoch in diesem Falle keine große Hoffnung, daß man hier mit einem Gegenmittel etwas ausrichtet. Eigenartig! Das muß ich sagen!"  
      Er warf einen forschenden Blick auf uns, schaute den Zugschaffner an und zuckte bedauernd die Schultern.  
      Der Beamte war offenbar unschlüssig, was er tun sollte. Für ihn war der Tatbestand kurz und klar der: in einem Abteil seines Zuges war ein alter Herr mit einem gefährlichen Gift in den Zustand der Bewußtlosigkeit versetzt worden. Rolf und ich waren als einzige Fahrgäste in dem Abteil gewesen. Die beiden Nachbarabteile waren leer gewesen. Das hatte er selbst kurz vorher zufällig gesehen. Auf uns blieb der Verdacht hängen, den alten Herrn vergiftet zu haben.  
      Der Schaffner sah auf die Uhr und sagte endlich:  
      „Wir laufen bald in Benares ein. Ich muß die Herren bitten, sich zur Verfügung der Polizei zu halten. Ich bitte, mir keine Schwierigkeiten zu machen." Er wandte sich Doktor Haggin zu: „Kann man jetzt etwas unternehmen, um den Herrn wieder ins Bewußtsein zurückzurufen?"  
      „Nein," erklärte Doktor Haggin sehr bestimmt, „das beste ist, wenn er sofort ins Krankenhaus kommt. Ich werde mich mit der Polizei in Verbindung setzen und bin gern bereit, die Behandlung zu übernehmen. Aber ich glaube nicht, daß er seine Gedächtniskraft wiedererlangt. Wenn der Täter nicht ein Geständnis ablegt, wird das Attentat wohl nie aufgeklärt werden."  
      Bei den letzten Worten, die er mehr zu sich als zum Schaffner sprach, warf er uns einen versteckten Seitenblick zu. Am liebsten hätte ich ihm auf die nicht ausgesprochene, aber angedeutete Verdächtigung eine sehr scharfe Antwort gegeben, aber Rolf, der mir meinen Zorn anmerkte, gab mir einen Rippenstoß.  
      Da wußte ich, daß sich Rolf schon eine eigene Meinung über den geheimnisvollen Fall gemacht hatte. Mein Argwohn gegen Doktor Haggin erwachte wieder und verstärkte sich noch. Rolfs Mahnung aber war so deutlich gewesen, daß ich jede Bemerkung unterdrückte. Ich setzte mich still neben meinen Freund, der auf der Bank dem alten Herrn gegenüber schon wieder Platz genommen hatte.  
      Ich war davon überzeugt, daß sowohl der Zugschaffner wie der Arzt ihren Verdacht gegen uns sofort
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