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Riptide - Mörderische Flut

Riptide - Mörderische Flut

Titel: Riptide - Mörderische Flut
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston , Lincoln Child
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die Maschine ansprang. Er schaltete die Lenzpumpe ein und war froh, als er ihr kehliges Gurgeln vernahm.
    Sie legten ab und fuhren hinaus in den Sturm. »Wir nehmen die ›Griffin‹!« sagte Hatch, während er auf Neidelmans Kommandoschiff zusteuerte.
    Bonterre nickte und zog vor Kälte die Schultern hoch. Nach ein paar Minuten gingen sie an der »Griffin« längsseits. Bonterre half dem Reverend an Bord, während Hatch versuchte, das Beiboot so ruhig wie möglich zu halten. Nachdem auch Hatch auf das Schiff hinübergeklettert war, sah er im Licht des Mondes, wie ein großes Stück des Kofferdamms wegbrach und eine gewaltige Wasserwand sich auf den Südteil der Insel zuwälzte. Die schäumende Flut leuchtete blaß unter dem dunklen Himmel.
    Während Bonterre sich um das Lichten der Anker kümmerte, startete Hatch die Motoren der »Griffin«. Nachdem er einen Blick auf die komplizierten Navigationsinstrumente an der Rückwand des Steuerhauses geworfen hatte, beschloß er, sie erst gar nicht einzuschalten. Er würde auch so den Weg nach Stormhaven finden. Als er um den langen Tisch aus Ahornholz herum zum Steuerrad ging, mußte er unweigerlich daran denken, wie er damals zusammen mit den anderen dort gesessen hatte: Kerry Wopner, Rankin, Magnusen, Streeter, Neidelman - sie alle lebten jetzt nicht mehr.
    Dann sah er hinüber zu Woody Clay. Der Reverend kauerte abgezehrt und bleich wie ein Gespenst auf einem Stuhl. Clay erwiderte Hatchs Blick und nickte stumm.
    »Alles klar«, meldete Bonterre, die gerade vom Bug ins Steuerhaus kam.
    Als Hatch das Schiff vorsichtig aus dem Windschatten der Insel herausmanövrierte, hörten sie eine laute Explosion und sahen, wie eine große Flutwelle auf die »Griffin« zurollte. Hatch gab Vollgas und steuerte das Boot von der Insel weg.
    »Mon dieu« , hauchte Bonterre.
    Hatch warf einen Blick über die Schulter. Der zweite Kraftstofftank explodierte gerade mit einem Feuerpilz, der durch den tiefliegenden Nebel emporstieg und den Himmel über der Insel in ein helles Orangerot tauchte. Darunter hüllte eine schwarze Rauchwolke das Basislager ein.
    Bonterre nahm Hatchs Hand und drückte sie fest.
    Nun war eine dritte Explosion zu hören, die direkt aus dem Herzen der Insel zu kommen schien. Entsetzt beobachteten Bonterre, Hatch und Clay, wie die gesamte Insel erbebte, sich ein wenig anhob und riesige Wasserfontänen hoch hinauf in den Nachthimmel schleuderte. Brennendes Benzin regnete hinab aufs Meer, das bis zum Riff in Flammen stand.
    Und dann war alles so rasch vorüber, wie es begonnen hatte. Die Insel sackte in sich zusammen, als mit einem lauten Bersten das letzte Stück des Kofferdamms einbrach. Das Meer drängte in die Lücke hinein, traf in der Mitte mit der Woge zusammen, die aus der Gegenrichtung herbeiströmte, und baute sich zu einem mehrere Meter hohen Wasserwall auf, der turmhoch in die Höhe stieg, bevor er wie eine zerbröckelnde Wand in sich zusammenbrach. Einen Augenblick später sah Hatch von Ragged Island nur noch ein paar spitze Felsen, um die der nächtliche Ozean brodelte, sowie Rauch gemischt mit Wasserdampf, der in dichten Schwaden hinauf in die sturmgepeitschte Luft stieg.
    »›Ihr, die Ihr nach dem Schlüssel zu der Schatzgrube verlangt«, murmelte Bonterre, »›werdet statt dessen den Schlüssel ins Jenseits finden, und Eure Gebeine werden auf halbem Weg zur Hölle verrotten, in der Eure Seelen schon lange im Feuer schmoren‹.«
    »Das ist wahr«, sagte Clay mit schwacher Stimme.
    »Das Schwert war einmal ein Meteorit«, erklärte Bonterre.
    »›Und der fünfte Engel posaunte‹«, flüsterte Clay, »›und ich sah einen Stern, vom Himmel auf die Erde gefallen; und es wurde ihm der Schlüssel zum Schlund des Abgrundes gegeben ‹.«
    Hatch blickte hinüber zu dem sterbenden Reverend und traute sich nicht, etwas zu sagen. Zu seinem Erstaunen lächelte Clay ihn an und hatte ein Leuchten in seinen tief in den Höhlen liegenden Augen.
    »Ich vergebe Ihnen«, sagte Clay. »Und ich glaube, ich muß auch Sie um Vergebung bitten.«
    Hatch brachte nur ein Nicken zustande.
    Der Reverend schloß die Augen. »Ich glaube, ich ruhe mich jetzt ein wenig aus«, murmelte er.
    Hatch schaute zurück auf das, was von Ragged Island noch übrig war. Nebel hatte die Insel eingehüllt und breitete seinen weißen Schleier über das Bild der Zerstörung. Nach einiger Zeit wandte Hatch den Blick wieder nach vorn in Richtung Stormhaven.

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    Das North-Coast-Maklerbüro befand sich
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