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Road of no Return

Road of no Return

Titel: Road of no Return
Autoren: Gillian Philip
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den richtigen Radiosender wieder ein und drehte die Lautstärke hoch, damit ich wach wurde.

    »Guten Tag, Mutter«, stöhnte ich. »Du dumme, dumme Kuh!«
    Das meinte ich nicht so. Zumindest nicht ganz so. Auf jeden Fall wollte ich nicht, dass sie es hörte, denn soweit ich weiß, ist sie immer noch in einigen Punkten sensibel. Allerdings hat offenbar keiner dieser Punkte irgendetwas mit mir oder Allie zu tun, sonst würde sie uns so etwas nicht antun.
    Arme alte Allie.
    Ich hätte gerne noch ein paar glückliche Minuten damit zugebracht, über wilden Sex mit Orla Mahon zu fantasieren, was in letzter Zeit eine Menge meiner Zeit beanspruchte (nur die Vorstellung, nicht der wilde Sex selber). Aber Mum hatte die Stimmung ruiniert, also wühlte ich mich an diesem kühlen Augustmorgen aus dem warmen Bett heraus.
    Barfuß tapste ich in Allies Zimmer. Mum hatte davor einen ihrer dämlichen Kristalle aufgehängt, mit dem ich wie gewöhnlich an die Tür hämmerte und auf Allies Grunzen wartete, obwohl ich wusste, dass ich auch ungestraft so hätte eintreten können. Sie war auf keinen Fall schon aufgestanden. Tatsächlich konnte ich im Dämmerlicht nur einen unförmigen Betthaufen und ein Büschel unmöglich wirrer Haare erkennen. Aus ihrem Radio ertönte belanglose Achtziger-Jahre-Musik: wieder Mums Sender. Ich setzte mich auf den Bettrand und zauste ihre Haare. »Guten Morgen, Allie!«
    Am Rand der Bettdecke erschienen Finger und schoben sie zur Seite, um ihr zartes Gesicht freizulegen. Zart, aber unglaublich mürrisch. In ihren Augen knirschte noch der Schlaf – soweit man das durch die braunen Haarsträhnen überhaupt erkennen konnte.

    »Nick«, sagte sie, »du sitzt auf Aidan.«
    Seufzend schloss ich die Augen. Für so etwas war es einfach noch zu früh. Ich hatte einen schlimmen Albtraum gehabt und war immer noch verschlafen. Eigentlich war ich noch so müde, dass ich mich am liebsten gleich seitlich auf Allies Bett fallen lassen und einschlafen wollte …
    »Geh runter von ihm!« Sie schubste und stieß mich und ihre Stimme wurde schrill. »Los, runter!«
    Okay, Game over. Seufzend erhob ich mich und setzte mich gehorsam auf ihre andere Seite. »Besser so?«
    Immer noch sah sie mich wütend an. »Das solltest du lieber ihn fragen.«
    »Allie …«
    »Vergiss es. Nerv mich nicht am frühen Morgen. Und nerv Aidan nicht.«
    »Na gut«, lächelte ich sie an. »Es tut mir leid.« Das meinte ich wirklich so.
    Ihre dunklen Augenbrauen waren immer noch missbilligend gerunzelt, aber als ich ihr die wirren Haarsträhnen aus den Augen strich und sie hinter ihre Ohren klemmte, wurden ihre Gesichtszüge schließlich weicher, und sie begann mich anzulächeln.
    »Du kannst mir ein paar Weintrauben reichen, wenn du schon da bist«, meinte sie.
    »Ach ja? Und warum macht Aidan das nicht?«
    »Aidan«, bemerkte sie schnippisch, »ist nicht fürs Essen zuständig.«
    Mit vierzehn war Allie eindeutig zu alt für einen imaginären Freund. Eines Tages, eines nicht allzu fernen Tages, würde
ich mit meiner kleinen Schwester ein ernsthaftes Gespräch darüber führen müssen. Nicht nur zu ihrem eigenen Besten, sondern auch zu meinem und dem der ganzen Familie. Aber nicht ausgerechnet jetzt. Und auf keinen Fall – an welchem Tag auch immer – morgens um halb acht. »Du bist morgens echt die Hölle.«
    »Aber nur, weil meine Mutter eine Dienerin des Satans ist.« Sie hob die Augenbrauen.
    »Allie«, begann ich unwillig, musste dann aber grinsen. »Dann hast du es auch gehört?«
    »Oh Gott. Und ob.« Sie zog sich wieder die Decke über den Kopf und ihre gedämpfte Stimme verkündete: »Nick, ich will heute nicht in die Schule gehen.«
    »Pech«, meinte ich und zog ihr die Decke vom Gesicht.
    »Wir gehen einfach nicht. Das haben wir schon besprochen. « Wieder verschwand sie unter der Decke. »Du kannst uns nicht zwingen.«
    »Allie, du hörst dich langsam an wie Gollum. ›Du kannst uns nicht zwingen, mein Schatzzzz.‹« Ich zog an einem Zipfel der Bettdecke, um es in ihr Ohr zu zischen, und wurde mit einem ärgerlichen Quieken bedacht.
    »Verschwinde, Nick!«
    »Allie, für Aidan ist das in Ordnung. Den kann man schlecht von der Schule schmeißen.«
    »Ja, und das werden sie mit mir auch nicht machen, wirst du schon sehen.«
    »Allie«, begann ich, hielt dann aber inne, zu feige, um sie zu schelten, weil sie mich mal wieder manipulierte. Meine Schwester hatte Probleme. Natürlich vermieden die Leute es,
ihr ins Gesicht zu sagen, sie
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