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Robina Krux

Robina Krux

Titel: Robina Krux
Autoren: Alexander Kröger
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sich überzeugt hatte, dass das Gerät noch funktionierte. Sie besaß keine Routine im Umgang mit dem Zähler, überlegte die Handgriffe, gab sich laut die Weisungen, und dann bestand kein Zweifel: Alpha- und Betateilchen sowie freie Protonen, Kernstrahlung also, ungefährlich für den durch den Raumanzug geschützten Körper.
    Robina kniete vor dem Gerät, bewegungslos. Es gehörte zum ABC ihrer Ausbildung: Bei der Fusion von Antimaterie mit Materie treten bei Materieüberschuss Alpha- und Betastrahlung und freie Protonen auf.
    Sie brach die Messung ab, wollte nicht noch feststellen, in welcher Intensität die Teilchenströme anlagen, auch das Richtungsmaximum nicht ergründen. Nur zur Uhr sah sie und rechnete. ‘Jetzt wäre die REAKTOM, wenn sie noch existierte, gerade aufgegangen…’
    Obwohl Kosmodynamik nicht zu Robinas Stärke zählte, hätte sie sich eine überschlägige Berechnung zugetraut. Den Umfang der Antihelium-Treibstoffreserven kannte sie, die Maße der Reaktoren des Schiffes und seine Masse insgesamt. Sie wusste, in welcher Entfernung die REAKTOM gestanden hatte, und kannte auch die Gesetzmäßigkeiten der radialen Ausbreitung einer Strahlung.
    Flüchtig dachte Robina dieses. Sie wollte nicht die Gewissheit… Aber sie konnte den Gedanken nicht verdrängen, so sehr sie sich auch bemühte: Das Raumschiff, die schmucke, moderne REAKTOM, Frank, Mandy, Stef, brachten keine Hilfe…
    Wie in Trance, keines weiteren Denkens fähig, ging Robina zurück zum Wrack. Lange stand sie vor dem Stapel der Vorräte. Dann nahm sie unbewusst zwei Sauerstoffbehälter auf und schritt schleppend langsam, dann immer schneller – wie traumwandlerisch – in die Ebene hinaus.
     
    Schon als Robina, erwacht aus ihrer Lethargie, glaubte, sich endgültig verirrt zu haben, tauchte linker Hand der violette Oktaeder auf, in dessen Nähe sich der Eingang zur Grotte befand.
    Sie hatte mechanisch den Weg zum zehn Kilometer entfernten Stützpunkt eingeschlagen – in einer Stunde zu erreichen bei den Sätzen, zu denen sie trotz fehlenden Elans in der Lage war. Allein mit den Sätzen, stellte sie binnen kurzem fest, hatte es so seine Eigenheiten. Je weiter sie wurden, desto mehr Anstrengung bedurfte es, mit der Last sicher aufzusetzen und den nächsten Schritt kontrolliert zu tun. Ja, als sie zum ersten Mal nach dem langen Flug den Boliden betraten, da machte das Tollen bei der geringen Schwere einen riesigen Spaß, den sie zu dritt – zum Leidwesen von Stef, der im Schiff bleiben musste und „gelb war vor Neid“, wie er berichtete – weidlich auskosteten. Aber hier, jetzt? Große Sätze waren ein immerwährender, kräftezehrender Balanceakt, und Robina reduzierte das Schrittmaß erheblich, so dass sie kaum schneller vorankam als in der Erdenschwere.
    Oftmals versuchte sie sich – meist vergeblich – während des Marsches auf den Weg zu konzentrieren, zwang sich, neue Formen aufzunehmen, neue Farbenspiele zu erfassen, und sie beschwor sich, an einen Fehler in ihren Vermutungen, an einen Irrtum der Geräte zu glauben.
    Sie steigerte sich in eine Stimmung, aus der heraus sie annahm, Frank müsse sich jeden Augenblick melden, das Geknatter mit seiner dunklen, so beruhigenden Stimme übertönen. Sie nahm nicht wahr, wie die Stunde verfloss. Dann, nach über 120 Minuten, als sie mehr zufällig als bewusst zur Uhr sah, blieb sie erschrocken stehen und blickte sich um. ‘Bin ich am Stützpunkt vorbeigelaufen?’ Ihre Furcht verstärkte sich, als sie nach weiteren 20 Minuten Marsches auch das Landezeichen noch nicht entdeckt hatte. ‘Sollte es ebenfalls nicht mehr existieren? Blödsinn! Selbst wenn dieser – dieser Schub es zerstört hätte, die Gerüstteile, Rohre und Winkelrahmen, Fremdkörper in dieser Welt, würden herumliegen, ja, ich müsste darüber stolpern’, dachte sie. ‘Und wenn ich völlig die Orientierung verloren habe, am falschen Ufer entlang laufe? Dort vorn, der Turm und der Quader, wie ein mittelalterlicher Dom… Beim Einflug stand dieser Turm immer zur Rechten, auf der Seite, auf der sich auch die Grotte befindet. Ich komme aus der entgegengesetzten Richtung, also!’
    Eine halbe Stunde später begann Robinas Hoffnung, den Stützpunkt doch noch zu finden, rapid zu sinken. Sie begann sich sarkastisch auszumalen, was wäre, wenn sie die Grotte nicht erreichte: ‘Ich könnte zurück zum Wrack, Sauerstoff habe ich genug!’ Und sie schlug wie zur Bekräftigung an die Behälter, die sie schleppte und die
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