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Riptide - Mörderische Flut

Riptide - Mörderische Flut

Titel: Riptide - Mörderische Flut
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston , Lincoln Child
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anderen.
    »Was ist los?« fragte Bonterre.
    »Neidelman wird in ein paar Sekunden hier sein«, antwortete Hatch. »Er hat sich nicht aufhalten lassen.« Während er sprach, wurde ihm mit grausamer Endgültigkeit bewußt, daß sie in einer tödlichen Falle saßen. Es gab keinen Fluchtweg. In ein paar Augenblicken würde Neidelman mit dem Schwert in der Hand den Tunnel betreten, und dann würden sie alle sterben müssen.
    »Können wir denn gar nichts tun?« rief Bonterre.
    Bevor Hatch antworten konnte, ergriff Reverend Clay das Wort: »Doch«, sagte er. »Doch, wir können etwas tun.«
    Hatch sah den Reverend an. Clays bleiches Gesicht hatte einen ekstatischen und irgendwie verklärt, ja jenseitig wirkenden Ausdruck angenommen.
    »Wie meinen Sie das…« setzte Hatch an, aber Clay hatte sich bereits an ihm vorbeigezwängt und ging mit der Taschenlampe in der Hand auf den Ausgang des Tunnels zu.
    Auf einmal begriff Hatch, was er vorhatte. »Tun Sie's nicht!« rief er und packte Clay am Ärmel. »Das ist reiner Selbstmord! Das Schwert wird Sie töten!«
    »Aber erst, wenn ich meine Mission erfüllt habe«, entgegnete Clay und riß sich los. Dann rannte er zum Ausgang des Tunnels, sprang über Rankins Leiche hinweg auf die Metallbrücke, die hinüber zu der Leiterkonstruktion führte, und fing an, nach unten zu klettern.

61
    Nachdem Clay ein paar Meter abgestiegen war, hielt er einen Augenblick inne. Aus der Grube drang das laute Brüllen von einströmendem Wasser herauf, gemischt mit dem Krachen einstürzender Stollen. Dort in der Tiefe mußte sich ein unbeschreibliches Chaos abspielen. Ein feuchter Windstoß wehte aus dem Schacht herauf und schlug Clay seinen Hemdkragen ins Gesicht.
    Der Reverend richtete seine Taschenlampe nach unten. Von den schlingernden Leitersprossen tropfte Kondenswasser, und von oben rieselte immer wieder Erdreich herab. Der Lichtstrahl kämpfte sich durch feuchten Nebel, bis er schließlich etwa drei Meter unterhalb von Clay auf Neidelman traf.
    Der Kapitän quälte sich mit großer Mühe die Leiter hinauf. Dabei mußte er sich an jeder Sprosse mit der Armbeuge einhängen, um sich nach einer kurzen Verschnaufpause schwer atmend nach oben zu ziehen. Sein Gesicht spiegelte große Anstrengung wider. Bei jedem Beben, das durch die Leiter ging, hielt er sich mit beiden Händen fest und wartete ab. In Neidelmans Klettergurt sah Clay das mit Juwelen besetzte Heft eines großen Schwertes stecken.
    »Et lux in tenebris lucet« , krächzte Neidelman, während er in den Schein von Clays Taschenlampe starrte. »Es leuchtet tatsächlich ein Licht in der Finsternis. Wieso wundert es mich bloß nicht, daß auch der gute Reverend mit zu den Verschwörern gehört?« Seine Stimme ging in ein rasselndes Husten über, während die Leiter wieder so stark wackelte, daß er sich mit beiden Händen daran festklammern mußte.
    »Lassen Sie das Schwert fallen«, befahl Clay.
    Anstatt einer Antwort zog Neidelman seine Pistole. Clay konnte sich gerade noch ducken, als auch schon ein Schuß durch den Schacht pfiff.
    »Aus dem Weg!« keuchte Neidelman.
    Clay wußte, daß er auf den Sprossen der Leiter keine Chance gegen Neidelman hatte; er mußte sich einen besseren Stand suchen. Rasch leuchtete er die Leiterkonstruktion mit seiner Taschenlampe ab. Ein paar Meter unter sich, an der Dreiunddreißig-Meter-Marke, entdeckte er eine kleine Wartungsplattform. Clay schaltete die Lampe aus und stieg in der Dunkelheit erst eine, dann eine zweite Sprosse hinab. Die Konstruktion wackelte jetzt noch heftiger als zuvor. Clay wußte, daß Neidelman nicht weiter nach oben klettern konnte, solange er die Pistole in der Hand hielt. Er wußte auch, daß die Erschütterungen der Leiter in Schüben kamen, und daß Neidelman, sobald das Zittern nachließ, wieder auf ihn schießen würde.
    Er schaffte es noch, sich zwei weitere Sprossen in der Dunkelheit nach unten zu tasten, als die Leiter wieder zur Ruhe kam. Das schwache Licht eines Blitzes zeigte ihm, daß Neidelman nur einen knappen Meter unter ihm war und sich bereits mit einer Hand zu der Wartungsplattform hochzog. Weil der Kapitän damit ohnehin schon etwas aus dem Gleichgewicht war, ließ sich Clay mit dem Mut der Verzweiflung einfach eine weitere Sprosse nach unten fallen und trat Neidelman mit seinem ganzen Gewicht auf die Hand, in der er die Pistole hielt. Clay hörte einen Schuß und dann ein lautes Geklapper, als die Waffe nach unten fiel und gegen die Streben des Schachtes
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