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Riskante Nächte

Riskante Nächte

Titel: Riskante Nächte
Autoren: Amanda Quick
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die Schultern. Diese kleine galante Geste würde nicht unbemerkt bleiben. Wenn Hastings später seinen Diener aushorchen sollte, könnte der in aller Ehrlichkeit behaupten, dass Mrs. Bryce und Mr. Stalbridge augenscheinlich auf vertrautem Fuß standen.
    Die Kutsche hielt vor den Stufen des Eingangs. Louisa ließ sich in den Verschlag helfen. Anthony folgte ihr, bevor sie es sich anders überlegen konnte.
    Er nahm ihr gegenüber Platz und zog die Tür zu. Die Dunkelheit des Verschlags umschloss sie. Sie schien Louisas zarten Duft nach blumigem Parfüm und Frau noch zu verstärken und weckte eine lustvolle Erregung in ihm. Sein Begehren machte sich bereits deutlich bemerkbar, wie er bei einem Blick auf seine Lenden feststellte. Er musste sich zwingen, sich auf die Angelegenheit zu konzentrieren, die sie zusammengeführt hatte.
    »Also, Mrs. Bryce«, begann er, »wo waren wir stehengeblieben?«
    »Ich glaube, Sie wollten mir gerade etwas über Ihren recht ungewöhnlichen Beruf erzählen.« Sie griff in ihren Muff und holte einen Bleistift und einen Notizblock heraus. »Wären Sie wohl so freundlich, die Lampen höher zu drehen? Ich möchte mir Notizen machen.«

2
    Es herrschte völlige Stille.
    Louisa schaute auf. Anthony sah sie sprachlos an. Sie schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln.
    »Keine Sorge«, beruhigte sie ihn, während sie das kleine ledergebundene Notizbuch aufklappte, das sie immer bei sich trug. »Ich habe nicht vor, Ihre Berufsgeheimnisse zu stehlen.«
    »Das trifft sich gut, denn ich habe nicht vor, Ihnen selbige zu verraten«, erwiderte er trocken. »Stecken Sie das Notizbuch wieder weg, Mrs. Bryce.«
    Sie spürte ein leichtes Kribbeln. Es war der gleiche warnende Schauder, der ihr über den Rücken gelaufen war, als dieser Mann ihr vor einigen Tagen auf dem Ball der Hammonds vorgestellt worden war. Sein Name hatte bei ihr eine sehr laute Alarmglocke klingen lassen. Doch sie hatte sich eingeredet, dass es bloßer Zufall wäre, von dem Mann, dessen Verlobte vor etwas über einem Jahr in der Themse ertrunken war, zum Tanz aufgefordert zu werden, und nicht etwa die grausame Hand des Schicksals. Die gehobene Gesellschaft war schließlich eine recht kleine Welt. Nichtsdestotrotz war sie, als sie ihn heute Abend im Flur vor Hastings’ Schlafzimmer entdeckte, in Panik verfallen. Er konnte es nicht ahnen, doch die Wahrheit war, dass die Begegnung mit ihm ihr einen bedeutend größeren Schrecken eingejagt hatte als das Aufeinandertreffen mit dem Wächter.
    Sie war überzeugt, sie hätte mit Quinby fertigwerden können. Schließlich schenkte die Gesellschaft der Fassade Glauben, die sie und Lady Ashton über die vergangenen Monate so sorgfältig errichtet hatten. Sie war Louisa Bryce, die unbedeutende, unelegante, ausgesprochen langweilige Verwandte aus der Provinz, die Lady Ashton aus der Güte ihres Herzens als Gesellschafterin bei sich aufgenommen hatte. Es bestand kein Grund, weshalb Quinby ihr gegenüber sonderlich argwöhnisch sein sollte.
    Anthonys unerwartetes Auftauchen in jenem Flur hatte sie allerdings erschüttert. Diesmal ließ sich nicht leugnen, dass hier mehr als Zufall am Werk war.
    Sie hatte bei ihrer ersten Begegnung intuitiv gespürt, dass die Tristesse und das weltmüde Desinteresse, die Anthony zur Schau trug, nur vorgetäuscht waren. Aus diesem Grund war sie in seiner Nähe sehr wachsam gewesen. Und vielleicht hatte er sie darum auch von Anfang an fasziniert.
    Die Erkenntnis, dass er sehr wahrscheinlich ein Juwelendieb war, diente ihr nicht nur zur Beruhigung, sondern hatte ihr sogar einen brillanten Einfall beschert. Zumindest war er ihr zu jenem Zeitpunkt brillant erschienen. Langsam kamen ihr Zweifel. Vielleicht war es keine Eingebung gewesen, die ihr vor einigen Minuten gekommen war. Rückblickend könnte es ebenso gut die Tollkühnheit der Verzweiflung gewesen sein.
    Sie bemerkte, dass er sie mit einer Mischung aus amüsierter Verärgerung und gnadenloser Entschlossenheit betrachtete.
    »Wenn Sie darauf bestehen«, sagte sie. Sie hielt ihren Tonfall höflich und versuchte, sich ihre Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. »Keine Notizen.«
    Widerstrebend steckte sie das Büchlein und den Bleistift wieder zurück in die kleine Tasche im Inneren des Muffs.
    Er machte keine Anstalten, die Flammen der Lampen im Verschlag höher zu drehen, wie sie ihn gebeten hatte, und so blieb sein Gesicht in Schatten getaucht. Doch Louisa hatte im Verlauf der vergangenen Woche mehrfach mit ihm
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