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Roarke - der Abenteurer (German Edition)

Roarke - der Abenteurer (German Edition)

Titel: Roarke - der Abenteurer (German Edition)
Autoren: JoAnn Ross
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gehalten wurde, während man ihm eine Schlinge um den Hals legte.
    Die Beine drohten ihr wegzuknicken. Sie sank auf einen Stuhl. Instinktiv wollte sie sich gegen das Bild wehren, doch sie musste wichtige Hinweise sammeln.
    Wie schon einmal sah sie wieder die Männer im Bayou vor sich. Sie hielten Fackeln in den Händen, trugen Henkersmützen und bildeten einen Kreis. In der Mitte dieses Kreises flehte ein verängstigter junger Mann um Gnade.
    “Du hast bereits Gnade gefunden”, erwiderte eine tiefe und sehr vertraute Stimme. “Und zwar bei der Einrichtung, die man fälschlicherweise unser Justizsystem nennt. Und jetzt erhältst du deine Strafe.”
    Der Mann zog am Ende des Seils, das über den Ast einer Zypresse verlief. Die Füße des Gefangenen hoben sich von der Erde.
    “Damit kommt ihr nie durch!” schluchzte der junge Mann. “Bitte, lasst mich laufen! Ich werde es niemandem erzählen! Ich verlasse die Stadt, den Staat! Ich fahre nach …”
    “Du fährst zur Hölle”, sagte der Mann und wich zurück.
    Einer der anderen Maskierten hob eine Schrotflinte. Daria hörte, wie er den Hahn spannte, während der Gefangene weiter um sein Leben flehte. Im Licht der Fackeln sah sie seine weit aufgerissenen Augen.
    Und dann passierte etwas. Seine Miene veränderte sich, und jetzt wirkte er so kalt und böse wie die Männer, die ihn töten wollten.
    “Vielleicht fahre ich zur Hölle, aber ihr werdet auch dort landen”, drohte er.
    “Kann schon sein”, erwiderte der Mann, dessen Stimme Daria erkannt hatte. “Aber du gehst zuerst.”
    Er nickte. Im nächsten Moment krachte die Schrotflinte. Ein faustgroßes Loch klaffte in der Brust des Gefangenen. Aus seinem Herzen spritzte Blut auf die Erde.
    Die Männer standen schweigend da. Als die Beine des Mannes zu zucken aufhörten und kein Blut mehr floss, schnitten sie ihn los und warfen ihn ins Bayou.
    Die Männer nahmen die Mützen ab, und Daria betrachtete sie schockiert. Sie kannte diese Männer persönlich – Polizisten und Richter, mit denen sie täglich zusammenarbeitete. Sie alle schüttelten die Hand ihres Anführers James Boudreaux.
    “Um Himmels willen”, flüsterte sie, stützte den Kopf in die Hände und weinte, was sie in jener Nacht nicht gekonnt hatte.
    Alles fiel ihr wieder ein. Die sechs Monate dauernde Ermittlung, die sie in jener Nacht ins Bayou geführt hatte. Der Verdacht, über den sie mit niemandem zu sprechen wagte, auch nicht mit dem Mann, mit dem sie verlobt war. Vor allem nicht mit dem Mann, mit dem sie verlobt war.
    Sie hob den Kopf und betrachtete den glitzernden Diamantring an der linken Hand. Und sie war immer so stolz darauf gewesen, dass sie Menschen durchschaute. Doch als es wirklich darauf ankam, hatte sie einen fatalen Fehler begangen.
    Nervös stand sie auf und wanderte wieder unruhig umher. Sie musste Roarke schildern, was ihr eingefallen war. Aber wie?
    Daria trat auf die Veranda und blickte auf das menschenleere Bayou hinaus. Sie konnte ihn nicht erreichen und musste auf seine Rückkehr warten. Und sie hoffte, dass es nicht zu spät war.
    Der Laden für Anglerbedarf war typisch für diese Gegend. Die Wände bestanden aus Zypressenholz, das Dach aus Wellblech. Es gab eine Bootsanlegestelle, Waagen für den täglichen Fang, Krebsfallen und Behälter mit Köderfischen. Über der Tür machte ein handgeschriebenes Schild die Angler darauf aufmerksam, dass sie den ebenfalls als Köder verwendeten Käse im Laden kaufen sollten, wenn sie ihren Fang hier verkaufen wollten.
    In dieser Gegend galt es als höchst unhöflich, sich zu beeilen. Roarke war gezwungen, sich zu den Männern zu setzen, die auf dem Pier Bier tranken und aßen. Sie unterhielten sich über das Wetter, die Fische, die Jagd und über diese verdammten Ölgesellschaften, die Geld, aber auch Umweltgefahren ins Bayou brachten.
    “Irgendwann wird das Leben, wie wir es kennen, verschwinden”, prophezeite ein alter Mann. “Das Öl war schon schlimm genug. Mit allen diesen Krokodilsfarmen und Krebszuchtstationen wird es auch nicht besser. Die Leute werden weggehen.”
    “Ich würde krank werden, müsste ich fort von hier”, sagte ein anderer Mann.
    Die Übrigen nickten. Niemand fragte Roarke, was er während seiner Abwesenheit gemacht hatte. Das Leben der “Amerikaner”, wie einige der alten Cajuns die übrigen Einwohner des Landes nannten, interessierte sie nicht. Ihre Welt war das Bayou, und nur das zählte. Roarke verstand ihre Denkweise und fürchtete, dass
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