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Ritter-Geist

Titel: Ritter-Geist
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alter Mann prakt i zierte. Er hat geholfen, sie ins Leben zurückzuführen. Das weiß doch jeder. Aber jetzt erweckt der Magier Humfrey keine Gespe n ster mehr zum Leben, und niemand sonst weiß, wie man das macht. Wie wolltest du da jemals wieder ins Leben zurückkehren?«
    »Nun, mein magisches Talent ist das Heilen«, entgegnete Jordan. »Wenn man also einmal meine Knochen wiederfinden und z u sammenfügen sollte, vielleicht könnte ich dann…«
    »Wo sind denn deine Knochen?«
    »Das habe ich auch vergessen«, gestand das Gespenst verlegen.
    Jordan war also ein richtiges Rätsel. Nun war Ivys Aufmerksa m keit vollkommen geweckt. »Diese grausame Lüge… was war das?«
    Jordan spreizte die Hände. »Auch daran kann ich mich nicht e r innern. Ich dachte, wenn ich vielleicht auf dem Wandteppich wi e der sehe, wie sie vorgeführt wird…«
    »Warum nicht«, pflichtete Ivy ihm bei. Sie konzentrierten sich auf den Wandteppich. Der zeigte eine hochaufragende Felswand, eine beinahe senkrechte Klippe. Eine riesige Schnecke kroch diese Klippe gerade hinab – und auf ihr ein Mann, der sich an ihrem Gehäuse festhielt.
    »Ach ja, die Schnecke«, sagte Jordan. »Das bin ich, der da auf ihr reitet.«
    Ivy hatte zwar noch nie ans Schneckenreiten gedacht, doch a n dererseits war sie auch noch nie einer Schnecke begegnet, die dafür groß genug gewesen wäre. »Wo reitest du denn da gerade hin?«
    »Ich erinnere mich nicht mehr, aber ich mußte irgendwohin.«
    »Und warum reitest du auf ihr, anstatt zu gehen? Diese Schnecke da ist doch ziemlich langsam.«
    »Auch daran erinnere ich mich nicht mehr. Aber ich glaube, ich hatte keine andere Wahl. Wenn wir vielleicht ein paar Einzelheiten genauer erkennen könnten…«
    Sie sahen genauer hin, und das Bild wurde etwas schärfer, wie es die Gegenstände meistens taten, wenn Ivy ihre Aufmerksamkeit auf sie richtete. Sie konnten einen Schatten erkennen, wie von i r gendeinem monströsen Vogel, doch es ließ sich nicht ausmachen, wo sich die Klippe befand oder wie hoch sie in Wirklichkeit war. Die Schnecke kam nur fürchterlich langsam voran; es war offe n sichtlich, daß sie eine ganze Stunde lang würden warten müssen, bis sie irgendeinen bemerkenswerten Fortschritt wahrnahmen. Das war das Problem mit dem Wandteppich: er ließ seine Szenen in gewöhnlichem Tempo ablaufen. Man konnte ihn zwar wieder neu einstellen, doch dann sprang er meist in eine andere Szene zurück, so daß das Original auf Tage verlorenging. Deshalb mußte man ihn seinem eigenen Tempo überlassen, wenn man jemals mitb e kommen wollte, wie eine bestimmte Szene endete. Das war nichts für ein gelangweiltes Kind.
    Doch nachdem Ivys Neugier nun einigermaßen angestachelt worden war, duldete sie keine Niederlage. »Wir müssen es herau s finden«, verkündete sie. »Ich will alles über diese Schnecke erfa h ren und über dein Leben und ganz besonders über die grausame Lüge.« Sie stemmte ihre Fäuste in die Hüften, wie es ihre Mutter zu tun pflegte, um ihre Strenge oder Entschlossenheit zu u n terstreichen.
    »Ich bin sicher, daß ich mich daran erinnern könnte, wenn die Bilder nur ein wenig schärfer wären«, meinte Jordan.
    Ivy musterte den Wandteppich. »Der ist im Laufe der Jahrhu n derte auch ein bißchen schmierig geworden«, sagte sie. »Und ich schätze, daß es auch nicht gerade gut war, daß ich mir vor dem Essen immer an ihm die Hände abgewischt habe.« Die Erwachs e nen hatten immer diese völlig sinnlosen Regeln über das Essen mit sauberen Händen, also wußte Ivy, daß es eigentlich nicht ihre Schuld war, dennoch wünschte sie sich jetzt, daß sie ihre Hände woanders abgewischt hätte. »Vielleicht sollten wir ihn reinigen, dann werden die Bilder möglicherweise schärfer.«
    Sie versuchten es. Ivy holte einen Eimer voll Wasser, doch mußte sie feststellen, daß sie den Teppich nicht sauberschrubben konnte. Die Bilder blieben nach wie vor stumpf, auch wenn sie naß waren. »Wir brauchen etwas Besseres, um ihn sauberzum a chen«, sagte sie enttäuscht.
    Sie versuchten es mit allem, was ihnen einfiel, doch nichts half. Ivys Stimmung näherte sich bedrohlich der Verärgerung, einer weiteren Laune, die sie von ihrer Mutter geerbt hatte. Doch sie war entschlossen, einen Ausweg zu finden. »Der Gute Magier Humfrey würde wissen, wie wir das tun könnten, nur daß er jetzt ziemlich jung ist«, meinte sie. »Trotzdem, das ist wahrscheinlich immer noch besser als gar nichts.«
    Doch wie sollte sie zum
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