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Riskante Geschäfte

Titel: Riskante Geschäfte
Autoren: Ian Fleming
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Scherereien gegeben. Außerdem interessiert Hoover sich für Havana, seit das Geld der amerikanischen Großgangster in die dortigen Kasinos fließt. Er sagte mir also, Hammerstein und seine Leute seien mit Sechsmonate-Visa in die Staaten eingereist, und wollte wissen, ob unser Material für eine Anklage ausreiche. Und ob ich auf Auslieferung bestehe, um den Leuten in Jamaika den Prozeß zu machen. Aber unser Generalstaatsanwalt meint, das sei hoffnungslos ohne die Zeugen aus Havana. Die kriegen wir aber nicht, denn alles, was wir wissen, haben wir nur über Castros Geheimdienst erfahren, und offiziell werden die Kubaner keinen Finger rühren. Daraufhin bot mir Hoover an, die Visa ungültig erklären zu lassen und die Leute abzuschieben. Aber das hab ich dankend abgelehnt, und dabei ist es bis jetzt geblieben.« M schwieg und setzte seine erloschene Pfeife wieder in Brand.
    Dann fuhr er fort: »Aber ich habe mit unseren Freunden von der Berittenen Polizei gesprochen. Hatte den Commissioner am Apparat. Der schickte eines seiner Patrouillenflugzeuge über die
    Grenze und ließ Luftaufnahmen von Echo Lake machen. Hat mir auch sonstige Hilfe zugesagt, falls ich sie brauchen sollte. Ja, und jetzt« - langsam drehte M sich auf seinem Stuhl wieder zum Schreibtisch - »muß ich mir über die nächsten Schritte klarwerden.« Nun wußte Bond Bescheid. M wollte an seiner Statt jemand anderen entscheiden lassen, weil hier ein persönlich-privates Element hereinspielte. Bisher hatte er den Fall allein bearbeitet, aber nun war die Sache zu jenem Punkt gediehen, an dem man diese Leute zur Rechenschaft ziehen mußte. Doch war es Gerechtigkeit - oder Rache? Kein Richter übernahm einen Mordfall, dessen Opfer er persönlich gekannt hatte. Auch M wollte jetzt, daß jemand für ihn das Urteil ausspreche, das stand nun für Bond außer Zweifel. Ihm waren die Havelocks gleichgültig. Hammerstein hatte zwei wehrlose, alte Leute nach Faustrecht beseitigen lassen. Da das Gesetz keine Handhabe bot, mußte man gegen ihn dasselbe Faustrecht geltend machen. War das Rache - so war es die Rache der Allgemeinheit. Bond sagte also: »Ich würde keinerlei Zeit verlieren, Sir. Wenn diese fremden Gangster ungestraft davonkommen, dann werden sie uns Engländer für genauso weich halten, wie gewisse Leute es uns ohnehin nachsagen. Nein, hier gibt's nur eines: Aug' um Auge - Zahn um Zahn!«
    M blickte weiterhin wortlos auf Bond, während dieser fortfuhr: »Zwar kann man diese Leute nicht an den Galgen bringen, Sir, aber sterben müssen sie trotzdem.«
    Gedankenvoll sah M vor sich hin. Dann griff er langsam in die oberste Schreibtischlade, entnahm ihr einen dünnen, unbeschrifteten Ordner, kramte weiter, brachte einen Gummistempel nebst rotem Stempelkissen zum Vorschein, öffnete das Kissen, drückte den Stempel darauf und preßte ihn dann sorgfältig auf die rechte obere Ecke der grauen Mappe. Danach verstaute er Stempel und Stempelkissen wieder in der Lade, schloß sie, drehte die Mappe herum und schob sie Bond wortlos zu.
    Die roten Grotesklettern, noch druckfeucht, lauteten:
    FÜR SIE PERSÖNLICH.
    Auch Bond sagte nichts. Er nickte, nahm die Mappe und verließ das Zimmer.
    Zwei Tage später saß Bond in der Freitag-Comet nach Montreal. Er fühlte sich gar nicht behaglich. Die Maschine flog ihm zu hoch und zu rasch, auch waren zu viele Fahrgäste da. Voll Bedauern gedachte er der Tage, da der alte Stratocruiser für eine Atlantiküberquerung seine zehn Stunden gebraucht hatte. Damals hatte der Mensch geruhsam dinieren, sieben Stunden in einer bequemen Koje schlafen und dann immer noch rechtzeitig aufstehen können, um auf dem Unterdeck das komische BOAC-»Country-house«-Frühstück einzunehmen, während schon der Morgen graute und die Kabine mit dem ersten Gold der Neuen Welt erfüllte. Heutzutage ging das alles viel zu schnell: die Stewards mußten beinahe im Laufschritt servieren, und man konnte bis zu dem hundertfünfzig Kilometer langen Abstieg aus zwölftausend Meter Höhe nur knappe zwei Stunden dahindösen So kam es, daß Bond keine acht Stunden nach dem Anflug von London schon am U-Steuer einer Plymouth-Limousine saß und auf der breiten Siebzehnerstraße von Montreal nach Ottawa fuhr, wobei er bemüht war, das Rechtsfahren nicht zu vergessen. Das Hauptquartier der Königlich Kanadischen Berittenen Polizei ist im Justizgebäude neben dem Parlament von Ottawa untergebracht. Wie die meisten öffentlichen Gebäude Kanadas ist das Justizgebäude ein
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