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Rita das Raubschaf

Rita das Raubschaf

Titel: Rita das Raubschaf
Autoren: Martin Klein
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fallen. Und Boris winselt kläglich.
    »Du kannst ihn auch zum Fiepsen kriegen.« Ruth zeigt ihrer Freundin ein Piratengrinsen.
    Rita schüttelt den Kopf. »Vor dem Blöken eines Schafs wird Boris sich niemals fürchten.«
    »Natürlich nicht!« Ruth lacht wie ein südamerikanischer Brüllaffe. »Aber davor.« Und sie klopft mit ihrer Pfote gegen einen von Ritas Vorderhufen.
    »Meinst du wirklich?«, fragt Rita.
    »Oh ja!« Ruth schaut sich um. In der Nähe liegt ein morscher Pappelast.
    Sie schleppt ihn heran und hält ihn Rita entgegen.
    »Na los!«
    »Meinst du, das schaffe ich?«, fragt Rita.

    »Versuch’s mal!«
    »Huuaah!« Rita holt aus und haut drauf. Kracks. Der Ast bricht in zwei Teile.
    »Siehst du«, sagt Ruth.
    »Jaaa! Jau! Harhaaar!« Rita ist vollkommen begeistert. »Jetzt kommt der Zaun dran!«
    »Moment!«, ruft Ruth, doch Rita ist nicht mehr zu bremsen. Sie fixiert einen besonders dicken Pfahl mit finsterem Blick, nimmt Anlauf und rast los.
    »Halt!«, ruft Ruth. »Sonst …«
    Buff!
    »Auuh!«
    Der Zaunpfahl ist unversehrt. Jammernd pustet Rita auf ihren Vorderhuf.
    »Geh doch erst ein bisschen langsamer ran«, rät Ruth. »Nach und nach steigern. So habe ich’s gemacht. Und Francis Drake war auch nicht sofort der größte Pirat aller Zeiten.«

    »Hrmpf«, ächzt Rita und pustet auf die verstauchte Stelle. »Aber wie war das mit Klaus Störtebeker?«
    »Hier«, sagt Ruth und schwenkt ein Holunderstöckchen.
    Von nun an steigert Rita ihr Training vorsichtig – und mit Erfolg! Nach und nach werden die Stöcke und Hölzer immer stärker. Schließlich knickt sie alte Zaunpfähle um wie Salzstangen und spaltet lehmige Erdklumpen wie ein Karatemeister mit schwarzem Gürtel. Und wenn Ruth ihre Stimmübungen macht, kneift Boris den Schwanz ein.
    Rita und Ruth schauen gern zusammen übers Wasser auf den Horizont. Das Wasser und der Himmel sind oft scharf voneinander getrennt. An solchen Tagen erscheint den beiden der Weg klar.

    Manchmal ist das Meer jedoch kaum vom Wolkendunst zu unterscheiden. Um ihre Träume deutlich vor Augen zu behalten, erzählen Rita und Ruth sich dann jedes Mal Geschichten aus Ritas Buch und von Johanns CDs. Sie denken sich sogar noch mehr dazu aus.
    »Freiheit hat keine Zäune, gehört zu den Piraten und liegt nicht nur in der Karibik, sondern vor allem in Australien«, sagt Rita.
    »Sie kennt keine Käfige und ist nicht zuletzt in Südamerika zu finden«, sagt Ruth. »Direkt neben der Karibik. Sie ist für alle da, die Freibeuter sein wollen.«
    »Außer für Hunde«, sagt Rita.
    Bald darauf finden Rita und Ruth auf dem Deich ein buntes Stück Papier:
    SUPER-ANGEBOT AUS DER FLEISCHEREI!
    Lammkoteletts Kilo 19,99 €!
    SCHNÄPPCHEN IN DER ZOOABTEILUNG!
    Rosettenmeerschweinchen für 29,99 €
    (Lustige Häuschen in Pilzform gratis dazu)
    Jetzt wissen die beiden genau, dass es Zeit ist, mit dem Freibeuterleben anzufangen.
    Als Erstes müssen sie über den Zaun. Ruth passt untendurch, aber für Rita ist er zu hoch.
    »Macht nix«, sagt sie und KRACKS – schon hat sie einen besonders dicken Pfahl mit einem meisterhaften Tritt umgeknickt.
    Boris kommt angehetzt: »Du blödes Schaf! Was fällt dir ein?!«
    »Mach Platz, Schäferhund«, sagt Rita. »Ich kann dich sowieso nicht leiden.«
    Vor Erstaunen klappt Boris sein Maul auf und zeigt seine lange Schlabberzunge. »Wie?«, japst er. »Was?«
    »Aus dem Weg, ich bin ein Raubschaf!«, ruft Rita.
    »Ein Raubschaf?!«, kläfft Boris. »Was für ein Quatsch! Marsch zurück auf den Deich!«

    Er macht einen Satz auf Rita zu – und heult laut auf.
    Rita hat ihn vors Schienbein getreten.
    »Na warte«, knurrt der Schäferhund. Wutentbrannt springt er los! Mitten in der Luft aber plumpst er auf den Boden zurück. Ein furchterregendes Grunzen hat ihn gestoppt. Sein Knurren scheint dagegen Spatzengezwitscher. Boris’ Haare sträuben sich, dass er wie eine verstrubbelte Zahnbürste aussieht, und er zischt davon, schneller als jede Feuerwerksrakete.
    Ruth lacht, dass es klingt, als würde Eisen geraspelt. »Der Weg ist frei! Jetzt suchen wir uns eine Mannschaft!«
    »Und dann stechen wir in See!«, jubelt Rita. »Quer durch die Karibik bis nach Australien!«
    »Oder nach Südamerika!«, ruft Ruth.

Freibeuterübungen

    R ita und Ruth verbringen die erste Nacht ohne Zaun und Käfig im tiefen Stadtwald. Es ist kühl, und es raschelt im Unterholz. Die beiden rücken zusammen. Ein schlankes Tier im roten Pelz steht plötzlich vor ihnen, hechelt
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