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Rolf Torring 079 - Doktor Gallas Spinnen

Rolf Torring 079 - Doktor Gallas Spinnen

Titel: Rolf Torring 079 - Doktor Gallas Spinnen
Autoren: Hans Warren
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war mir gar nicht wohl zumute. Welches Geheimnis mußte hinter dem Namen des Doktors stecken, daß der alte Herr durch einen Mordanschlag gehindert wurde, seinen Namen auszusprechen?  
      Ich wagte nicht, den Körper des alten Herrn zu berühren. Hier mußte schnell ein Arzt her. Er würde sicher Rettung wissen.  
      Plötzlich betrat ein großer, schlanker Herr, ein Europäer, das Abteil.  
      „Doktor Haggin," stellte er sich kurz vor. „Hier ist ein Mitreisender erkrankt? Ach, das sieht ja böse aus."  
      Eine unerklärliche Antipathie ergriff mich sofort gegen den Doktor. Sein Gesicht ähnelte einem Totenkopf. Die braune Haut schien unmittelbar auf den Knochen zu liegen.  
      Mir kam es sonderbar vor, daß er von dem Unfall wußte. Natürlich konnte Rolf in einem anderen Abteil seine Bekanntschaft gemacht und ihn gebeten haben, nach dem Opfer des Attentats zu sehen. Der Argwohn aber, den ich sofort gegen ihn hatte, trieb mich dazu, ihm in den Weg zu treten.  
      „Verzeihen Sie, Herr Doktor," sagte ich mit aller mir zu Gebote stehenden Höflichkeit, „hier scheint ein Verbrechen vorzuliegen. Der Zugschaffner als Amtsperson muß zugegen sein, wenn Sie den Herrn untersuchen."  
      „Und wenn er inzwischen stirbt?" fragte der Doktor ruhig. „Ich sehe, daß es sich um eine Vergiftung handelt, die schnell zum Tode führen kann. Ein Gegenmittel muß sofort angewandt werden. Können Sie die Verantwortung übernehmen, lange zu warten?"  
      Mein Verdacht gegen den Doktor war größer als die Verantwortung, die ich übernahm, wenn ich den Mann hinderte, den alten Herrn sofort zu untersuchen.  
      Da es ja aber möglich war, daß der hagere Engländer in guter Absicht gekommen war, wollte ich nicht besonders schroff sein und fügte deshalb hinzu:  
      „Sie glauben, daß der alte Herr noch lebt? Mein Freund und ich waren der Ansicht, daß er schon tot sei. Ich persönlich bin der Überzeugung, daß er durch die Einwirkung des Giftes einen Herzschlag erlitten hat."  
      „Haben Sie bemerkt, wie dem Herrn das Gift beigebracht wurde?" fragte der hagere Engländer. „Befanden Sie sich allein mit ihm im Abteil?"  
      Ich war im ersten Augenblick verblüfft. Der Doktor hatte recht. Wir selbst waren verdächtig, den alten Herrn vergiftet zu haben. Wenn der Zugschaffner wahrheitsgemäß aussagte, daß nur wir mit dem alten Herrn das Abteil belegt hatten, konnten, ja mußten wir in den Verdacht kommen, die Tat ausgeführt zu haben.  
      Ich sagte mir jedoch, daß unsere Namen bei jeder britischen Dienststelle Gewähr bieten würden, einen ernsthaft zu wertenden Verdacht nicht aufkommen zu lassen. So begegnete ich dem versteckten Vorwurf also nur mit einem Schulterzucken, ich beschloß sogar, den Doktor fühlen zu lassen, daß sein plötzliches Auftauchen mir verdächtig war.  
      Im liebenswürdigsten Tone fragte ich: „Wie sind Sie zu der Kenntnis des Unfalls gekommen, Herr Doktor?"  
      Der hagere Engländer schloß einen Augenblick seine stechenden, graugrünen Augen. Mir kam es vor, als ob er nach einer Ausrede suchte. Aber gleich lächelte er wieder und sagte mit spöttischer Überlegenheit:  
      „Durch meinen langen Aufenthalt in Indien habe ich mir eine gute Beobachtungsgabe angeeignet. Ich sah einen Herrn, offenbar Ihren Freund, zweimal schnell das Abteil verlassen. Das erste Mal schaute er in die Nachbarabteile, beim zweiten Mal sah er etwas länger in das Abteil, das hinter diesem liegt. Ich stand vorn auf der geschlossenen Plattform des Wagens. Ihr Freund ging in Richtung Zugende und fragte einen Herrn in meiner Nähe, ob er den Zugschaffner gesehen hätte. Aus diesen Umständen schloß ich, daß in Ihrem Abteil etwas Besonderes vorgefallen sein müßte. Es kommt ja gerade in den tropischen Ländern häufig vor, daß Reisende im Zug erkranken, plötzlich Übelkeit bekommen oder einen Anfall. Als Arzt habe ich in vielen solchen Fällen Hilfe bringen können. Ich bin auch oft für die Kriminalpolizei tätig gewesen."  
      Ich blickte etwas betroffen. Wenn es stimmte, daß der Doktor von der Kriminalpolizei bei Unglücksfällen und Verbrechen eingesetzt worden war, sah die Sache etwas anders aus. Dann machte ich mich noch mehr verdächtig, wenn ich ihn an der Ausübung seines ärztlichen Berufes hinderte. Vielleicht machte ich mich sogar strafbar. Er brauchte später nur zu erklären, daß ich ihn gehindert hatte, den alten Herrn sofort zu untersuchen und erste Hilfe zu
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