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Ritus

Ritus

Titel: Ritus
Autoren: Markus Heitz
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durchbrach er die Oberfläche und kehrte in die Welt zurück. Der Fuchs kläffte erschrocken und hopste davon.
    Eric betastete seinen Schädel, spürte die Kruste zwischen den Augen und die sich schälende, vom Mündungsfeuer verbrannte Haut. »Ein Rohrkrepierer.« Er atmete erleichtert aus, schob sich am Baumstamm in die Höhe und sah sich um.
    Es war viel Schnee gefallen. Die Leichen lagen unter einer zehn Zentimeter hohen Schicht und sahen aus wie von Puderzucker bedeckt. Der tote Mann war aus dem Bau gezogen worden, und Eric musste nicht nachschauen, um zu wissen, dass der letzte Welpe von den unbekannten Angreifern mitgenommen worden war.
    Er hatte versagt.
    Erics Niedergeschlagenheit währte nur kurz. Nein, er würde nicht aufgeben. Der Tod unzähliger von Kastells, die bei dem Versuch, diese Bestien auszurotten, ums Leben gekommen waren, durfte nicht umsonst gewesen sein. Er würde die Unbekannten finden und sie zur Strecke zu bringen, bevor sie mit dem Welpen außer Landes flüchteten.
    Er setzte sich ächzend in Bewegung und forschte nach Spuren.
    Es dauerte nicht lange, bis er fündig wurde. Die Unbekannten hatten sich keine Mühe gegeben, unauffällig zu sein. Sie waren als Sieger vom Platz gegangen und hinterließen ihrer Ansicht nach niemanden, der ihnen die Beute abnehmen konnte.
    Eric vermutete, dass die zweite Gruppe eine Abteilung der Lycáoniten gewesen war. Grübelnd schlich er zwischen den Bäumen umher, die Augen auf die halb verschneiten Abdrücke gerichtet.
    Und die nächste Überraschung ließ nicht lange auf sich warten. Er roch Blut, und in einiger Entfernung vom Schauplatz fand sich schon wieder eine Leiche, ein Mann in Schneetarnuniform. Das AK-47 lag neben ihm, er war von vier Kugeln getroffen worden und musste gleich tot gewesen sein.
    »Was zur Hölle geht hier vor?«, sagte Eric halb laut und untersuchte den Mann. Er fand nichts außer einem Pass auf den Namen Tomas Ignasc, den er ebenso an sich nahm wie das Gewehr und die Magazine; dann schlich er weiter.
    Von Weitem erkannte er Feuerschein durch die dicht beieinander stehenden Stämme. Das Feuer knackte und zischte leise, und es stank nach Kerosin und verkohltem Plastik. Der Wind drehte nun, und in der Qualmwolke, die ihn einhüllte, befand sich ebenfalls eine Spur verbrannten Fleisches.
    Eric kam unweit einer Lichtung vor den Trümmern eines Helikopters zum Stehen, der unmittelbar nach dem Start abgestürzt sein musste. Der Rotor hatte einige Wipfel abrasiert, ehe die Bäume zu dick geworden waren und die Rotorblätter verbogen oder abgerissen hatten. Im hinteren Teil des Wracks sah er Einschusslöcher. Das Vorhaben, den letzten Welpen auszufliegen, war gescheitert.
    Im Cockpit verbrannten zwei Menschen, ihre Leichen hatten bereits die typische Fötushaltung von Feueropfern angenommen. Die Sehnen zogen sich durch die Hitze zusammen, Arme, Beine, Hände, Zehen krümmten sich. Die Luke zum Passagierbereich stand offen, daneben lag ein Erschossener in Schneetarnuniform. In einer Hand hielt er den abgerissenen Henkel einer Transportbox, in der anderen eine Pistole.
    »Es wäre auch zu einfach gewesen.«
    Mit seinem Fernglas bannte Eric Bilder des Infernos auf den Chip und eilte zur Lichtung, wo er drei weitere Leichen in Militärkleidung und mit AK-47-Sturmgewehren fand. Zwei waren erschossen worden, einer präzise, den anderen hatte die Menge an Einschüssen erledigt, weniger die Akkuratheit. Den dritten hatte auf der Flucht eine vergessene Mine des Kroatienkrieges zerfetzt. »Bad Karma.« Weitere Spuren gab es keine.
    In der Ferne hörte er das Knattern von Rotoren, er sah vielfachen Lichtschein von starken Taschenlampen durch die Bäume, der sich seiner Position näherte. Er zog sich zurück, weil er nicht von den Rettungsmannschaften entdeckt werden wollte.
     
    Eric schaffte das Kunststück, in sein Hotel zurückzukehren, ohne dass man ihn anhielt und ihm Fragen zu den Löchern in seinem Anzug und dem Blut stellte. Das lag nicht zuletzt an dem Schneesturm, der unvermittelt begonnen hatte und der einen nicht mehr die Hand vor Augen erkennen ließ. Glück für ihn.
    Erics Sorge um Lena stieg wieder empor. Er rang sie nieder, mehr als jemals zuvor brauchte er jetzt einen klaren Verstand. Er schlüpfte aus den dreckigen Kleidern und gab telefonisch bei Anatol Nachforschungen über Tomas Ignasc in Auftrag, dem Toten aus dem Wald. Er gönnte sich eine rasche Dusche. Als er unter dem heißen Strahl stand, sah er an sich hinunter; von den
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