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Robert Enke

Robert Enke

Titel: Robert Enke
Autoren: Ronald Reng
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Depression versuchte
     er, jede Initiative abzublocken.
    Ein Besucher, der aus dem Pavillon kam, erkannte Robert Enke und schenkte ihm eine Eintrittskarte.
    Drinnen war es kalt, die Wände und Fenster waren mit schwarzem Stoff verhängt. Nur die Vitrinen leuchteten. Teresa hatte die
     Ausstellung ohne Hintergedanken ausgewählt. Sie wollte irgendetwas unternehmen, und Kunst schien unterhaltsamer als IKEA.
     Dass die Leichen, das Grauen des verfallenen Körpers, Robert von seinen Selbstmordgedanken abbringen könnten, hoffte sie nicht.
     In den letzten zwei, drei Tagen schien er ohnehin relativ gefestigt; nur gleichgültig statt verzweifelt.
    Er ging alleine an den Vitrinen entlang, eine Raucherlunge, ein Kopf mit freigelegter Halsschlagader. Teresa reichte es bald.
    Doch mit den befremdenden Eindrücken der Ausstellung wollte sie nicht nach Hause fahren. »Lass uns noch ins
Café Kreipe
gehen.«
    In allen Städten, in denen sie gelebt hatten, hatten sie
ihre
Orte, das
La Villa
in Estoril, das
Blues Café
in Lissabon, der |420| Reitstall in Sant Cugat. Diese Orte hatten für sie eine zauberhafte Kraft; sobald sie sie betraten, war es, als glitten sie
     in ein warmes Bad. Das
Café Kreipe
war ihr Ort in Hannover.
    Es hieß längst
Coffee Time
. Für sie war es
Café Kreipe
geblieben. Im oberen Stockwerk standen schlichte Holztische auf grauem Teppich, eine Fensterfront gab den Blick auf die Oper
     frei.
    Er bestellte sich einen Pflaumenstrudel mit Vanillesoße. Sie registrierte es glücklich. Er gönnte sich wieder etwas, er bestrafte
     sich nicht mehr selbst. Kleine Schritte überall. Wenn es so weiterging wie heute, kam er da wieder raus.
    Teresa machte ein Foto von ihm und Leila. Er knipste sein Lächeln an, als koste es ihn nichts.
    »Seit wann kennen wir das
Café Kreipe
eigentlich schon?«, fragte er und sah sich um, als rufe er viele Erinnerungen ab.
    Vor sieben waren sie zu Hause. Im beleuchteten Haus klang der Regen an den Scheiben angenehm, beruhigend. Er bot an, Leila
     ins Bett zu bringen. Teresa schaltete den Fernseher ein und blieb bei
Bauer sucht Frau
hängen, er kam und setzte sich dazu, »erzähl bloß niemandem, dass mir
Bauer sucht Frau
gefällt«, hatte er ihr einmal gesagt. Teresa kuschelte sich an ihn, und er ließ es geschehen. Um 21 Uhr telefonierte er mit
     Valentin Markser, die zweite Sitzung des Tages, wie jeden Tag.
    »Terri, ich liebe dich«, sagte er, bevor sie schlafen gingen.
    »Ich liebe dich auch, und wir kommen da raus.«
     
    Am nächsten Tag, Dienstag, der 10. November 2009, ging Teresa mit Leila am Nachmittag zum Arzt. Auf dem Rückweg kaufte sie
     Rinderfilet und Feigen, die mochte er immer so gerne. Er würde gegen halb sieben vom Training kommen. Auf eigene Initiative
     hatte er zwei Trainingseinheiten angesetzt, obwohl die Mannschaft freihatte. Er wollte seinen Rückstand aufholen. War das
     nicht das beste Zeichen, dass er wieder einen eigenen Antrieb hatte? Sie rief ihn an, um zu hören, ob er schon auf dem Heimweg
     war. Das Handy war ausgeschaltet. »Scheiße, Robbi, mach das nicht immer mit mir!«, rief sie laut, allein im Haus. Nicht aufregen,
     sagte sie sich, gleich kam er doch.
    |421| Ihr Telefon klingelte. Schnell holte sie es.
    Es war nur Jörg. Er wollte etwas mit Robert besprechen, aber das Handy war immer ausgeschaltet.
    »Er ist noch nicht zu Hause. Ich habe heute Mittag noch mit ihm telefoniert, aber jetzt mache ich mir auch Sorgen.«
    »Mich macht das verrückt, wenn er allein unterwegs ist. Terri, wir dürfen ihn nie mehr allein fahren lassen!«
    »Jetzt muss er erst einmal nach Hause kommen.«
    Jörgs Nervosität hatte ihre multipliziert. Kaum hatte sie aufgelegt, rief sie ihn wieder an.
    »Jörg, gib mir doch bitte mal die Telefonnummer vom Colt, ich möchte nachfragen, was los ist.«
    Sie rief den Torwarttrainer an. Es war kurz nach halb sieben. Jörg Sievers, den sie Colt nannten, fragte erstaunt: »Teresa?«
    »Robbi ist noch nicht zu Hause, deshalb wollte ich nur mal hören, wann ihr euch nach dem Training getrennt habt, um zu wissen,
     wann ich mit ihm rechnen kann.«
    Es wurde still in der Leitung. Schließlich sagte Jörg Sievers vorsichtig: »Heute war kein Training.«
     
    Nachdem er aufgelegt hatte, wählte der Torwarttrainer sofort Roberts Nummer. Nach zwanzig Jahren im Profifußball konnte sich
     Jörg Sievers nur einen Grund für Robert Enkes Lüge vorstellen: Er war bei einer anderen Frau. Sievers wollte ihn warnen. Roberts
     Mailbox ging
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