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Ritter-Geist

Titel: Ritter-Geist
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von Xanth werden.«
    Das war zwar nichts Neues, doch immerhin wuchs Ivys Intere s se. Inzwischen hatte sich Jordan zu einem vollen, ausgebildeten Mann entwickelt, teilweise weiß, teilweise durchsichtig, einigerm a ßen groß, jung und attraktiv. Eine weiße Haarlocke hing ihm ein Stück ins rechte Auge, das ebenfalls weiß war. Die meisten G e spenster waren weiß; Ivy wußte nicht so genau, warum. »Wie bist du denn gestorben?«
    Jordan schüttelte den Kopf. »Irgendwie kann ich mich nicht mehr richtig daran erinnern. Ich bin ja schon so lange tot.«
    »Aber an so etwas kann man sich doch ganz leicht erinnern!« rief Ivy. »Sterben ist doch eine große Sache, genau wie geboren zu werden.«
    »Kannst du dich daran erinnern, geboren zu werden?«
    »Natürlich nicht. Tiere werden geboren. Mich hat der Klappe r storch gebracht. Ich hätte ihm ordentlich eine runterhauen sollen, denn jetzt hat er auch noch Dolph angeschleppt, den sie nun zu meinem Brüderchen machen wollen.« Sie zog eine Schnute, wä h rend sie der Erinnerung nachhing. »Wenn ich schlau gewesen w ä re, hätte ich mich nachts mal rausgeschlichen und sämtliche Kla p perstörche herangelockt, um sie in den Schloßgraben zu schme i ßen, bevor Dolph eintraf. Höchstwahrscheinlich ist nur er daran schuld, daß es mir jetzt so schlecht geht.«
    »Ja, Jungen machen eine Menge Ärger«, pflichtete das Gespenst ihr bei. »Fast soviel Ärger wie Mädchen.«
    » Was ?«
    Der Geist wich schwebend vor ihr zurück, als er erkannte, daß er etwas Provozierendes und Anstößiges gesagt hatte. Schließlich wußte doch jeder, daß Jungen viel schlimmer waren als Mädchen. Doch Ivy beschloß, ihm seinen Fehltritt zu verzeihen, denn g e spenstische Gesellschaft war immer noch besser als gar keine. »E r zähl mir das Abenteuer deines Lebens.«
    »Na ja, daran kann ich mich auch nicht mehr so genau erinnern. Ich weiß noch, daß es sehr aufregend war, daß da Ungeheuer und Magier und Schwerter und Zauberei und wunderschöne Frauen waren, aber die Einzelheiten haben sich inzwischen im Nebel ve r loren.«
    »Woher willst du denn wissen, daß der Wandteppich gerade dein Leben wiedergibt?« fragte Ivy mißtrauisch.
    »Wenn ich Ausschnitte aus meinem Leben sehe, erkenne ich sie wieder. Wie ich gegen einen Drachen gekämpft habe, wie ich eine Frau geküßt habe – langsam kommt es wieder. Ich weiß, daß ich dabei war.«
    »Gegen einen Drachen gekämpft?« fragte Ivy. »Doch nicht etwa gegen den Spaltendrachen?«
    »Ich glaube, den habe ich ausgelassen«, erwiderte Jordan. »Der lebt doch noch, nicht wahr? Folglich kann ich ihn auch nicht erlegt haben.«
    »Gut.« Denn Ivy hatte sich mit dem Spaltendrachen angefreu n det und wollte nicht, daß ihm irgend etwas Schlimmes widerfuhr, auch wenn es vielleicht vor vierhundert Jahren gewesen sein mochte. In der Spalte lief nun Stacey Dampfer, die Drachin, u m her. Irgendwann würde Stanley erwachsen werden und in die Spalte zurückkehren, doch das würde vor langer Zeit in der Z u kunft sein, und darüber machte sie sich noch keine Gedanken. »Wen hast du denn geküßt?«
    Der Geist konzentrierte sich. »Mehrere schöne Frauen, glaube ich, doch die letzte war am schönsten. Dann kam es zu einer gra u samen Lüge, und ich starb. Deshalb hasse ich sie. Aber ich habe nach meinem Tod eine bessere Frau gefunden, deshalb ist vie l leicht alles doch ganz gut so gewesen.«
    Die Sache wurde ja richtig faszinierend! »Wie kannst du eine Frau gefunden haben, nachdem du gestorben bist?«
    »Eine tote Frau natürlich. Ein Gespenst wie ich.«
    Ivy kannte die Gespenster auf Schloß Roogna schon immer, hatte aber nie daran gedacht, sie einmal über ihr Leben auszufr a gen. »Was ist denn mit ihr passiert?«
    »Sie ist natürlich noch hier. Es ist Renee.«
    »Ach, Renee! Manchmal höre ich sie singen. Leise, traurige Li e der.«
    »Ja, sie ist oft traurig. Aber sie ist eine wunderbare Person. Wenn ich wieder am Leben wäre, würde ich sie heiraten.«
    »Dummerjan, Gespenster können nicht ins Leben zurückke h ren!« tadelte ihn Ivy.
    »Und was war mit Millie?«
    Millie das Gespenst hatte achthundert Jahre auf Schloß Roogna verbracht, bis sie schließlich wieder zum Leben erweckt worden war. Sie hatte den Zombiemeister geheiratet und besaß nun Zwi l linge im Teenageralter, Hiatus und Lacuna, die gelegentlich bei Ivy Babysitter spielten.
    »Das war doch vorgeschichtlich«, meinte Ivy knapp angebunden. »Damals, als der Gute Magier Humfrey noch als
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