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Engelherz - Band 1-3

Engelherz - Band 1-3

Titel: Engelherz - Band 1-3
Autoren: Jennifer Schreiner
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EDENDÄMMERUNG

1.

    Am Anfang war alles.
    Und dann war ich.
    In der plötzlichen Finsternis hinter meinen Augen begriff ich, dass ich existierte.
    Ich.
    Mit geschlossenen Augen drehte ich das Wort in Gedanken hin und her. Ein unglaublich zufrieden stellendes Gefühl.
    Eben noch hatte ich nicht existiert und nun lebte ich und wusste es!
    Schlagartig wurde ich mir meiner Körperlichkeit bewusst, ich spürte mein Gewicht und fragte mich beunruhigt wo ich begann und wo ich endete. In Sekundenbruchteilen nahm ich die Grenzen meines Körpers wahr.
    Als ich ein Rauschen hörte, erschrak ich. Dann identifizierte ich das rhythmische Klopfen als Herzschlag, der Schlag für Schlag Blut in jede kleine Zelle meines Körpers pumpte.
    Ein komisches Gefühl, ein lustiges Gefühl. Ich hörte mich selber lachen und wusste, dass ich lachte, weil ich glücklich war.
    Unwillkürlich atmete ich ein. Der Geschmack der Luft prickelte überwältigend auf der Zunge, würzig und frisch. Gierig sog ich sie tiefer in die Lunge, nahm wahr, wie sich mein Brustkorb hob und senkte, als ich ausatmete.
    Beim zweiten Mal atmete ich langsamer, bewusster ein, dieses Mal durch die Nase und versuchte die verschiedenen Gerüche voneinander zu unterscheiden: Gras, Tau, Lilien.
    Beim dritten Mal konzentrierte ich mich auf das Heben und Senken meiner Brust, genoss das Bewusstsein zu existieren und Wahrzunehmen.
    Durch diese Bewegung meines Körpers spürte ich meine Grenzen deutlicher und öffnete vorsichtig die Augen.
    Im selben Augenblick prasselten Eindrücke auf mich ein: Fühlen, Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Wissen, alles auf einmal.
    Unwillkürlich schloss ich die Augen, um den vielen Wahrnehmungen zu entgehen und mich erst mal auf das Fühlen und Hören zu konzentrieren.
    Als ich ein Geräusch neben mir hörte und ein überraschtes Einatmen, wusste ich, es geschah wieder: Ein anderes Ich wurde erschaffen.
    Ich würde nicht alleine sein.
    Mich langsam wieder den Eindrücken der Welt öffnend, fühlte ich Wiese unter meinem Rücken, das sanfte Streicheln des Windes und warme Sonnenstrahlen auf meiner bloßen Haut.
    Nie hätte ich mir Leben so erträumen können.
    Langsam bewegte ich meine Finger, ließ sie durch das Gras gleiten, fühlte die Textur der Materie, die mir vage vertraut vorkam und bemerkte, dass ich den Dingen Namen gab.
    Ich überlegte einen Moment, doch es fühlte sich richtig an. Ich fühlte mich richtig an.
    Eben, vor wenigen Sekunden hatte ich nicht einmal existiert und jetzt lebte ich und gab der Materie Namen.
    „ Halt, das ist nicht richtig! Ich habe existiert. Ich habe es nur nicht gefühlt. Ich habe gewusst und ich bin gewesen. Aber was habe ich gewusst? Und was bin ich gewesen?“
    Entschlossen ließ ich meine Hand wieder sinken und versuchte mich auf meine Gedanken zu konzentrieren. „Was bin ich gewesen? Ich bin ein Teil gewesen? Ein Teil von was?“ – „Und was bin ich jetzt?“
    Ich hörte mich wieder lachen. Lachte mich selber aus. „Wie kann man sich solche philosophischen Gedanken machen, wenn man so glücklich ist?“
    Gleichzeitig wusste ich, dass ich es liebte, mir Gedanken zu machen. Dass sie wichtig waren, größer als alle Empfindungen.
    Ein warmes, geborgenes Gefühl durchflutete mich: Meine Gedanken, nur meine! „Kann das sein? Was bin ich?“
    Ich hob meine Hand wieder und führte sie hoch, zu meinem Gesicht und berührte mich zum ersten Mal mit den Fingerspitzen. Warm, schön.
    „ Ich bin ein Mensch. So einfach ist das und vorher war ich ein Teil.“
    Wieder lachte ich über meine eigenen Gedanken. Meine! Ich wusste, dass ich kein Teil mehr war, sondern ein Einzelwesen, ein Individuum und genoss das Gefühl auf einer Wiese zu liegen und die Wärme auf meiner Haut zu spüren.
    Vorsichtig blinzelte ich wieder.
    Ein blauer Himmel.
    Ehrfurcht stieg in mir hoch. Ehrfurcht und Liebe zu dieser Welt. Sie war perfekt. Ich war perfekt.
    Ich streckte meine Hand aus, betrachtete ihre Perfektion und die Reflexionen der Sonne auf ihr, die Schatten, die sie warf, bis mich ein Rauschen ablenkte.
    Als ich die Bäume sah, deren Blätter vom Wind bewegt wurden, sich aneinander rieben und miteinander rauschten, jubelte ich.
    Aufgeschreckt flog ein Vogel auf und ich erkannte, dass um mich herum tatsächlich Alles war.
    Verwirrt schlug ich die Hände vor meine Augen, um für einen Augenblick nicht mehr sehen zu müssen, weil ich befürchtete, mein Herz könnte vor Glück platzen.
    Ich fühlte wie sich Tränen in meinen
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