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Road of no Return

Road of no Return

Titel: Road of no Return
Autoren: Gillian Philip
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habe meinen Dad schon oft einen Rückzieher machen sehen, wobei ihm sein Stolz wie ein Teppich unter den Füßen weggezogen wurde. Ich kann es nicht mehr ertragen.
    »Der Jahrestag«, sagte er langsam. »Oh.«

    Mum rieb sich mit Daumen und Zeigefinger die Schläfe.
    »Oh mein Gott«, sagte sie zum Küchenfenster. »Ich hatte nicht … das war mir nicht …«
    … im Traum eingefallen , dachte ich. Ganz genau.
    »Hast du Allie heute Morgen schon gesehen?« Man sollte kaum glauben, wie viel Aggressivität Dad in diese Worte legen konnte. »Geht es ihr gut?«
    Ich antwortete nicht, goss nur Milch über meine Frosties und tat so, als ob ich seinen Blick nicht spüren würde. Ich war der Einzige, dem Dad sich zu stellen vermochte. Mach nur, dachte ich, wenn du dich dann besser fühlst. Es war am besten, ihn zu ignorieren. Ich wusste, dass er mich gerne schlagen würde, sich aber nicht traute. Nicht nach dem ersten Mal.
    Mum spürte die Feindseligkeit, setzte sich übertrieben gut gelaunt hin und faltete die Hände. Einen grässlichen Moment lang glaubte ich schon, sie wollte uns auffordern zu beten, doch dann legte sie sie stattdessen um ihre Tasse Sumpfbrühe mit Brennnesselgeschmack.
    »Ein Jahr«, verkündete sie mit ihrer gleichmäßigen, geschäftsmäßig mitleidvollen Stimme. »Ein ganzes Jahr. Vielleicht sollten wir alle unser Leben wiederaufnehmen.«
    »Manche von uns können das nicht«, murmelte ich.
    »Oh Nick! Kevin Naughton war sehr jung. Und er muss sehr unglücklich gewesen sein.«
    Manchmal ist meine Mutter derartig großzügig und verständnisvoll, dass ich sie ohrfeigen könnte. Kev Naughton war nicht jünger als ich und ich habe so etwas nicht gemacht.

    Aber ich hätte es tun können, das war der Haken an der Sache.
    Mum goss Dad Kräuterbrühe in seine Teetasse, wobei der Strahl ein wenig wackelte. Daran merkte ich, dass ihre Hand zitterte. »Psst«, sagte sie, »Allie wird gleich hier sein.«
    Erwachsene sind schon komisch: Sie meinen immer, dass eine Sache niemanden verletzt, wenn sie sich nur gewaltig anstrengen, sie ja nicht zu erwähnen.
    Es war wie an jedem anderen Morgen. Ich brachte Lola Nan etwas Toast und Marmite und bemühte mich, mich mit ihr zu unterhalten, und sie schrie mich an. Nichts Besonders, nur ein allgemeines Geschrei, aber ich ging, und sie aß ihren Toast. Allie erschien und blieb beim Anblick des Tisches stocksteif stehen, um dann mit anklagendem Blick einen Stuhl für Aidan zu holen. Als Mum ihr fröhliches Gesicht aufsetzte und ihr anbot, ihm einen Teller hinzustellen, erinnerte Allie sie im Tonfall äußerster Geduld, dass Aidan nicht aß. Dad sah besorgt drein, Mum fröhlich und positiv, und ich aß mein Frühstück so schnell wie möglich und machte, dass ich wegkam.
    Gelegentlich war mir die Gesellschaft von Lola Nan noch am liebsten.
    Bevor ich zur Schule ging, widmete ich mich wie immer meinem eigenen kleinen Ritual. Ich zog die untere Schublade an meinem Kleiderschrank auf, schob die Wintersachen beiseite und holte das schmale, in Zeitungspapier gewickelte Paket heraus. Um der alten Zeiten willen achtete ich darauf, dass es schön scharf blieb, und selbst durch mehrere Lagen des Daily Record konnte ich die Klinge spüren. Wenn ich auf die Spitze tippte, floss fast Blut.

    Messer sind schön. Ich sage das nicht nur, um den Macho zu spielen, es ist einfach so. Ein Messer glitzert nicht wie die Pailletten an einem Flatterrock. Es funkelt auch nicht so wie einer von Mums Kristallen vor einem sonnenerhellten Fenster. Der Glanz einer Messerklinge ist gleichmäßig und eben und ununterbrochen – ein Understatement-Leuchten. Dieses Messer fühlte sich leicht und flexibel und wahrhaftig an, es hatte etwas Beruhigendes.
    Also war ich beruhigt. Ich wollte es nicht auspacken und mitnehmen. Das wollte ich nie wieder tun, aber ich musste immer wissen, dass es da war. Es war mein Talisman, mein Glücksbringer. Ich legte es wieder in die Schublade, packte die Pullover darüber und schloss sie. Dann rief ich nach Allie, doch sie schrie nur zurück, dass sie mich nicht brauchte, weil sie Aidan hatte.
    Und so ging ich allein zur Schule.

2
    Allie war eine schlaue kleine Hexe. Aidan – dass ich nicht lache. Der wahre Grund, warum sie meine Gesellschaft nicht brauchte, war, dass sie nicht in die Schule ging. Dummerweise hatte ich bereits eine Doppelstunde Englisch, eine Freistunde, die Frühstückspause, einige kaum beachtete Witze über die Radiosendung meiner Mutter und eine
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