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Robert Enke

Robert Enke

Titel: Robert Enke
Autoren: Ronald Reng
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Ziegner auf dem Internatszimmer. Mit 14 waren die beiden vom
     Land ins Sportgymnasium gekommen, in den Namen ihrer Heimatvereine lag noch der Klang einer dörflichen Welt, weit weg von
     Jena: Von der BSG Traktor Frauenprießnitz kam Mario, Torsten von der BSG Mikroelektronik Neuhaus / Rennweg. Oft genug zankten
     sie sich in ihrem kleinen Internatszimmer. Wenn ihn etwas störte, polterte Torsten gleich los. Diese Impulsivität brachte
     Mario auf. Der Enkus verstand sich mit jedem von ihnen bestens; wenn er dabei war, kamen alle gut miteinander aus.
    In der Eingangshalle des Sportgymnasiums hingen immer öfter Zeitungsartikel über sie aus. 1993 fuhren Robert Enke, Torsten
     Ziegner und Mario Kanopa mit der thüringischen Auswahl |25| nach Duisburg zum traditionellen B-Jugendpokal der Bundesländer. Hinter der Seitenlinie standen die Späher der Profivereine.
     Bei dem jährlichen Turnier in der Sportschule Wedau werden in der Wahrnehmung der Fußballszene aus 15-Jährigen erstmals potenzielle
     Profis. Zunächst hielt es die Thüringer Elf für einen schönen Witz, was in Duisburg passierte, am Ende »lachten wir uns über
     uns selbst tot«, erinnert sich Torsten Ziegner. In einer absurden Wiederholung glich ein Spiel dem anderen. Regelmäßig wirkten
     sie wie die unterlegene Elf. Nie verloren sie. »Es war«, sagt Torsten, »als ob Robert alleine spielte.« Er wurde immer größer.
     Mit jedem gehaltenen Torschuss erschien er den Stürmern, die vor ihm auftauchten, riesiger. Er erreichte den höchsten Geisteszustand
     eines Torwarts: Auf einmal überkommt dich in all der Hektik dieses Spiels die absolute Ruhe. So fest ihn die Stürmer auch
     treten, du glaubst, der Ball gehorcht nur dir. Eine allgewaltige Sicherheit füllt dich aus und macht dich noch größer, immer
     größer. 0:0, 0:0, 1:0, 4:0 |26| lauteten Thüringens Ergebnisse in Duisburg. Gegen ihn schoss man kein Tor.
    Die Jugendmannschaft von CZ Jena auf einer Tunesien-Reise, der Zweite von vorne links ist Robert Enke, der Zweite von vorne
     rechts sein Freund Mario Kanopa. [3]
    Im selben Jahr erreichte Carl Zeiss Jena das Endspiel der deutschen B-Jugendmeisterschaft, was in den nächsten 15 Jahren kein
     Klub mit ähnlich bescheidenen Möglichkeiten nachmachen würde. Der Klubpräsident lud das Team in eine Bar namens
Sockenschuss
; zu einer Runde Cola. Sie verloren das Finale 1:5 gegen Borussia Dortmund. Aber selbst die
Frankfurter Allgemeine Zeitung
schickte einen Reporter, um das Internat in einem Bericht zu würdigen. Die Internatsleiterin gab über ihre Fußballer zu Protokoll:
     »Sie sind nicht besonders ordentlich, sie essen alles, treten fast immer als Mannschaft auf und haben ein ausgeprägtes Selbstvertrauen.«
    Später werden die vier Freunde das gesamte Spektrum dessen abdecken, was aus einem talentierten Fußballer werden kann: Robert
     Enke wird Nationaltorwart. Torsten wird
local hero
, Kapitän, Spielmacher bei Carl Zeiss Jena in der Zweiten und Dritten Liga. Mario wird mit 22 nach einer schweren Verletzung
     seine Profikarriere beenden und studieren, in der Bilanz steht: ein Zweitligaspiel, ein Tor. Andy bekommt mit 15 von Carl
     Zeiss gesagt, es tue ihnen leid, aber es reiche nicht mehr, und wird fortan nur noch zum Spaß in kleineren Teams spielen.
    Damals träumten sie gemeinsam.
    Vor 30   000 Schulkindern spielten Robert Enke, Torsten Ziegner und Mario Kanopka mit der deutschen Jugend-Nationalelf gegen England
     im legendären Wembley-Stadion. Sie waren 15. Das Spiel endete 0:0, der
Daily Telegraph
, Margaret Thatchers Lieblingszeitung, berichtete: »Eine Kombination aus phantastischen Torwarttaten und armseligen Torschüssen
     verhinderte Englands Sieg.« Robert Enke war gemeint.
    Er lag noch am Boden, nachdem er einen furiosen Schuss von Stephen Clemence im Flug abgewehrt hatte, als bereits der Nachschuss
     von Jay Curtis auf das Tor flog. Er sprang auf, es ging zu schnell für das Publikum, um zu verstehen, wo seine Hand herkam.
     Aber er wehrte auch diesen Schuss ab.
    Er wurde entdeckt. Deutscher Jugendfußballer des Monats, ein ganzseitiger Bericht im
Kicker
. Der
Stern
porträtierte ihn in |27| einem Sonderheft »Die 16-Jährigen« als Protagonisten seiner Generation. »Oft denke ich nicht über die Welt nach«, sagte Robert
     Enke, sehr 16-jährig, dem
Stern
, »aber manchmal habe ich ein Gefühl, als ob sie untergeht.«
    Auf der Tribüne des Wembley-Stadions saß Dirk Enke mit einigen anderen Eltern der Mitspieler. Der
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