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Riptide - Mörderische Flut

Riptide - Mörderische Flut

Titel: Riptide - Mörderische Flut
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston , Lincoln Child
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in einem kleinen gelben Gebäude direkt gegenüber der »Stormhaven Gazette«. Hatch saß an einem Schreibtisch direkt hinter dem großen Schaufenster, trank eine Tasse Kaffee und betrachtete gelangweilt die große Pinwand, an der die Fotos und Beschreibungen von diversen zum Kauf angebotenen Häusern hingen. Unter der Ankündigung »Unser Topangebot« sah er ein Anwesen, bei dem es sich nur um das alte Haus der Familie Haigier handeln konnte: Obwohl der Dachstuhl in der Mitte eingesunken und das ganze Gebäude leicht zur Seite geneigt war, machte es immer noch einen anheimelnd malerischen Eindruck. »Nur 129 500 Dollar -fast geschenkt«, las er. »Baujahr 1872. 1,6 Hektar Grund, Ölheizung, drei Schlafzimmer, Badezimmer und Dusche.« Fehlt bloß noch der Zusatz ›mit natürlicher Belüftung‹, dachte Hatch mit einem trockenen Grinsen, als er an die Spalten zwischen den Brettern und die verzogenen Fenster dachte. Daneben hing das Foto eines hübschen alten Holzhauses an der Sandpiper Lane, das zwischen zwei riesigen Felsahornbäumen stand. Die letzten fünfzig Jahre lang hatte es der kürzlich verstorbenen Mrs. Lyons gehört. »Mehr als nur eine Immobilie«, lautete der Werbetext, »ein Stück lebendige Geschichte.« Hatch mußte lächeln, als er daran dachte, wie er und Johnny die beiden Bäume an einem Halloween-Abend vor über dreißig Jahren in stundenlanger Arbeit mit Klopapier umwickelt hatten.
    Seine Blicke wanderten zu der nächsten Reihe von Fotografien. »Traumhaus in Maine!« stand da voller Enthusiasmus geschrieben. »Erbaut Ende des neunzehnten Jahrhunderts. Glasveranda, Bogenfenster mit Ausblick aufs Meer, umlaufende Terrasse, eigener Bootssteg. Heizungs- und Warmwasseranlage in gutem Originalzustand. 329 000 Dollar.« Darunter befand sich ein Schnappschuß seines eigenen Hauses.
    »Ach!« sagte Doris Bowditch geschäftig. »Das dürfte eigentlich gar nicht mehr hier hängen.« Sie nahm das Foto von der Pinwand und legte es auf den Schreibtisch. »Ich wollte ja nichts sagen, aber ich denke, daß Sie einen Fehler gemacht haben, als Sie ohne Not mit dem Preis heruntergegangen sind. Dieses Paar aus Manchester hätte auch mehr hingeblättert, glauben Sie mir.«
    »Ja, Sie erwähnten es schon«, erwiderte Hatch und wunderte sich über das Bedauern in seiner Stimme. Es gab jetzt keinen wie auch immer gearteten Grund mehr für ihn, noch länger in Stormhaven zu bleiben. Trotzdem begann er schon jetzt, die wettergegerbten Holzschindeln der Häuser, das Klappern der Stahlkabel an den Masten der Boote und die resolute Engstirnigkeit der Stadtbewohner zu vermissen. Allerdings wußte er auch, daß sein Bedauern eine Art bittersüße Nostalgie war, die man am besten als liebende Erinnerung bewahrte. Er blickte hinaus auf die Bucht, wo irgendwo im Dunst die paar Felsen liegen mußten, die von Ragged Island übriggeblieben waren. Seine Aufgabe in Stormhaven, wo drei Generationen seiner Familie gelebt hatten, war beendet.
    »Der Vertrag wird in Manchester unterzeichnet«, riß ihn die gutgelaunte Stimme von Doris aus den Gedanken. »Die Bank Ihrer Vertragspartner will es so. Sehen wir uns nächste Woche dort?«
    Hatch stand auf und schüttelte den Kopf. »Ich glaube, ich werde meinen Anwalt hinschicken. Sind Sie so nett und passen auf, daß meine Sachen in Kisten verpackt und an diese Adresse geschickt werden?«
    Doris nahm Hatchs Karte und blinzelte ihn durch ihre straßbesetzte Brille an. »Aber das ist doch selbstverständlich, Dr. Hatch.«
    Hatch verabschiedete sich und stieg die Stufen vor dem Haus hinunter. Das hier war die letzte Angelegenheit gewesen, die er in Stormhaven noch zu erledigen gehabt hatte, nachdem er bereits mit Bud eine Flasche Ginger Ale getrunken und Professor Horn Lebewohl gesagt hatte. Noch einmal sah er sich langsam um, bevor er die Tür seines Wagens öffnete.
    »Malin!« hörte er auf einmal eine vertraute, volltönende Stimme rufen.
    Es war Christopher St. John, der mit ein paar Aktenordnern unter dem Arm auf ihn zukam. Der Engländer hatte sichtlich Mühe, auf dem holprigen Kopfsteinpflaster das Gleichgewicht zu halten.
    »Christopher!« sagte Hatch ehrlich erfreut. »Ich habe heute früh in Ihrer Pension angerufen, um mich von Ihnen zu verabschieden, aber man hat mir gesagt, Sie seien schon abgereist.«
    »Ich habe die Zeit in der Bücherei totgeschlagen«, antwortete St. John und blinzelte ins Sonnenlicht. »Thalassa schickt ein Boot, um das verbleibende halbe Dutzend Leute nach
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