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Rolf Torring 079 - Doktor Gallas Spinnen

Rolf Torring 079 - Doktor Gallas Spinnen

Titel: Rolf Torring 079 - Doktor Gallas Spinnen
Autoren: Hans Warren
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„Ich bin ebenso überrascht wie Sie, Herr Inspektor," gab Rolf zu. „Ich hätte nicht gedacht, daß seine Angaben stimmen. Na, manchmal täuscht man sich. Schade, dann hätte eine intensive Durchsuchung des Zuges nach verdächtigen Mitreisenden vielleicht doch Erfolg gehabt. Es wäre aber kaum möglich gewesen, eine solche Fahndung sofort und ohne Ihre Hilfe vorzunehmen, denn wir selbst standen ja am meisten unter dem Verdacht der Täterschaft."  
      „Sie hätten höchstens gefühlsmäßig einen Reisenden verdächtigen können. Wie sehr ein Gefühl täuschen kann, haben wir eben im Falle Doktor Haggin gesehen. Ich hätte es mir also ersparen können, Woodford hinter ihm herzuschicken."  
      „Ich werde trotzdem das Gefühl nicht los," sagte Rolf, „daß Doktor Haggin mit dem Verbrechen in irgend einem Zusammenhange steht. Wir wollen ruhig abwarten, was Ihr Assistent berichtet."  
      „Ich werde Ihnen sofort Bescheid geben, Herr Torring. Haben Sie in einem Hotel Zimmer belegen lassen? Oder darf ich Sie einladen, bei mir zu wohnen?"  
      "Das wäre uns sehr angenehm," sagte Rolf erfreut.  
      „Gut, meine Herren, ich werde Sie begleiten," erbot sich der liebenswürdige Inspektor. „Ich kann meinen Bahnhofsdienst getrost unterbrechen. Der nächste Zug läuft erst in zwei Stunden ein. Kommen Sie bitte mit, meine Herren!"  
      Goulden übergab einem älteren Sergeanten die Aufsicht. Durch einen engen Gang im Bahnhofsgebäude führte er uns wenig später vom Polizeibüro unmittelbar auf die Straße. Dort hielt ein offener Wagen; ein Polizist saß am Steuer. Wir stiegen schnell ein, konnten aber nicht verhindern, daß wir durch Pongo und Maha einiges Aufsehen erregten. Auf einen Zuruf des Inspektors setzte sich der Wagen in Bewegung und durchquerte in rascher Fahrt die Straßen.  
      Der Inspektor bewohnte, wie es in Indien üblich ist, seinen eigenen Bungalow inmitten eines Gartens, der eine üppige tropische Vegetation entfaltete.  
      Auf unsere Bitte wurden uns zwei große, luftige Zimmer angewiesen. Rolf und ich wollten in einem Räume schlafen. Pongo erhielt für sich und Maha das andere Zimmer.  
      Während wir uns nach der langen Eisenbahnfahrt wuschen und umkleideten, hatte Goulden einen Imbiß bereiten lassen. Wir ließen uns die nach Art eines englischen Frühstücks bereiteten Schnitten schmecken, während wir mit dem Inspektor plauderten, der sich mehr und mehr als hochgebildeter Mann entpuppte. Die Zeit ging so schnell dahin, daß Goulden plötzlich nach einem Blick auf die Uhr rief:  
      „Ich muß Sie leider allein lassen, meine Herren, der Dienst ruft. Ich werde mich möglichst beeilen und hoffe, in zwei Stunden zurück zu sein. Wenn es Ihnen recht ist, zeige ich Ihnen dann Benares."  
      „Das wäre sehr liebenswürdig," sagte Rolf. „Wir werden also auf Sie warten. Das Empfehlungsschreiben an den hiesigen Polizeichef werde ich morgen abgeben. Zuerst möchte ich hören, was Ihr Assistent Woodford zu berichten weiß."  
      Der Inspektor verließ uns. Wir schlenderten durch den großen Garten, der wohl früher zu einem Tempel gehört haben mochte, denn eine Mauer aus mächtigen Steinquadern, etwa drei Meter hoch, umschloß ihn. Trotz der üppigen Vegetation war zu erkennen, daß der Garten kunstvoll angelegt war.  
      Die alte Mauer konnte man nur an einigen Stellen sehen, wo breite Lücken in die Büsche geschlagen waren, die fast wie grüne Tunnel wirkten, an deren Ende die grauen Steinquadern sichtbar wurden.  
      Gerade waren wir an einer solchen Stelle vorbeigegangen, als Pongo, der mit Maha hinter uns ging, einen leisen Ruf ausstieß.  
      Wir drehten uns schnell um. Pongo stand reglos, als ob ein Schreck ihn hätte erstarren lassen. Mit weit aufgerissenen Augen blickte er in den grünen Tunnel hinein. Dann strich er sich über die Stirn und rieb sich die Augen, als wäre er aus einem bösen Traum erwacht.  
      „Was hast du, Pongo?" fragte Rolf. Der Riese schüttelte den Kopf, lachte etwas verlegen und sagte:  
      „Pongo nicht mehr richtig sehen können." Wir waren neben ihn getreten und blickten auf die alte Mauer. Nichts war zu sehen. Sollte Pongo eine Halluzination gehabt haben?  
      „Was hast du denn gesehen?" fragte Rolf. „Pongo Spinne sehen," lautete die überraschende Antwort. „Spinne ganz bunt und so groß!"  
      Dabei zeigte Pongo mit beiden Händen eine Größe, die einem Kinderkopf entsprach. Ich mußte unwillkürlich lächeln.
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