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Rocking Horse Road (German Edition)

Rocking Horse Road (German Edition)

Titel: Rocking Horse Road (German Edition)
Autoren: Carl Nixon
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drei Uhr morgens beim Lesen eines Artikels, den man schon zigmal gelesen hat, auf der Suche nach einem neuen Hinweis. Oder eines deiner Kinder steht nachts auf, um sich ein Glas Wasser zu holen, und findet dich im Dunkeln neben der Stereoanlage, wo du mit Kopfhörern zum x-tenmal ein Interview anhörst und die Geister der Vergangenheit dir ins Ohr flüstern. Jedenfalls führt die Aufbewahrung des Materials im eigenen Haus zu Ringen unter den Augen und Gereiztheit.
    Schließlich mieteten wir einen Lagerraum. Es ist ein hoher Raum mit vorgefertigten Betonplatten als Wänden und einem Rolltor, drüben im Industriegebiet hinter den Klärteichen. Wir haben diesen Ort hauptsächlich deshalb ausgesucht, weil er nur lockere zehn Autominuten von New Brighton entfernt ist und die meisten von uns immer noch in dieser Gegend leben. Der Lagerraum ist einer von etwa dreißig auf einem Gelände, das mit Stacheldraht umzäunt ist und Sicherheitstore am Eingang hat. Jeder von uns steuert monatlich einen geringen Betrag für die Miete bei, und wir alle kennen die Zahlenkombination des Tors, so können wir zu jeder Tages- und Nachtzeit hinein. Die meisten nutzen solche Lagerräume, um Dinge wie Wohnwagen, Boote, Quad-Motorräder oder Kisten mit irgendwelchem Kram aufzubewahren – Sachen, die nicht mehr in ihre Garagen passen. Unserer sieht eher wie ein Rugby-Clubzimmer aus. Roy Moynahan ist inzwischen Schreiner, wie sein Vater, und er hat uns eine Bar aus Zypressenholz gebaut. Im Unterschied zu den meisten anderen Lagerräumen hat unserer einen Stromanschluß, also gibt es einen Bierkühlschrank, der immer wohlgefüllt ist – es entspinnt sich manche Frotzelei darüber, welche Marken wir führen oder führen sollten. Wir haben Teppichboden über dem Beton und einen alten Poolbillardtisch. Sogar ein ziemlich bequemes Bett steht ganz hinten an der Wand, so daß man übernachten kann, wenn man ein paar Bier zuviel getrunken oder Krach mit der Frau oder Freundin hat.
    Und natürlich ist das Archiv da. Das Originalmaterial bewahren wir in drei hohen grauen Aktenschränken auf. Es gibt auch eine große Glasvitrine für die größeren Gegenstände und Regale für die Nachschlagewerke. Eine Ecke ist als Büro eingerichtet, mit einem Computer mit Breitband-Internetzugang für die Online-Recherche. Einen Drucker und High-End-Scanner haben wir ebenfalls. Ein Großteil der Informationen, die wir über die Jahre gesammelt haben, wurde in den Computer eingegeben und auf DVDs kopiert, die wir in einem Safe auf bewahren, damit sie vor Feuer geschützt sind. Dasselbe gilt für die Zeitungsartikel.
    Das Foto von Lucy, das aus der Zeitung, haben wir vergrößern und rahmen lassen. Es hängt an der Wand beim Schreibtisch. Meistens steht eine brennende Kerze auf einem Tischchen darunter. Macht nichts, wenn die Kerze mal ausgeht, der nächste, der kommt, zündet sie wieder an oder stellt eine neue auf.
    Dieser Lagerraum ist für uns eine Art zweites Zuhause.
Noch bevor der Krankenwagen kam und die beiden Burschen vom Rettungsdienst St. John keuchend durch den Sand stapften, hatten sich die Leute aus den Häusern ringsum an den Strand aufgemacht. Die Jugendlichen waren zuerst da. Vielleicht waren wir einfach sensibler für alles, was diesen Morgen zu einem besonderen machen konnte, erspürten die Möglichkeiten schneller. Oder unsere Gerüchteküche brodelte heftiger und ließ uns ahnen, daß etwas Ungewöhnliches am Strand zu sehen war. Wir riefen uns ein paar Worte zu, als wir uns auf den Wegen durch die Dünen trafen. Aber als wir die Leiche sahen, senkte sich ein tiefes Schweigen auf uns herab.
    Glaubt man jedem, der behauptet, an diesem Dezembermorgen am Strand gewesen zu sein, dann müssen mindestens hundert Leute dagewesen sein. Unseren Recherchen nach waren es tatsächlich neunzehn. Roy Moynahan war ganz sicher da, zusammen mit Alan Penny und dem großen, schwerfälligen Jim Turner. Grant Webb und Tug Gardiner ebenfalls. Mark Murray kam ein bißchen später die Dünen runter. Er war allein, und seine immer zu Berge stehenden Haare schienen sich noch senkrechter gen Himmel zu strecken. Natürlich war auch Pete Marshall da. Er stand abseits und trug eine Maske düsterer Autorität, die keiner von uns je an ihm gesehen hatte, die er jedoch in den darauffolgenden Monaten immer wieder anlegen würde. Wir standen in einer Gruppe beieinander, etwa zehn Meter von der Leiche entfernt. Kaum jemand sagte etwas. Ein eng zusammengedrängtes Grüppchen unter
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