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Ritus

Ritus

Titel: Ritus
Autoren: Markus Heitz
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Wunden war kaum noch etwas zu erkennen.
    Zurück im Schlafzimmer griff Eric zu Papier und Stift, schrieb sich die Namen seiner Gegenspieler auf und versuchte, etwas Ordnung in seine Gedanken zu bringen. Während er nachdachte, zeichnete der Stift wie von allein ein Auge, dann eine Nase, bis mehr und mehr das Gesicht von Lena daraus wurde.
    »Scheiße!« Er schloss die Augen. Es gab zu wenig Ansatzpunkte, zu wenig Wissen über seine Gegner. So, wie es aussah, musste ihn sein Weg nun wirklich nach Rom führen. Er würde diese Schwesternschaft aufspüren. Absurderweise dachte er daran, dass er unbedingt seine Italienischkenntnisse auffrischen musste.
    Eric dachte an Schwester Ignatia, deren Tod er nicht beabsichtigt hatte, und welch seltsame Auswirkungen ihr Blut auf ihn gehabt hatte. Es konnte nur ihr Blut gewesen sein, das ihm diesen wirren Tagtraum sandte. Er hatte in seinem ganzen Leben keine auch nur annähernd so starken Eindrücke wahrgenommen.
    Lange durfte er nicht mehr in Plitvice bleiben. Die Polizei würde nach dem Tod der Nonne sicherlich nach José Devina aus Badajóz fahnden. Das war sein Name, unter dem er gereist war. Eric von Kastell war die ganze Zeit über in Petersburg, das konnten diverse Clubbesitzer bestätigen. Ausreisen würde er als Simon Smithmaster, sobald der Sturm nachgelassen hatte und der Flugbetrieb aufgenommen wurde.
    Etwas brummte elektronisch und tief.
    Eric hob die Lider und sah nach seinem Handy, das auf dem Tisch lag, sich vibrierend über das Holz schob und leuchtete; er hatte es auf stummen Alarm geschaltet. »Ja, Anat …?« Sein Blick fiel unvermittelt auf einen weißen Umschlag, der unter seinem Koffer lag. Von ihm stammte er nicht.
    »Hallo, mon frère«, hörte er Justines Stimme. »Wie geht es dir?«
    »Fick dich«, sagte er und legte auf. Er hatte keine Nerven, schon wieder über die Aufteilung des Erbes zu verhandeln. Er stand auf, zog den Umschlag vorsichtig hervor und wog ihn abschätzend in der Hand. Nicht schwer, und im Inneren befanden sich mehrere dünne Blätter. Bilder? Hastig riss er eine Seite auf und schüttelte den Inhalt auf die Bettdecke.
    Es waren vier verschiedene Aufnahmen, die aus großer Entfernung mit einem Teleobjektiv geschossen worden waren. Sie zeigten … ihn. Wie er in jenem Wäldchen in München auf der nackten, toten Tina saß, wie er Tina wegschleppte, wie er Tina in sein Auto lud, wie er davonfuhr. Dazwischen lag ein Zettel mit einer schwungvollen Handschrift: Beste Grüße von Fauve.
    Eric wurde gleichzeitig heiß und kalt. Tina und ihr Freund waren nichts anderes als Köder gewesen, und er war in die Falle getappt, die Fauve für ihn platziert hatte. Diese eindeutigen Bilder konnten ihn in unglaubliche Schwierigkeiten bringen. Dieser Fauve wollte ihn nicht einfach umbringen – er wollte ihn fertig machen.
    Das Handy leuchtete wieder auf. Er hob ab. »Justine, nerv mich nicht!«, schrie er. »Du blockierst …«
    »Sie möchten mit dir reden, Eric«, erwiderte sie. »Obwohl du immer noch ein cul gigantique bist.«
    »Wer möchte mit mir reden?«
    »Les Sœurs … Die Schwesternschaft. Du hast eine von ihnen erstochen, erinnerst du dich?« Ein scharfes Klicken, ein lautes Einatmen, ein leises Knistern. Sie zündete sich ganz offensichtlich eine Zigarette an. »In zwei Tagen auf dem Petersplatz, dreiundzwanzig Uhr. Sei dort, oder du wirst die kleine Loupette nicht mehr sehen. Au revoir!«
    Sie legte auf.

NACHBEMERKUNG
    Aus der Ablehnung entstand Faszination
     
    Eigentlich wollte ich dieses Buch gar nicht schreiben. Mein Spezialgebiet sind die Vampire, nicht die Werwölfe, die ich bislang als recht langweilig, eintönig, farblos einstufte. Eigentlich …
    Wie gut, dass ein Lektor namens Timothy Sonderhüsken nicht lockerließ. Irgendwann sagte ich mir: Schau sie dir eben mal an, die Werwölfe. Als Historiker stürzte ich mich auf alte Unterlagen und Aufzeichnungen rund um den Werwolf-Glauben, um Werwolf-Vorfälle und -Prozesse. Und siehe da: Ich fand interessant, was ich fand. Äußerst interessant!
     
    Spätestens die Legende der Bestie vom Gevaudan, einer Gegend im schönen Südfrankreich – der man dort übrigens ein Statue und ein Museum gewidmet hat –, brachte mich dazu, den Stoff aus den 60er Jahren des 18. Jahrhunderts anzupacken, der bis heute Rätsel aufgibt. Mehr als Legenden und Forschermeinungen existieren dazu nicht, Beweise für die unterschiedlichen Theorien fehlen. Wie geschaffen also als Ausgangspunkt für einen
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