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Rita das Raubschaf

Rita das Raubschaf

Titel: Rita das Raubschaf
Autoren: Martin Klein
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beunruhigend und schnüffelt frech herum.
    »Ist das so eine Art Hund?«, flüstert Ruth.
    »Weiß nicht«, flüstert Rita zurück.
    »Was sollen wir tun?«
    »Weiß nicht.«
    Ruth grunzt ein bisschen. Es klingt dünn.
    »Ihr piepst ja wie Vorgartenmäuse«, zischt das Tier im roten Pelz. »Was wollt ihr denn hier? Gehört ihr etwa zu den Typen, die neuerdings in dieser Gegend Tag und Nacht alle verrückt machen? Die mit den großen Scheinwerfern und diesen Geräten, die mir verdächtig nach neuartigen Flinten aussehen?!«
    »Pass bloß auf, sonst trete ich dir vors Schienbein«, murmelt Rita.
    »Du? Könnte mich vor Lachen verschnüffeln«, kichert der Fuchs und verschwindet lautlos im Gesträuch.
    Kurz danach streicht etwas dicht über ihre Köpfe hinweg und landet raschelnd im Geäst. Ein schauerliches Heulen folgt: »Hee, ihr da unten, ihr eineinhalb Zwerge, gehört ihr etwa zu denen, die hier neuerdings mitten in der Nacht alles erleuchten und immer mit diesen Gegenständen herumlaufen, die mir verdächtig nach großen Schießprügeln aussehen?!«
    »Wer ist das?«, flüstert Rita.
    »Weiß nicht«, flüstert Ruth zurück. Es wäre nicht schlecht, jetzt eine Höhle zu haben. Ruth rückt noch näher an Rita heran.
    »Was sollen wir machen?«, flüstert Rita.
    »Weiß nicht«, flüstert Ruth zurück. »Oder … doch.« Sie holt tief Luft, um furchterregend zu knurren. Doch viel mehr als ein Murmeln kommt nicht dabei heraus. »He, du da oben, pass bloß auf, sonst erschrecke ich dich, dass du vom Baum fällst.«
    »Ein Vorgartenpiepser wie du?«, krächzt das Tier über ihnen heiser. »Könnte mich vor Lachen verplustern.«

    Geräuschlos gleitet der Waldkauz davon.
    In dieser Nacht schlafen Rita und Ruth nur wenig. Sie freuen sich, als endlich die Sonne aufgeht. Zum Frühstück gibt’s Walderdbeeren und Waldmeister.
    »Nicht schlecht, so ein freies Raubschafleben«, sagt Rita. Es klingt ein bisschen kleinlaut.
    »Das will ich meinen«, knurrt Ruth. Es klingt erfreulich nach Raubmeerschwein am Morgen.
    »Aber …« Rita spricht nicht weiter.
    »Aber was?« Ruth schaut sie aufmerksam an.
    »Aber … meinst du wirklich, dass wir es schaffen?«
    »Was?«
    »Piraten zu werden. Mit allem Drum und Dran.«
    »Was denn sonst«, knurrt Ruth. Aber Rita schaut immer noch ein bisschen wie ein ganz normales ängstliches Schaf.
    Da springt Ruth auf und stellt sich energisch auf die Hinterbeine. »Hast du schon einmal etwas von Walen und Delfinen gehört?«
    Rita nickt.
    »Weißt du, was sich in ihren Flossen verbirgt? Ich sag’s dir: Pfoten! Pfoten mit Fingern! Fast wie bei uns. An ihren Knochen sieht man es genau.«
    Ruth streckt Rita die winzigen Vorderpfoten entgegen und spreizt die einzelnen Glieder.
    »Und weißt du auch, wieso das so ist? Ich sag’s dir: Weil Wale und Delfine früher einmal Landtiere waren. Jawohl. Sie rannten durch Wiesen und Wälder. Genau wie wir. Aber sie wollten ins Wasser. Sie wollten unbedingt im Meer leben. Das war ihr Traum. Und beim Barte des Fliegenden Holländers, sie haben es geschafft.«
    »Hui«, sagt Rita.
    »Wenn es nun aber Wale und Delfine geschafft haben, aus ihren Pfoten Flossen zu machen, warum sollten wir dann keine Freibeuter werden können, hm?« Zur Bekräftigung grunzt und knarzt Ruth, dass die Hagebutten wackeln. »Und ich sag dir noch was: Wir sind es schon! Alles, was uns fehlt, ist ein bisschen Übung.«

    »Und eine Mannschaft!«, ruft Rita tatendurstig. »Auf geht’s! Wird Zeit, dass wir sie zusammenkriegen.«
    »Hej-ho!«, ruft Ruth. »Wir kommen!« Und die beiden machen sich auf den Weg.
    Unterwegs sagt Rita: »Alle Achtung. Was du alles weißt.«
    »Nichts Besonderes.« Ruth winkt ab. »Das weiß jeder, der mit Johann zusammengelebt hat.«
    Bald darauf erreichen sie eine eingezäunte Wiese, auf der eine Herde Schafe weidet. Rita knickt einen morschen Zaunpfahl um und ruft: »Kommt raus, Leute! Ihr könnt bei uns anheuern und Raubschafe werden. Edle Freibeuter. Ohne Zaun vor der Nase, und ab geht’s quer durch die Karibik bis nach Australien!«
    »Oder nach Südamerika«, sagt Ruth.
    Nichts passiert.
    »Was ist los mit euch?« Rita scharrt ungeduldig mit den Hufen. »Habt ihr Radieschen in den Ohren?!«
    »Gibt es da draußen Gras?«, blöken die Schafe.

    »Ihr regt mich auf mit euerm Gras! Besteht das Leben nur aus Gras?!«
    »Oh ja!« Die Schafe senken die Köpfe. »Wenn es nur grün und saftig ist.«
    Eins mümmelt: »Ihr gehört bestimmt zu denen, die hier
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