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Robina Krux

Robina Krux

Titel: Robina Krux
Autoren: Alexander Kröger
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sie meinte, ihr zerspränge der Kopf. Ohne die Lage zu verändern, drückte sie abermals die Sauerstofftaste, aber nur einen Augenblick lang spürte sie Linderung.
    Dann sah sie zur Uhr und erschrak: Nur knapp zwei Stunden waren vergangen, seit sie die Arbeit beendet hatte. Ihr kam es vor, als hätte sie Tage so gesessen und gedöst.
    ‘Was soll erst werden, wenn sich Stunden zu Tagen, zu Monaten, zu Jahren summieren…’
    Robina legte sich auf den Rücken, starrte in das Gewölbe, jetzt in honiggelbe Nester fingernagelgroßer Topase.
    ‘Die Zeit wird mich erschlagen. Was ich auch immer tue, es ist sinnlos, alles sinnlos. Schluss! Ich mache Schluss!’ Ihre Rechte ertastete den Ring des Helmverschlusses. Wie spielerisch begann sie zu drehen. Dann spürte sie, wie die Sicherung ausschnappte. ‘Abschneiden das Seil! Warum erst qualvoll schwingen!’
    Dann war es Robina, als blickte sie durch ein Kaleidoskop. Bunte Bilder wechselten, scheinbar zusammenhanglos, aber das folgende entstand stets aus dem vorhergehenden.
    Landschaften, sonnenüberstrahlt, zogen vorbei, der Kaukasus, die Hohe Tatra, Alpen, die Niagarafälle – alles Gegenden, die sie von der Evolutionsschule aus besucht hatten.
    Noch niemals tauchten die Bilder so deutlich aus Robinas Erinnerung: Als spürte sie den Duft der Wälder und Almen, als benetzte der Wasserstaub ihre Haut. Sie sah sich mit Freunden das Zeltgestänge umklammern, als Sturm die Plane blähte, lachend, mit nassen Haarsträhnen über dem Gesicht.
    Dann befand sie sich im Institut. Willfart, der Lehrfreund mit steilen Falten auf der Stirn: „Noch fünfzig Jahre wird es dauern, bis wir die großen Felder im Griff haben. Und wenn ihr Küken euch nicht anstrengt, dauert es noch länger! Dann wird es nichts mit dem Fliegen über zehn Lichtjahre. Mehr als sechs Leute kriegen wir mit dem, was wir bisher können, nicht über acht Jahre!“‘Er übertrieb wie so oft!
    Wie weit sie jetzt wohl sind?
    Ich hätte vielleicht noch einiges geschafft. Es wäre schon etwas gewesen, so ein Hyperfeld zu steuern…’
    Dann sah sie plötzlich den Bruder, Ed, wie er lächelnd den Kopf schüttelte, als sie ihn beschwor, nicht auf den Mars zu gehen, auch einmal an sich zu denken. „Gerade“, hatte er gemeint, „weil ich an mich denke. Mit dieser Rückenverletzung kann ich hier nicht mehr arbeiten. Hier bin ich ein Krüppel, dort beinahe vollwertig. Robi, solange ich krauchen kann, will ich auch zu etwas nütze sein. Und gerade von dir hatte ich geglaubt, dass du mich verstehst. Oder willst du, dass ich versauere? Na, siehst du! Und dass du mich brauchst, Schwesterchen, glaubst du wohl selber nicht! Also!“ Er hatte sie an sich gezogen, ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange gedrückt und war in den Fahrstuhl getreten. Und sie hatte gefühlt, er würde ihr zwar fehlen, aber er hatte Recht.
    ‘Aber wozu könnte ich nützlich sein? Ob hier eine Robina existiert oder nicht, das ist so gleichgültig!
    Niemand und nichts hat ein Recht, mir das Messer, mit dem ich das Seil zerschneide, zu entwinden. „Die da draußen…“, und da käme wieder die Donassche Geste, „sind für ihre Entscheidungen verantwortlich!“
    Stimmt das?
    Aber da sind doch noch die Anderen, die hier das Funkfeuer, jene Kuppel mit der pulsierenden Lichtquelle zurückließen!’ Langsam fand Robina abermals in die Wirklichkeit zurück. Ja, die Anderen!’ Sie richtete sich auf. ‘Sie könnten wiederkommen, mich finden! Und – und’, Robina stieg eine heiße Welle zu Kopf, ‘ich wäre der erste Mensch, der Kontakt mit ihnen hätte!’
    Einen Augenblick lang kostete sie aus, wie sie in einem fremden Raumschiff auf der Erde landen und den entgegeneilenden Menschen fremde, intelligente Wesen als ihre Retter und Freunde vorstellen würde. Fast unbewusst drehte sie am Ring. Sie fühlte das Klicken, als die Sicherung wieder einrastete. Dann verzog Robina die Mundwinkel: ‘Was will Mandy festgestellt haben? Das Funkfeuer sei vor mehr als vierhundert Erdjahren errichtet worden, und nichts deute darauf hin, dass seine Erbauer in der Zwischenzeit auch nur einmal hier gewesen seien. Und von der Erde? Dort wissen sie zwar, dass wir den Boliden entdeckt haben, aber wer wird in zehn Jahren – eher werden sie auf keinen Fall hier sein können – dieses vagabundierende Mineralstäubchen finden? So gut wie ausgeschlossen ist das!’
    Wieder spielte Robina am Ring.
    ‘Aber diese Anderen! Sie könnten morgen, in den nächsten Stunden kommen.
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