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Ritus

Ritus

Titel: Ritus
Autoren: Markus Heitz
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Eric nicht. Die Männer bekämen wenig Gelegenheit zur Gegenwehr. Die Überraschung war dieses Mal auf seiner Seite.
    Vorsichtig pirschte er sich näher, vorbei an den kleinen Kaskaden, in deren Becken sich das Wasser sammelte. Sie waren diamantenklar und sicher eisig kalt; die Sterne spiegelten sich darin, und am Grund sah er die Umrisse alter, halb versteinerter Bäume, die durch das Kräuseln der Wellen verfremdet wurden und wie die abgeschlagenen Finger eines Riesen wirkten. Dort, wo das Wasser flacher war, glitt ein Fischotter geräuschlos ins Wasser und fing sich sein Essen. Der Nationalpark stellte wirklich ein kleines Paradies dar. Bis auf das Böse, das darin lebte. Ein Paradies mit einem schwarzen Fleck.
    Näher gekommen, beobachtete Eric, was die Leute an dem Hügel machten. Sie trugen die Anzüge der Parkaufsicht, um den Anschein der Legalität zu erwecken und damit sie niemand nach dem Waffenschein fragte, den sie ohne Zweifel für ihre Gewehre benötigt hätten. Seine ausgezeichneten Ohren trugen ihm die Worte der zwei Männer und drei Frauen zu, die sich auf Englisch unterhielten.
    Es handelte sich tatsächlich um den Bau des Wandelwesens. Unter der weißen Kuppe befand sich offensichtlich der Eingang zu einer Höhle oder einem Stollen, einer der Männer lag zu zwei Drittel mit dem Kopf voran darin und fluchte dumpf; zwischendurch vernahm Eric das Kläffen und Heulen der Jungtiere.
    »Wie viele sind es?«, fragte eine der Frauen aufgeregt.
    »Fünf«, erhielt sie undeutlich zur Antwort. »Es waren mal sieben, aber sie haben schon angefangen, sich gegenseitig zu fressen.« Er fluchte wieder und kroch rückwärts aus dem Loch, die Linke hielt einen winselnden Welpen im Griff. »Scheiße, sind die schnell! Es wird dauern, bis ich sie alle erwischt habe.« Er setzte die Miniaturausgabe der Bestie in eine Box, an die eine Heizung angeschlossen war. Erfrieren würden sie schon mal nicht. Nachdem er den Sitz seiner dicken Lederhandschuhe überprüft hatte, robbte er wieder in den Bau hinein.
    »Gut, dass wir die Göttlichen gefunden haben«, sagte die Frau erleichtert. »Wo nur die Mutter abgeblieben ist? Ich hätte sie zu gerne mitgenommen.«
    »Ich schätze, sie ist tot«, gab einer der Männer zurück. »Ich habe von einem Zwischenfall im Hotel Zur Erholung gehört. Jemand erzählte etwas von einem Hund oder einem Wolf. Die Beschreibungen des Mannes und der Frau, die damit zu tun hatten, passen auf die Heruka und dieses Arschloch, das uns in Petersburg in die Quere kam.«
    Damit hatte sich für Eric die Frage geklärt, mit wem er es zu tun hatte: der Orden des Lycáon.
    Die Frau schwieg entsetzt. »Er ist hier? Das sagst du jetzt erst, Ischmalon?«
    »Dann hat er die Fotos der Göttlichen gefunden«, fügte die zweite Frau hinzu und kreuzte die Arme vor der Brust. »Er hat sich entschlossen, gegen sie zu kämpfen. Für mich bedeutet das, dass er genau weiß, auf was er sich eingelassen hat.«
    »Sicher weiß er das. Er hat den göttlichen Nadolny getötet. Mit Silberkugeln !«, spie die andere Frau aus. »Er ist einer von ihnen, einer von den Wissenden, die sich für die falsche Seite entschieden haben.«
    »Vielleicht hat er auch die göttliche Upuaut in München vernichtet. Die Geschosse, die am Tatort gefunden wurden, waren die gleichen, wenn auch nicht aus der identischen Waffe. Glaser. Ich habe es überprüfen lassen.« Die zweite Frau nahm den nächsten Bestienwelpen in Empfang. »Wissen wir etwas über den Mörder?«
    Einer der Männer schüttelte den Kopf. »Nichts über seine Identität. Nur, dass er schon Dutzenden der Göttlichen den Tod gebracht hat.« Er nahm das dritte Jungtier entgegen. »Aber in München war im Zusammenhang mit dem Tod von Upuaut von einer Entführung die Rede. Mein Informant erwähnte einen gewissen Johann von Kastell und seinen Sohn. Ihre Villa wurde gesprengt, niemand weiß bislang, wer hinter dem Anschlag steckt. Der Alte ist tot, sein Sohn ist in München.«
    »Oder hier.« Die erste Frau lächelte. »Na, endlich! Damit ist uns doch schon geholfen. Wir nehmen uns den jungen Kastell vor und prüfen ihn.« Sie packte den vierten Welpen behutsam in die nächste beheizte Transportbox. Die Kleinen knurrten, fletschten die Zähne und belferten furchtlos. »Oh, das sind ja ganz außergewöhnliche Göttliche«, freute sie sich. »Es stimmt also, was man sich über sie erzählt.« Sie beugte sich vor. »Sie sind …«
    Es ging rasend schnell.
    Wie aus dem Nichts flog ein
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