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Rocking Horse Road (German Edition)

Rocking Horse Road (German Edition)

Titel: Rocking Horse Road (German Edition)
Autoren: Carl Nixon
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Schock stehender Mädchen hielt sich weiter entfernt, fast in den Dünen. Die Erwachsenen, die nach und nach kamen, blieben zumeist pärchenweise stehen, weiter weg als wir.
    Der Leichnam wurde von Bill Harbidge bewacht. Er war bereits wieder zu Hause gewesen und hatte den Krankenwagen und seine Polizeikollegen gerufen. Er hatte seine Uniformjacke übergestreift und die Kappe aufgesetzt, trug aber noch immer die verblichenen Shorts und Strandschuhe, die er anhatte, als Pete an seine Tür schlug. Vielleicht waren die Shorts ein Tribut an die Hitze, doch viel wahrscheinlicher war, daß er in den paar Minuten zu Hause seine Uniformhose nicht gefunden hatte. Er war so schnell wie möglich zum Tatort zurückgekehrt.
    Die Flut, die die Leiche nahe der vordersten Düne abgelegt hatte, war gegen vier Uhr auf ihrem höchsten Punkt gewesen, und nun hatte sich das Wasser weit zurückgezogen, und der Strand wirkte sehr breit. Die Wellen waren nicht mehr so hoch wie in der Nacht, brachen aber noch immer unter lautem Rauschen. Manchmal rollte eine sehr große herein und schlug krachend auf den Strand, dann wandten die Leute den Blick von der Leiche und sahen kurz aufs Meer hinaus.
    Bill Harbidge verkündete mit einer Stimme, die laut genug war, die Brandung zu übertönen, daß alle weiter zurückgehen sollten, um »keine Spuren zu verwischen«. Er hätte sich keine Sorgen zu machen brauchen, wir blieben ganz von selbst auf Distanz. Wir besaßen keine Erfahrung mit dem Tod, und ihn so direkt vor unserer Haustür anzutreffen hatte uns zutiefst erschüttert. Vielleicht hegten wir sogar den primitiven Aberglauben, daß das, was der Frau am Strand passiert war, ansteckend sein könnte. Daß der Tod wie ein Floh aus kurzer Distanz von einem zum anderen überspringen könnte.
    Es dauerte eine Weile, bis wir wußten, wer sie war. Sogar über das Meeresrauschen hinweg konnte man hören, wie der erste ihren Namen aussprach. »Lucy Asher.« Es war nicht Pete, der den Namen zuerst nannte; er hat das stets vehement bestritten.
    »Es ist Lucy Asher.« Wer das nun wirklich gesagt hat und woran er Lucy erkannt hat, wissen wir nicht. Aber als diese vier Silben einmal heraus waren, flogen sie blitzartig von einem zum anderen am Strand. Alle Mädchen fingen an zu weinen.
    Wir versuchten uns daran zu erinnern, wann wir Lucy das letzte Mal lebend gesehen hatten. Mark Murray flüsterte, daß er erst vorgestern zwei Kugeln Eis mit Schokoladensauce im Laden der Ashers gekauft hatte. Lucy hatte ihn bedient. Roy wußte noch mehr, er hatte Lucy noch gestern um 17 Uhr gesehen, als sie die Straße in Richtung Naturschutzgebiet entlangging.
    Gerade als wir so unsere Erinnerungen austauschten, tauchten die beiden Burschen vom Rettungsdienst auf. Wir hatten keinen Krankenwagen gehört. Vielleicht hatte ihnen Bill Harbidge am Telefon gesagt, daß es nicht so eilig sei, und sie hatten deshalb die Sirene nicht angemacht. Sie kamen aus den Dünen etwas strandauf und gingen zu der Leiche. Sie trugen eine Bahre und einen großen roten Sack. Bill stoppte sie mit erhobenem Arm wie ein Verkehrspolizist, der er auch einmal gewesen war.
    Der Bursche mit dem rötlichen Schnurrbart hatte anscheinend das Sagen. Er ging voraus und sprach mit Bill. Er nickte weihevoll. Wir waren zu weit entfernt, um zu verstehen, was sie sagten. Der große Dürre blieb etwas zurück, er hielt die Bahre aufrecht, und das wirkte wie eine unfreiwillige Parodie auf die Surfer, die ihre Bretter hier am Strand jeden Tag so hielten.
    Als Bill schließlich zu reden auf hörte, ging der Schnauzbart zu der Leiche. Lucy lag halb auf der Seite mit dem Gesicht nach unten. Er kniete sich neben sie und legte zwei Finger an ihren Hals. Plötzlich fiel uns ein, daß sie ja gar nicht tot sein mußte. Vielleicht war sie durch irgendein Wunder nur bewußtlos. Doch er schüttelte den Kopf, in unseren Augen zu rasch für ein so gewichtiges Urteil, und marschierte zurück zu Bill und seinem Kollegen.
    Nach einem weiteren Palaver mit Bill Harbidge, wobei alle drei mehrmals in unsere Richtung sahen, holte der Schnauzbart eine dicke graue Decke aus dem roten Sack und breitete sie über Lucy. Danach sahen die beiden Sanitäter eher hilflos aus. Sie traten von einem Bein aufs andere und schauten den Strand hoch und runter, als ob sie auf einen verspäteten Bus warteten. Ihr potentieller Patient war tot. Der Tod aber gehörte nicht in ihr Arbeitsgebiet. Tatsächlich waren sie jetzt nur noch zwei Gaffer – genau wie
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